Laut IBM Web-Datenbank gibt es drei Value Add Distributoren, die auf den eServer iSeries spezialisiert sind: Avnet CMG, Magirus und TD Midrange Systems. Einige weitere fallen unter das Stichwort Distributor und sind auch für die anderen Mitglieder der eServer-Familie ansprechbar. Sie nennen sich 1sttier-Partner, kaufen für mehr als 10 Millionen Euro jährlich und deshalb direkt bei IBM ein, und beliefern sämtliche 2ndtier-Häuser mit Hardware und mehr… Das Angebotsportfolio der Großhändler ist breit, selbst Global Services können über einen Distri bezogen werden. Der hält heute auch Know-how und Dienstleistungen vor, die in die Projekte der Systemhäuser on demand einfließen.

Der Mittelstand in Westeuropa wird sich in diesem Jahr für mehr als 50 Prozent der IT-Investitionen verantwortlich zeichnen. So lauten die jüngsten Vorhersagen der Marktforscher von IDC. Große Unternehmen sind demnach zu 14 Prozent und sehr große zu 33 Prozent an dem Umsatzkuchen beteiligt. Die KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) verfügen meist über eine heterogene IT-Landschaft, die ihren Partnern profundes Know-how, analytisches Geschick und den berühmten Blick über den Tellerrand abverlangt.

Wissen on demand

Wissen ist ein teures Gut – und auch Wissen muss sich rechnen. Weil die wenigsten Systemhäuser sich das notwendige Allround Know-how noch leisten können, schlüpfen die Value Add Distributoren mehr und mehr in die Rolle des Vermittlers. Quasi „on demand“ stellen sie ihren Partnern die Expertise zur Seite, die für das individuelle Kundenprojekt benötigt wird.

Wachs oder stirb

8,4 Prozent Wachstum pro Jahr bis 2006 hat IDC dem Channel prognostiziert. Durch die direkten Vertriebsmaßnahmen der Hersteller müssten die Distributoren Federn lassen, so IDC. Der indirekte Vertrieb werde im Jahr 2005 nur noch 44,6 Prozent der gesamten IT-Ausgaben im Vergleich zu 46 Prozent im Jahr 2001 ausmachen. 282,5 Milliarden Dollar war der Markt in Westeuropa zu diesem Zeitpunkt wert.

Die „reinen“ Distributoren – im Markt wenig liebevoll „Boxenschieber“ genannt – haben demnach mit besonders hohen Einbußen zu rechnen. Der Anteil der Hardware-Einnahmen am IT-Gesamtumsatz sinkt – von 35 Prozent in 2001 auf prognostizierte 27 Prozent in 2006. Viele der indirekten Verkäufer erwirtschaften immer noch mehr als 80 Prozent ihrer Einnahmen mit Hardware. Umdenken und Erweiterung des Portfolios durch Software und Services ist gefragt – Systemintegratoren und Value-Added-Resellern winkt nach Aussage von IDC eine besonders rosige Zukunft. IBM selbst verdient mit Hardware immer noch fast doppelt soviel wie mit seiner Software-Palette. Der Hardware-Jahresumsatz lag 2003 bei 28,2 Mrd. US-Dollar, das entspricht einem Plus von 3 Prozent oder minus 3 Prozent bei konstantem Wechselkurs.

Kampf um den Kunden

Das Hardware-Business der IBM ließ in der Vergangenheit so manchen Endkunden schmunzeln: Erst wurde das Partnergeschäft forciert, dann rief doch wieder ein neuer Direktbetreuer an. Der kannte meist nicht einmal den aktuellen Release-Stand, geschweige denn die Konfiguration der Maschine. „Kollisionskurs“ nannte das der eine, „peinlich“ der andere. IBM versprach immer wieder klare Strukturen – die sollten für ruhiges Fahrwasser sorgen, um „Peinlichkeiten“ und „Kollisionskurse“ auf den Vertriebskanälen zu vermeiden. Die Preise wurden gesenkt – auch um den Aufwand für SOBs (Special Bid Offerings) einzusparen, die die Reseller bei Abwanderungsgedanken von iSeries-Kunden via Distri an den Hersteller weitergaben. Seit 2003 sind diese Nachlassformulare abgeschafft, unter der Channel-Oberfläche aber brodelt es weiter.

Wo bleibt das Geld?

Die Preisreduzierungen im iSeries-Markt sind nicht für Jedermann Grund zur Freude: Der Kunde bekommt derzeit zwar soviel CPW wie nie für sein Geld, bei den Händlern hingegen schrumpfen die Margen und damit auch die Anzahl der Wiederverkäufer. Einige nutzen ihre Liquidität zum Verdrängungswettbewerb, Verluste werden dafür nicht nur in Kauf genommen, sondern einkalkuliert. Zum Geschäftsgebaren im Traditionsmarkt iSeries gesellt sich auch eine andere Verdrängung: das gezielte Streuen von Pleite-Gerüchten. Unter dem Motto „Kauf lieber gleich bei mir“ werden Unsicherheit geschürt und bestehende Kundenbeziehungen gezielt untergraben. Eine Krähe pickt der anderen kein Auge aus? Das war einmal…

Dabei sollten die Reseller an ihrer neuen Rolle eigentlich genug zu knacken haben: Konzentration auf Kernkompetenzen ist gefragt, die Qualifizierung des Personals und auch finanzielle Stabilisierung der Geschäfte. Der Wunsch nach geringerer Kapitalbindung und höherer Eigenkapitalquote stehen den Ad-hoc-Anforderungen des Tagesgeschäfts gegenüber: chronischer Mangel an qualifizierten Mitarbeitern, Schelte vom Kunden, wenn der Hersteller es mit dem Service nicht so ernst nimmt und nicht zuletzt die immer wiederkehrende Diskussion um Kreditlimits.

Wenn z.B. Hermes oder Gerling ein Geschäft mit einem Reseller nicht versichern wollen, müssten Hersteller oder Distributor das (Rest)Risiko tragen. Viele Deals – so munkelt man – seien im vergangenen Jahr an dieser Hürde gescheitert. Das schleppende Zahlungsverhalten der Endkunden trägt auch nicht gerade zu guter Laune bei. Viele Distributoren fungieren zwangsläufig auch als „Hausbank“ und bieten den Wiederverkäufern Finanzierungshilfen an, die vom Leasing bis zur Forderungsabtretung reichen.

SMB Markt im Visier

Mit Beginn des neuen Kalenderjahres hat Magirus, neben TD Midrange und Avnet einer der führenden europäischen VADs im Bereich IT-Infrastruktur, für seine IBM Partner in Deutschland, Österreich und der Schweiz das Value Alliance-Partnerprogramm gestartet. Mit verschiedenen Aktionen sowie quartals- und themenbezogenen Incentives unterstützt man speziell die Akquise im SMB-Markt.

Zunächst werden mit dem Reseller individuelle Ziele vereinbart, sind die erreicht, winkt eine Refinanzierung von Investitionen für Plattformerweiterungen oder Kampagnen zur Generierung neuer Leads. Mit den BigPoints@Magirus können sich die IBM Partner Rewards und Prämien sowie Gutscheine für das mobile DemoCenter MobileSAN, Produkt- und Konfigurationsschulungen sowie weitere Services sichern, darunter auch Hilfe bei Marketing oder Integration.

Helfende Hand

Die Distributoren agieren heute nicht nur als Verteiler von Hardware. Hier wird Software vorinstalliert, häufig sogar in Kooperation mit dem Partner die Auswahl einzelner Komponenten getroffen. Bei der Neuanschaffung von Maschinen wird immer öfter auch die Speicherumgebung verändert – gut, wenn der Distri sich mit beiden Themen auskennt. Hilfreich kann sein Rat auch im Hinblick auf alternative Hersteller sein – nicht immer muss an der Tür zum Rechenzentrum „true blue“ stehen. Wenn Budget und Wunschvorstellung des Kunden nicht so recht zusammenpassen wollen, kann der Blick über den Tellerrand sogar Projekte retten.

Kollisionskurs

Immer wieder ist am Markt zu hören, dass die Reseller zu eindimensional und damit zu technisch denken und beraten. Kaufmännische Argumentationen und der konkrete Nutzen einer Lösung sind aber gerade im Mittelstand gefragt: Ohne schnellen ROI und langfristiges Einsparpotenzial erfolgt keine Investition. Auch cleveres Argumentieren und erfolgreiches Cross-Selling können die Reseller bei ihrem Distri lernen.

Manchmal verstehen sie hier sogar das, was der Hersteller selbst nicht zu vermitteln vermag. Bei Magirus zum Beispiel gibt es neuerdings „Worlds Colliding“ Workshops – sie sollen in die neue IBM iSeries Generation einführen, die sich nach der Integration von Windows NT und Linux auch für AIX geöffnet hat. Eine Message hat der Markt verstanden: Die iSeries ist keine AS/400 mehr. Wie aber die neuen Features in der Praxis zu nutzen sind, wissen wenige. „Wer sucht schon Antworten auf Fragen, die kein Kunde stellt?“ kommentierte ein skeptischer Reseller die Situation. Die Konsolidierungskampagne pro iSeries sei gut und schön, erleichtere die Wartung und erschließe neue Welten. Aber welcher typische Mittelständler habe schon die IT-Manpower, um neben iSeries-, Linux- und Intel Know-how auch noch AIX-Wissen vorzuhalten?

Vielleicht war es diese Frage, die zur Namensfindung der Magirus-Workshops („Kollidierende Welten“) beigetragen hat. Prallt hier die bunte Welt der Marketiers auf die schlichte Realität des Business? In Theorie und Praxis kann eine iSeries heute viele Welten beherbergen, doch zunächst ist Aufräumen angesagt. Was die Maschine kann, hat dabei zweite Priorität, was der Kunde wirklich braucht, sollte bestimmend bleiben. Das herauszufinden, bemühen sich Distributor und Systemhaus immer häufiger in Kooperation. Und letztlich beeinflusst auch die Qualität ihrer Partnerschaft, ob dem Kunden schlicht mehr Wert oder doch ein Mehrwert verkauft wird.

M.W.