Buchungsbelege, insbesondere Rechnungen, zu scannen und elektronisch abzulegen, ist inzwischen weit verbreitet. Das frühe Scannen von Eingangsrechnungen in der Poststelle und anschließende elektronische Freigeben hat sich ebenfalls durchgesetzt und die langsame, papierbasierte Prüfung zunehmend abgelöst. Die ECM-Entwickler haben sich darauf eingestellt und bieten entsprechende Musterverfahren mit vorkonfigurierten Erkennungsmethoden und Workflows an.
Seit Beginn dieses Jahres müssen die Bundesbehörden aller EU-Länder Rechnungen elektronisch empfangen und freigeben. Auf Länder- und kommunaler Ebene erfolgt die Umsetzung ab November 2019. Das hierzu vorgeschriebene XRechnungs-Format nach CEN-Standard ist im Gegensatz zum PDF-Bild ein strukturierter XML-Datensatz, der direkt maschinell ausgelesen werden kann.
Der digitale Rechnungsversand wird aufgrund der Vorschriften weiter zunehmen, und die Notwendigkeit einer sich anschließenden medienbruchfreien Rechnungsbearbeitung ist die logische Folge. Der Gesetzgeber sorgt hier für die passenden Rahmenbedingungen.
Passende gesetzliche Rahmenbedingungen
Eine wichtige „Anleitung“ für die elektronische Rechnungsbearbeitung sind hierbei die GoBD, dort findet sich unter anderem folgende Passage:
Liegt eine elektronische oder digitalisierte Rechnung einmal vor, dann darf nach GOBD #139 „die weitere Bearbeitung nur mit dem elektronischen Dokument erfolgen“. Eine elektronische Rechnungsbearbeitung liegt also nahe, wenn man elektronische Rechnungen jedweder Art erhalten möchte oder bereits erhält. Gleichwohl hält die GoBD eine Hintertür in #139 offen: „Sofern aus organisatorischen Gründen nach dem Scanvorgang eine weitere Vorgangsbearbeitung des Papierbeleges erfolgt, muss nach Abschluss der Bearbeitung der bearbeitete Papierbeleg erneut eingescannt und ein Bezug zum ersten Scanobjekt hergestellt werden.“ Für die GoBD wurden Ende 2018 Änderungen für die Passagen #20, #130, #135 und #136 vorgeschlagen, so dass fotografierte Belege, die Verwendung mobiler Erfassungsgeräte und die Nutzung von Cloud-Systemen geregelt sind.
Zusätzlich hat der Europarat im November 2018 mit der Verordnung „über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten in der Europäischen Union“ neue Vorschriften für den freien Datenverkehr in der EU erlassen. Damit können Dokumente und Daten einfacher in anderen europäischen Ländern gespeichert werden. Die unterschiedlichen europäischen Aufbewahrungsfristen für Rechnungen bleiben aber bestehen.
Die Bearbeitung und Speicherung von Rechnungen nach einem europaweit einheitlichen Prozess-Template auf Basis einer zentralen Speicherung in einem Land begünstigt die elektronische Rechnungsbearbeitung. Diese kann im Prinzip wie folgt aussehen (Bild 1).
Papierrechnungen werden im obigen Schema gescannt oder „PDF-Rechnungen von eingehenden E-Mails“ werden importiert. Soweit die gescannten und importierten PDF-Dateien vorliegen, werden sie über Texterkennung und Regelwerke in Text übersetzt und einem Bearbeiter zur Überprüfung („Validierung“) vorgelegt. Elektronische Rechnungen können direkt importiert werden und optional validiert werden.
Fallweise sind die Daten zu ergänzen (beispielsweise mit Steuerschlüsseln, Bestellnummern oder anderen für die Buchhaltung oder Prüfung notwendigen Angaben). Nach dieser Komplettierung erfolgt in der Regel eine Prüfung der angegebenen Rechnungspositionen. Liegen keine Abweichungen vor, erfolgt die Freigabe des Rechnungsbetrags durch den Vorgesetzten oder Budgetverantwortlichen. Danach erfolgt die Verbuchung und Bezahlung.Das obige Verfahren mit nicht bestellbezogenen Rechnungen ist eine mögliche Variante. Hier sind Rechnungen immer zu prüfen und freizugeben, deswegen ist deren Bearbeitungszeit tendenziell länger und ein automatisches Buchen in der Regel nicht möglich.
Die andere, schnellere Variante mit bestellbezogenen Rechnungen basiert auf bereits freigegebenen Bestellungen. Liegen keine Abweichungen zwischen Bestellung, Lieferschein und Rechnung vor, kann eine solche Rechnung automatisch gebucht werden. Liegen Mengen- oder Preisabweichungen vor, werden diese den aus der Bestellung ermittelten Verantwortlichen zur Überprüfung zugewiesen (Bild 2).
Elektronische Rechnungen sind auf dem Vormarsch
Die klassische elektronische Eingangsrechnungsbearbeitung setzt auf eine bildhafte Verarbeitung, also gescannte Rechnungen und importierte PDF-Rechnungen aus E-Mails oder Rechnungsportalen.
Nun gibt es nicht nur die oben genannten Vorschriften für den öffentlichen Bereich, sondern einen europaweiten Trend, bei der Umsatzsteuer zunehmend auf Clearance und Tax Reporting zu setzen, womit Rechnungen oder Meldungen zunehmend im XML-Format an staatliche Stellen zu übermitteln sind (beispielsweise in Ungarn seit 1.7.2018, in Italien seit 1.1.2019, ja teilweise bereits seit 1.7.2018). Die XML-Rechnungen folgen üblicherweise dem europäischen CEN-Standard.
Für Italien gilt seit diesem Jahr im Prinzip eine Verpflichtung für den elektronischen Rechnungsversand und -empfang nach CEN-Vorgaben:
Die elektronische Rechnung (fattura b2b) ist eine Rechnung zwischen italienischen Steuersubjekten, die digital im XML-Format ausgestellt, empfangen und gespeichert wird. Der Versand und Empfang der XML-Rechnungen erfolgt direkt über die zentrale SDI-Plattform (Sistema di Interscambio), wofür Schnittstellen oder Web-Oberflächen angeboten werden.

Bild 3: Digitalisierte und digitale Rechnungen als Grundlage für den Prüfungs- und Freigabe-Workflow Quelle: DWB
XML-Formate sind aus öffentlicher Sicht wünschenswert
Sowohl PDF-Rechnungen als auch von öffentlichen Auftraggebern erwünschte XML- Rechnungen führen in Deutschland und Europa zu einer wachsenden Zahl an elektronischen Rechnungen. Damit sind die Voraussetzungen, gemäß GoBD ohne Medienbruch Rechnungen elektronisch zu bearbeiten, besser als je zuvor.
XML-Rechnungen sind nun aber keine klassischen Dokumentenformate für ein ECM-System, welches eher mit Office-Dokumenten, PDF- und TIF-Dateien umgeht, anstatt mit strukturierten Dateien. Die Anzeige von XML-Rechnungen in ECM-Lösungen ist technisch grundsätzlich möglich, benötigt aber ein zusätzliches XML-Anzeigeprogramm.
Daher sollte geprüft werden, ob spezielle Rechnungsviewer die Daten in einem „gewohnten“ Format positionieren und entsprechend anzeigen.
Ist das der Fall, dann steht einem flächendeckenden Erfassen von analogen und elektronischen Rechnungen und einer effizienten Arbeit mit einem ECM-System nichts im Wege (Bild 3).
Denn schließlich beschleunigt ein solches Verfahren den Prüfungsprozess, ohne dass jemand schneller arbeiten muss, eben weil die Transportzeiten auf ein Minimum reduziert werden. Auch kann die Einhaltung formeller Rechnungskriterien durch Software teilautomatisiert geprüft werden. Die Rechnungsfreigabe kann nach einem festgelegten und abhängig von Rechnungsbetrag und -inhalt flexiblen Vier-Augen-Prinzip erfolgen. Der Prozess wird somit deutlich sicherer, weil dieses Verfahren nicht umgangen werden kann.
Beispielsweise wurden in einem Projekt ca. 50 Prozent der nicht bestellbezogenen Rechnungen innerhalb von zwei Tagen geprüft und freigegeben. Es gibt aber weitere quantitative und qualitative Vorteile (Bild 4).
Welche Lösung ist die richtige?
Für die Prozessdigitalisierung lassen sich gängige ECM-Lösungen mit Workflow-Komponenten für die Rechnungsfreigabe und -ablage einsetzen. Es gibt außerdem spezielle Invoicing-Lösungen, die Erkennungsverfahren, Rechnungseingangsbuch, Workflow-Templates und -monitore mit Web-Oberfläche für die Rechnungsprüfung beinhalten. Diese Speziallösungen lassen sich in vorhandene ERP-Lösungen (etwa SAP) einsetzen und sind in diesem Umfeld sehr beliebt, da sie unabhängig vom ECM-System sind.
Es können aber auch bereits vorhandene Komponenten (zum Beispiel Scanprogramm) ergänzt und zu einer eigenen Lösung zusammengesetzt werden. Auf welche Punkte hierbei besonders zu achten ist, beschreibt das Weiß-Buch „Invoicing“.