Was sich genau hinter dem Modell der Smart Factory Elements verbirgt, erklärt Jürgen Petzel, Vice President Sales bei MPDV im Interview mit dem Midrange Magazins (MM). Zudem zeigt er auf, welchen Nutzen diese neue Sichtweise auf die Fertigungs-IT den Unternehmen bringt.

MM: Auf der HANNOVER MESSE 2019 stellte MPDV die Smart Factory Elements vor. Ist das ein neues Produkt, das Sie parallel zum MES HYDRA und zur Manufacturing Integration Platform (MIP) anbieten?

Jürgen Petzel: Definitiv nicht. Smart Factory Elements ist ein Modell für innovative Fertigungs-IT bzw. eine moderne Sichtweise darauf. Es soll Unternehmen, die heute schon in die Zukunft denken, dabei helfen, die eigenen Anforderungen so zu formulieren, dass wir als Softwarehersteller mit unserem Portfolio passende Produkte und Lösungen dazu anbieten können. Zwar können viele Interessenten mit uns sehr geläufigen Begriffen wie Betriebs- und Maschinendaten oder Feinplanung schon etwas anfangen, aber immer mehr Unternehmen fragen nach Schlagworten wie „Planning & Scheduling“ oder „Analytics“. Mit den Smart Factory Elements haben wir darauf eine Antwort und können auch gleich zeigen, was wir darunter verstehen.

MM: Dann sind die Smart Factory Elements also ein Produkt des Marketings?

Jürgen Petzel: Nicht wirklich – sie sind vielmehr eine Erklärung von Zusammenhängen in der Smart Factory. Dabei nutzen wir natürlich ein zeitgemäßes Wording – gar keine Frage. Die zunehmende Vernetzung von Maschinen, Anlagen und auch Softwareanwendungen kommt bei den klassischen Bezeichnungen wie „horizontale Integration“ ein wenig zu kurz. Daher sprechen wir im Rahmen des neuen Modells auch vom Industrial Internet of Things, kurz IIoT. Das trifft sowohl die Möglichkeiten als auch die Anforderungen der heutigen Zeit deutlich besser.

Jürgen Petzel, Vice President Sales bei MPDV: „Die Smart Factory Elements sind ein weiteres gutes Beispiel dafür, dass echter Mehrwert nur durch Anwendungen entstehen kann und die blanke Technologie dabei oftmals in den Hintergrund rückt.“ Quelle: MPDV

MM: Die Smart Factory Elements sind hier als Kreis angeordnet. Hat das einen tieferen Sinn?

Jürgen Petzel: Ja, in der Tat. Dadurch soll der Regelkreis der Smart Factory visualisiert werden. Dieser sieht vor, dass auf Basis von Vorgaben unterschiedlicher Quellen die Fertigung geplant (Planning & Scheduling) und diese Planung dann umgesetzt bzw. ausgeführt (Execution) wird. Die dabei erfassten Daten werden online visualisiert, ausgewertet und analysiert (Analytics), um daraus unter anderem Vorhersagen abzuleiten (Prediction), die zusammen mit anderen Erkenntnissen wiederum in die Planung einfließen können. Das Industrial Internet of Things unterstützt diesen Kreislauf durch die Erfassung und Bereitstellung von Daten. Diesen Regelkreis leben heute schon viele Fertigungsbetriebe – teilweise unbewusst – in voller Schönheit. Das Modell der Smart Factory Elements soll diesen Unternehmen helfen, zu erkennen, an welcher Stelle in den täglichen Abläufen eine Unterstützung durch Fertigungs-IT benötigt wird.

MM: Welche Art von Fertigungs-IT kann das Modell der Smart Factory Elements am besten mit Leben füllen?

Jürgen Petzel: Ein großer Teil der im Modell beschriebenen Aufgaben lässt sich sehr gut mit einem Manufacturing Execution System (MES) wie HYDRA abbilden – für andere Aufgaben werden sukzessiv neue Produkte auf den Markt kommen. Ein Beispiel für ein neues Produkt, das sich bei den Elementen Analytics und Prediction einordnen lässt, ist Predictive Quality. Diese Anwendung haben wir ebenfalls zur HANNOVER MESSE 2019 vorgestellt. Damit kann man auf Basis von Echtzeitdaten und einem ausführbaren Modell die Qualität von gerade erst produzierten Teilen vorhersagen.

MM: Das klingt spannend. Welchen Rat wollen Sie unseren Lesern zum Thema Smart Factory Elements abschließend geben?

Jürgen Petzel: Die Smart Factory Elements sind ein weiteres gutes Beispiel dafür, dass echter Mehrwert nur durch Anwendungen entstehen kann und die blanke Technologie dabei oftmals in den Hintergrund rückt. Auch in Zeiten von Industrie 4.0 steht weiterhin die eigentliche Aufgabe der Fertigungs-IT im Fokus. Meine Empfehlung ist also, sich nicht von technologielastigen Innovationen blenden zu lassen, sondern immer zuerst die anwendungsseitigen Anforderungen zu spezifizieren und dann nach der dazu passenden Technologie zu suchen.