Vor rund 20 Monaten hat IBM das Thema Workplace aus der Taufe gehoben, seitdem herrscht Begriffsverwirrung. WCS seien hilfreich, WSE schnell und einfach, klingt es allerorts. Während Lotus 7 sich im Anflug befindet, fürchtet so mancher Anwender um die Zukunftsfähigkeit seiner Domino-Installation. Kurt Fessel, Direktor Regional Brand Sales Leader Central Region bei IBM Deutschland, bringt Licht in das Workplace-Dunkel. Er erklärt auch, warum Workplace für iSeries-User „unbedingt empfehlenswert“ ist. Ja – man habe in der Vergangenheit für „relativ viel Verwirrung gesorgt“, gibt der Business Executive zu, der die Lotus-Brand in der gesamten DACH-Region verantwortet.
Den rund 118 Millionen Usern weltweit dürfte spätestens nach der Lotusphere in Orlando ein Stein vom Herzen gefallen sein: Hier hatte IBM eine Roadmap vorgestellt, die bis 2010 geht. „Das Thema Domino auf dem Server ist langfristig abgesichert – das müssen wir auch so tun“, sagt Fessel, sonst würde man eine relativ große Installed Base im Regen stehen lassen. Eben das habe man nicht vor: „Der Ast, auf dem wir sitzen, an dem sägen wir nicht“. Gleichzeitig entwickle sich aber das Thema WebSphere – „nennen wir es J2E“ – als offene Plattform, als Industriestandard, zu einem immer größeren Thema.
Zentrale Strategie
Das Thema Workplace als Arbeitsplatz der Zukunft hat innerhalb der IBM einen ungewöhnlichen Weg genommen. „Wir haben es von unten nach oben gebracht“, sagt Fessel. Es habe sich aus der Lotus Brand heraus entwickelt und sei erst später zur zentralen IBM Software Group Strategie ernannt worden. Das erkläre vielleicht auch das „hohe Konfusionspotenzial“.
Die Strategie wird durch zwei Produktgruppen unterstützt: Die Lotus Collaboration Services (WCS) und Workplace Services Express (WSE). In dem vorkonfigurierten Portal WSE sind viele kollaborative Elemente vereint: Team Spaces und Dokumentenmanagement, bereits implementierte Messaging-Komponenten können hier einfach integriert werden. Technisches Know-how sei dabei kaum vonnöten der Implementierungsaufwand im Vergleich zu bisher am Markt verfügbaren Lösungen „marginal“. Die Bedienung sei so intuitiv, dass sich Portale per drag&drop ganz einfach zusammenbauen ließen.
Derzeit bietet IBM WSE (drei CD-ROMs mit einem Installationsaufwand von 30 Minuten) als reine Online-Anwendung an. „Ich sage im Moment, weil wir noch keinen Rich Client haben wie bei den Workplace Collaboration Services. Der wird aber kommen“, so Fessel.
Portale mit Mehrwert
Fessel vermutet, dass sich viele Mittelständler dem Thema Portal schlicht deshalb noch nicht geöffnet haben, weil ihnen der Anwendungsnutzen eines solchen Tores nicht klar genug transportiert worden sei. Mit WSE könne man diesen Nutzen sichtbar machen: „Wir entern die on-demand-Welt in einem Tag – jetzt kann man es schnell zeigen“. WSE als solches integriere zwar keine Messaging-Komponente, bringe aber die Offenheit mit, die am Markt bekannten Plattformen zu integrieren, darunter auch Outlook.
Mit dieser neuen Offenheit wolle man nicht Kunden binden – ganz im Gegenteil: Der Customer solle alle Möglichkeiten haben, frei zu entscheiden, was er möchte. „Wir bieten integrative Möglichkeiten an, wir bieten an, dass der Kunde sein SAP-Portal in das WebSphere-Portal integrieren kann. Wir sind diejenigen, die die Tore aufmachen“, betont Fessel. „Wenn Sie heute Microsoft-Kunde sind, dann müssen Sie am Jahresende migrieren – entweder auf Exchange 2003 oder woandershin. Wenn Sie auf Exchange bleiben, werden Sie langfristig immer weiter in die Abhängigkeit gedrückt werden.“ IBM hingegen biete ihren Kunden „die Unabhängigkeitserklärung“ an: „Unsere Produkte basieren auf offenen Standards, sind interoperabel mit vielen verschiedenen Systemen. Wir sind modular orientiert, objektorientiert und rollenbasiert – vollkommene Freiheit, das ist unsere Strategie“.
WCS – „Die große Geschichte“
Die einheitliche integrierte Collaboration-Umgebung WCS basiert auf einer Service-orientierten Architektur (SOA). Sie umfasst laut IBM alle wichtigen Einzelkomponenten in der Collaboration, die bislang nur einzeln genutzt wurden und oftmals mühsam in eine einheitliche Infrastruktur konsolidiert werden mussten.
Unter der Dachmarke WCS sind insgesamt vier Produktgruppen vereint – „und eine in Klammern“, sagt Fessel. Lotus Domino ist tragende Säule des gesamten Konzepts, das zweite Produkt heißt Lotus Workplace Offering inklusive Workplace Messaging und Workplace Team Collaboration. Als dritte Säule kommt WebSphere Portal zum tragen, vierter Pfeiler ist WebSphere Everywhere Access. Mit ihm werden User in die Lage versetzt, via Smartphone, PDA und anderen mobilen Geräten mit quasi gleicher Oberfläche auf das Portal zuzugreifen. Diese Produkte werden von dem Rich Client umkleidet – oder anders ausgedrückt, von WCT (Workplace Client Technology Rich Edition).
Für Kunden, die noch Lotus Version 5.0 im Einsatz haben, ist in diesem Zusammenhang Veränderung angesagt. „Sie sollten etwas tun, das muss ich zugeben“, so Fessel. Dem Kunden bleibt die Wahl zwischen einem Upgrade auf Version 6.0 oder einer Warteschleife bis zum Launch von Release 7.0, das für das zweite Quartal 2005 angekündigt ist. Es soll unter anderem erweiterte Unterstützung für Web Services, Selbstüberwachung des Servers und eine um 70 Prozent gesteigerte Leistung desselben bieten. Ken Bisconti, Vice President of Workplace Portal and Collaboration bei der IBM Software Group glaubt an die Zukunft des inzwischen 20 Jahre alten „Klassikers“ Lous Notes und Domino: „Mit unserer aggressiven Roadmap garantieren wir weitere 20 Jahre Erfolg“.
Workplace mit i5
Absolut sinnvoll nennt Fessel eine Kombination von Workplace und iSeries respektive i5. Gemeinsam mit ihren Distributoren habe IBM gerade eine Intitiative gestartet, um Hardware-Reseller und Software-Partner zusammenzubringen. Beide Produkte würden schließlich zu 90 Prozent und mehr über diese Partner vertrieben. „Wir bringen den iSeries- Reseller, der sich mit der Lösung relativ wenig beschäftigt und auch relativ wenig investieren will in Software-Skill mit dem Lotus Business-Partner zusammen, der mit dem Blech nichts zu tun haben will“. Sie sollen die mittelständischen Kunden mit einem gebundelten Offering versorgen. Fessel: „Das ist aus meiner Sicht eine großartige Möglichkeit, schnell Fortschritte zu erzielen – gerade weil das Thema WSE Mitte Mai auf der iSeries verfügbar gemacht wird.“