Für einen Teil von Unternehmen, die börsennotiert sind und die bis dato nach „HGB“ bilanzieren (d. h., die Mittelständler, die nicht im DAX sind), wird in der zweiten Hälfte dieses Jahres ein Arbeitsschub einsetzen, der die DV-Verantwortlichen, die Leiter des Finanz- und Rechnungswesens sowie auch die Juristen im Hause beanspruchen wird. Denn es steht die viel zitierte „IAS 2005“ vor der Tür. Sie steht für „International Accounting Standards“, die zum 1. Januar 2005 rechtswirksam werden. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Bilanzen in einer Reihe von Unternehmen nach neuen Richtlinien erstellt werden. „Auch wenn es bis dahin noch eineinhalb Jahre sind, so müssen die in Frage kommenden Unternehmen bereits ab dem 1. Januar 2004 eine Vorjahresbilanz gemäß IAS 2005 erstellen. Parallel zu der bis dato gültigen und erforderlichen HGB-Bilanz“, so Professor Dr. Klaus Hahn, Bilanzexperte an der Berufsakademie Stuttgart und Beiratsmitglied des Bundesverbandes der Bilanzbuchhalter und Controller. Dies geschieht aus dem Grunde, um die bilanzielle Vergleichbarkeit des Unternehmens in der Übergangsphase sicherstellen zu können.

Das heißt, ab dem Herbst 2003 müssen die betreffenden Unternehmen die Prozesse für eine ordnungsgemäße Doppel-Bilanzierung bereits eingeleitet haben. Für die DV heißt es, die Software entsprechend getestet und freigegeben zu haben, für die Bilanzbuchhalter, die notwendigen Informationen für den Übergang vorbereitet zu haben und letztlich für den Juristen, alle relevanten Verträge zu „durchleuchten“. Denn, eine „Portierbarkeit“ der Unternehmenszahlen wird nicht funktionieren.

Ein Beispiel aus dem Bereich Finance Leasing: Betrachtet man Leasingverträge, die abgeschlossen wurden, als ausschließlich das HGB galt, so wurde bei den Rückzahlungen an den „Kreditgeber“ häufig buchhalterisch nicht zwischen Zinsanteil und Tilgung unterschieden. Alles wurde als ein regelmäßig zu entrichtender Betrag „verbucht“. Mit IAS jedoch wird wesentlich tiefer eingestiegen. Denn hier muss zwingend zwischen der Zinszahlung und der Tilgung unterschieden werden, die unterschiedlich zu verbuchen und bilanztechnisch zu bewerten sind.
Diese unterschiedliche Bewertungsbetrachtung zwingt dazu, alle relevanten Verträge zu durchleuchten, die Werte per Stichtag bilanztechnisch neu festzuschreiben und schließlich – wie bei einer Eröffnungsbilanz, die am Anfang jedes Unternehmens steht – ab 1. Januar 2004 unter neuen Maßgaben zu erarbeiten. Oder auch die Frage der Pensionsrückstellungen wird sich vermutlich in nicht unerheblichem Maße auf die „Erfolgsrechung“ der Unternehmen niederschlagen.

Für die Planbarkeit kommt derzeit erschwerend hinzu, dass der Kreis der in Frage kommenden Unternehmen noch nicht endgültig definiert ist. „Das Management sollte in jedem Falle die aktuellen gesetzlichen Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate sehr genau verfolgen, um im Zweifelsfalle handlungsfähig zu sein“, so Klaus Hahn.

Software-technisch sind die Konsequenzen klar: Es müssen unverzüglich die Rahmenbedingungen vom Vertragswesen verbindlich zur Verfügung gestellt werden und die Bilanzbuchhaltung muss „die DV“ unmittelbar begleiten und überwachen, so dass die zunächst parallele Bilanzierung softwaretechnisch wirklich „wasserdicht“ ist.

Für Norbert Mentz, der bei DCW Software den Vertriebs-Support leitet, ist IAS das vorherrschende Thema im Rechnungswesen. Bei circa 20 Prozent der Bestandskunden muss bis zum Herbst die Integration des Moduls IFRS (IAS)/US-GAAP abgeschlossen sein. Mentz: „Auch wenn dieses Modul ein Höchstmaß an Lösungen durch Systematisierung in Form von Musterkontierungen bietet, so ist der Zeitaufwand für die Sichtung der betroffenen Buchungsvorgänge bei der Kapazitäts- und Projektplanung nicht zu unterschätzen“.

Die integrierte Vorgangsbearbeitung unterstützt die Bilanzbuchhaltung derart, dass sie in der Lage ist, jeden Beleg in allen Bereichen bis zum Ende zu bearbeiten und dabei entsprechend den beiden Bilanzierungsregeln zu behandeln. Auch hilft der Einsatz der jeweiligen Landesversion, Sprachbarrieren zu überspringen und einen konsolidierten Abschluss über die Ländergrenzen hinweg zu generieren, der die jeweiligen Spezifika berücksichtigt. „Es ist zudem möglich, die „führende Bilanzierung“ zu bestimmen. Das ist nichts anderes als festzulegen, ob HGB oder IAS die primäre Bilanz ist, die in der Hauptsache erstellt wird. Ein „Springen“ zum Vergleich oder zur Analyse ist kein Problem“, so Mentz.

Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller in Bonn (www.bvbc.de) weiß um die Problematik der anstehenden Aufgaben. Heike Kreten-Lenz, Bundesgeschäftsführerin des BVBC, sieht es als eine aktuell wesentliche Aufgabe des Verbandes an „die Verknüpfungen zwischen dem Finanz- und Rechnungswesen wie auch der DV weiter zu fördern, um ein integriertes Vorgehen sicherzustellen.“

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