Immer mehr Betriebe in der industriellen Produktion optimieren ihre Herstellungsprozesse über eine automatisierte Fertigungssteuerung. Ziel ist es dabei, die Anlagenlaufzeiten zu erhöhen und Stillstände auf ein Minimum zu reduzieren.

Um den Betrieb des Maschinenparks bestmöglich zu planen, ist es entscheidend, quer durch alle Unternehmensbereiche so viele Betriebsdaten wie möglich zu konsolidieren und zu analysieren – von den Kunden- und Auftragsdaten über die Warenwirtschaft bis hin zur Produktion selbst. Ein integriertes ERP-System, das diese Informationen lückenlos in einer zentralen Datenbank verwaltet, ist hierfür die technologische Voraussetzung.

Dieser Datenbestand ist zudem eine wichtige Grundlage für eine IT-gestützte Maschinenwartung. Mit ihm lassen sich auch, sofern die Software über entsprechende intelligente Datenanalysefunktionen verfügt, Wartungszyklen für die Zukunft zuverlässig planen und anstehende Handlungsbedarfe genau prognostizieren – Stichwort: Predictive Maintenance.

Das Thema Predictive Maintenance rückt immer mehr in den Fokus produzierender Betriebe. Dies belegt die „Predictive Maintenance Studie 2021“ der Unternehmensberatung BearingPoint, für die mehr als 200 Unternehmen aus dem Maschinenbau, der Automobilindustrie sowie der Chemie- und Pharmabranche befragt wurden.

Ein zentrales Ergebnis lautet: 75 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich derzeit aktiv mit Konzepten zur vorausschauenden Instandhaltung ihrer Anlagen. Etwa 50 Prozent haben sogar bereits entsprechende Projekte in die Wege geleitet. Die positiven Auswirkungen waren schnell spürbar. So ist der Umsatz der Firmen nach Umsetzung der Transformation um durchschnittlich etwa 10 Prozent gestiegen.

Geringere Kosten und höhere Maschinenlaufzeiten

Entscheidend beim Thema Predictive Maintenance ist die Auswertung der Produktionsdaten. Die grundlegenden Informationen hierfür lassen sich über Anlagensensoren im Maschinenpark erfassen und in Echtzeit an die dazugehörige Instandhaltungssoftware zur weiteren Verarbeitung senden. Idealerweise werden die erfassten Maschinendaten sofort mit allen relevanten Betriebsdaten – beispielsweise aus der Auftragsverarbeitung und dem Rohstofflager – in der zentralen Datenbank einer ERP-Lösung abgeglichen. Mithilfe kontinuierlicher Auswertung und Korrelation dieser Informationen können Unternehmen die zu erwartende Auslastung und damit auch die Beanspruchung ihres Maschinenparks ermitteln.

Durch solche Analysen lassen sich Instandhaltungsbedarfe frühzeitig erkennen und größere Folgeschäden – im schlimmsten Fall ein Anlagenstillstand – vermeiden. Das Unternehmen kann die Wartungskosten so auf Dauer senken und seine Herstellungsprozesse über eine höhere Anlagenverfügbarkeit optimieren. Auch das Ersatzteilmanagement wird auf diese Weise effizienter, sodass sich Nachbestellungen rechtzeitig in die Wege leiten lassen. Mit einer integrierten Instandhaltungssoftware kann zudem der Status eines erledigten Werkstattauftrags direkt vor Ort per Tablet erfasst und in das System eingespeist werden. Dies reduziert den üblicherweise im Nachhinein folgenden Verwaltungsaufwand spürbar.

Zuverlässige Prognosen durch intelligente Algorithmen

Instandhaltungssysteme erstellen auf Basis der erfassten Betriebsdaten des Maschinenparks in der Regel auch lückenlose Gerätehistorien und geben so etwa Aufschluss darüber, welche Parameter – beispielsweise Vibrationsdaten – sich seit dem letzten Wartungszyklus verändert haben, und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Dadurch wird es möglich, auf Basis eines soliden Datenfundaments zu entscheiden, ob eine Anlage ab einem bestimmten Zeitpunkt ausgetauscht werden muss, oder ob sich eine weitere Wartung lohnt. Intelligente Systeme erstellen solche Empfehlungen im Rahmen der Predictive Maintenance automatisiert.

Hierbei werden mithilfe intelligenter Algorithmen Daten aus der Vergangenheit (Gerätehistorie, Maschinenlaufzeiten etc.) mit solchen, die stärker auf künftige Prozesse bezogen sind (z.B. anstehende Produktionsaufträge, die sich aus der konkreten Auftragslage ergeben), in Korrelation gebracht. Das Instandhaltungssystem kann somit künftige Maschinenlaufzeiten und damit Anlagenbelastungen antizipieren, und ausgehend von der erfassten Gerätehistorie, Wartungszyklen so disponieren, dass sie nicht mit Stoßzeiten in der Fertigung kollidieren. Das kann unter anderem dazu führen, dass Instandhaltungsarbeiten systemseitig automatisiert vorgezogen oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden – je nachdem wie es der Zustand der Maschine erlaubt.

Vernetzte Systeme und Datenaustausch in Echtzeit

Voraussetzung für intelligente Prozesse wie die oben genannten ist, dass vernetzte Fertigungsanlagen und eine einheitliche Datenbasis für alle Unternehmensbereiche existieren. Eine solche Infrastruktur wird durch eine ERP-Lösung mit einer zentralen Datenbank ermöglicht, die sämtliche Betriebsdaten konsolidiert und auf die die Instandhaltungssoftware aufsetzen kann. Mit einem integrierten ERP-System lassen sich gleichzeitig zentrale Hürden bei der Systemvernetzung nehmen und so genannte Datensilos abbauen.

Nicht selten verfügen Abteilungen nach wie vor über ihren eigenen Datenstamm – angefangen etwa bei der Warenwirtschaft über das Ersatzteillager bis hin zu den einzelnen Produktionslinien. Abteilungsübergreifende oder gar unternehmensweite Prozessplanungen sind bei diesen herkömmlichen IT-Architekturen nicht nur sehr zeitaufwändig, sondern auch fehleranfällig, da die anfallenden Datenkonsolidierungen in solchen Fällen häufig manuell erledigt werden.

Die Überführung dieser Daten in eine einheitliche und zentrale Datenbank eines integrierten ERP-Systems ist vor diesem Hintergrund zu empfehlen. Unternehmen sollten hier auf die Unterstützung und Erfahrung von spezialisierten Systemintegratoren zurückgreifen. Damit stellen sie sicher, dass eine Datenmigration zuverlässig und nach Plan verläuft.

Ausblick auf die Möglichkeiten umfassend digitalisierter Produktionsprozesse

Eine derart umfassende Digitalisierung des Maschinenparks und die Weiterentwicklung des Betriebs in Richtung Industrie 4.0 ist zwar mit einem gewissen Aufwand verbunden. Digitale Transformationen in diesem Umfang zahlen sich auf lange Sicht aber auch aus. So führen effizientere, weil automatisierte Prozesse nicht nur zu mehr Profitabilität im Betrieb.

Die Schaffung einer soliden Datenbasis aus unternehmensweit zusammengetragenen und konsolidierten Daten versetzt Verantwortliche zudem in die Lage, auch Künstliche Intelligenz (KI) in ihre Produktionsprozesse zu integrieren. Damit lassen sich Herstellungs- und Fertigungsprozesse etwa noch genauer vorhersehen und besser planen – und zwar noch ehe konkrete Aufträge vorliegen, da in diesem Zusammenhang bereits das künftig zu erwartende Auftragsvolumen mit ins Kalkül gezogen wird. Vor allem bei der Verarbeitung von Betriebsdaten wird KI dahingehend eine bedeutende Rolle spielen, dass die Ergebnisse intelligenter Monitoring-Funktionen immer genauer werden und weitere Optimierungen hinsichtlich der Disponierung der Maschinenlaufzeit ermöglichen.

Oliver Rozi? ist Vice President Product Engineering bei Sage.

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