Nur ein leeres Lager ist ein gutes Lager. Diese Erkenntnis mag aus der Sichtweise der Kostenrechnung durchaus gesichert sein. Was jedoch zum vollkommenen Glück eines jeden Entrepreneurs fehlt, ist der Blick auf den Kunden, der ’on demand’ die bestellte Ware pünktlich und schnell erhalten will. Dieses Ziel lässt sich am sichersten über die Verzahnung von Warenwirtschaft und Kundenmanagement erreichen.

Nicht dem Zufall überlassen

Je weniger man dem Zufall überlässt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, die Waren pünktlich und vom nächstgelegenen Lager ausliefern zu können und dennoch mit dem Ausmaß der Lagerhaltung nicht zügellose Kapitalbindung zu betreiben. Hinzu kommt, dass die Produkt-Innovationszyklen immer kürzer werden. Frei nach dem unvergessenen Komiker Heinz Erhard ließe sich formulieren: Was ich heute auf Lager lege, ist morgen schon von gestern – und wer bitte soll das dann noch kaufen? Das Lean Warehousing kennt insofern nicht nur den Aspekt des Lagermanagements (an welcher Stelle bewahre ich meine Produkte im Lager auf, um sie so effizient wie nur möglich auszuliefern?), sondern vor allem auch den der kundenbezogenen Absatzanalyse; in beiden Fällen ist die Warenwirtschaft gefordert.

Branche und Kunden kennen

Gerade in Zeiten knapper Kassen gilt: Wer in seinem Warenlager effizient haushalten will, muss nicht nur die Branche, sondern auch die Bedürfnisse seiner Kunden und die Entscheidungsfaktoren seiner Interessenten kennen. Hier ist auf der Branchenseite die Marktforschung ein probates Mittel, auf der Kunden- und Interessentenseite empfiehlt sich die ganzheitliche Integration von CRM- (Customer Relationship Management-) Systemen. Ganzheitlich deshalb, weil die Einschränkung auf die für das strategische Kundenmanagement klassischen Segmente – Marketing, Vertrieb und Service – im Sinne von Insellösungen den Weg zu wertvollen Synergien in den anderen Unternehmensbereichen versperren würde.

Ganzheitliche Sichtweise

Von der Produktionsplanung über die Warenwirtschaft bis hin zur Logistik reichen die Anknüpfungspunkte, an denen kundenspezielle Informationen der verschiedensten Art relevant sind und zur Prozessoptimierung beitragen. Zum Big Point aus dem CRM-Umfeld gereicht dabei die treffsichere Nachfrageprognose. Denn mithilfe perspektivischer Werte weiß man im optimalen Fall schon vor der eingehenden Bestellung, was der Kunde wann ordern wird und wo er die Ware benötigt. Auf diese Weise können sich Produktion und Lagerhaltung gezielt(er) auf die Nachfrage vorbereiten.

Dem Idealfall annähern

Analog der Grenzwertberechnung in der Analysis kann man das Kundenverhalten zwar nicht exakt beschreiben, sich aber dem Optimum weitestgehend annähern. So lassen sich konkret geplante Marketingaktionen wie Mailings und Werbekampagnen genauso in das Kalkül des ’Waren-Wirtschaftens’ einbeziehen wie unscharfe Erfahrungswerte – so zum Beispiel das Kaufverhalten und die Produktakzeptanz. Inwieweit die Erkenntnisse aus dem CRM-System die Produktions- und Warenwirtschaftsprozesse richtungsweisend beeinflussen, bleibt dem Unternehmen überlassen. Insofern lautet die Frage nicht nur nach dem Potenzial, das sich über die Einbindung des strategischen Kundenmanagements eröffnen lässt, sondern gerade auch nach der Bereitschaft zur Initiative, dieses abteilungsübergreifend zu nutzen.

Potenzialorientierte Kundenbetrachtung

Als ein Beispiel von vielen lässt sich hier das Thema Customer Equity heranziehen. Dabei handelt es sich in groben Zügen um den Ansatz, nicht nach dem (historisch) getätigten Umsatz der Kunden zu planen, sondern das Ertragspotenzial bestehender Kundenbeziehungen in den Vordergrund zu stellen, um damit noch gezielter auf die Steigerung der Vertriebsproduktivität abzustellen. Das heißt für den Vertrieb: Mehr Energie in die Kunden investieren, die ein Maximum an Absatzpotenzialen mitbringen, als in die ’Cash-Cows’, die zwar Umsatzzahlen einfahren, aber nur unwesentlich zur Rendite beitragen.

Bedarfsgerechtes Handeln

Die notwendigen Zahlen über die Vertriebspotenziale liefern in vielen Branchen Marktforscher. Unspektakuläre und doch wertvolle Erhebungen lassen sich aber auch oft über bestehende Kanäle erstellen, wenn beispielsweise der Außendienst Augen und Ohren offen hält. So kann sich der Produzent von Klebstoffen ’Abiszett’ über den Absatz von Schuhsohlen seiner Schuhfabrik-Kunden informieren, während sich ’Iksüpsilon’, der Hersteller von Flüssigkeitsgebinden, an Maschinenausstattungen und Kapazitätsauslastungen seiner Kunden orientiert. Konsequent durchdacht dienen diese Kennzahlen eines wertorientierten Kundenmanagements – übertragen auf die Produktionsplanung und die Warenwirtschaft – einer beträchtlichen Erhöhung der bedarfsgerechten Herstellung, Lagerhaltung und Logistik.

Branchennähe unverzichtbar

Eine schlagkräftige Kombination aus Warenwirtschaft und Kundenmanagement hängt in vieler Hinsicht aber auch von der Branchenausrichtung der eingesetzten Softwareprodukte ab: Wer Maschinenteile verkauft, kann nun einmal mit einer Software, die in erster Linie für das Mineralöl-Geschäft entwickelt wurde, genauso wenig anfangen wie umgekehrt. Andererseits profitiert der Anwender eines auf die eigene Branche ausgerichteten Systems nicht nur von funktionalen Besonderheiten, sondern in aller Regel auch von dem korrespondierenden Branchen-Know-how des Software-Anbieters. Dieses wirkt sich sowohl auf das Customizing und der Unterstützung der Prozess-Modellierung als auch auf die gesamte Projektabwicklung aus.

Resümee

Unter dem Strich bleibt festzustellen, dass die Vorteile eines integrativen Zusammenspiels von Warenwirtschaft und Kundenmanagement zwar für den Markt keine neue Erkenntnis darstellt, jedoch dessen interessante Potenziale leider noch immer nicht ausgeschöpft werden. Die Themen “Integration” und “Supply Chain Management” stellen vor diesem Hintergrund feste Größen in den IT-Landschaften dar, deren Bedeutung noch weiter steigen dürfte. Der Anwender ist gut beraten, wenn er bei der Suche nach einer neuen Software auf den branchennahen und ganzheitlichen Weg setzt – ob auf ein Angebot aus einer Hand oder den Best-of-Breed-Ansatz, bleibt dabei ihm überlassen.