Geld zu leihen, ist teuer und schwierig – oder unmöglich. Das befürchten Skeptiker, wenn die Eigenkapitalverordnung für Kreditinstitute in letzter Konsequenz greift. Basel II ist nicht halb so abschreckend, wenn man die Informationsbeschaffung für die Kreditvergabe richtig anpackt. Was die internationale Kreditrichtlinie, die von den Gremien der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel erarbeitet wurde und seitdem besser als Basel II bekannt ist, ab 2007 verbindlich vorschreibt, ist vielerorts schon umgesetzt: Banken richten die Höhe der Zinsen bei der Kreditvergabe stärker als bisher an der Bonität des Kreditnehmers aus. Wer nachweisen kann, dass es um sein Unternehmen gut bestellt ist, kann mit einem günstigeren Kredit rechnen.

Denn Basel II verpflichtet die Banken, dem mit der Kreditvergabe verbundenen Risiko bei schlechterer Bonität dadurch vorzubeugen, indem sie mehr Eigenkapital hinterlegen. Diese Kosten gibt die Bank an den Kreditnehmer weiter – in Form von höheren Zins- und Tilgungsanforderungen. Im Zweifelsfall halten sich die Banken schon jetzt mit Krediten zurück: Nach Einschätzungen der staatlichen KfW-Bank scheiterten im vergangenen Jahr 59 Prozent aller Kreditverhandlungen im Mittelstand. Auch die Düsseldorfer WGZ-Bank bestätigt, dass Basel II inzwischen lange Schatten vorauswirft: Sie förderte mit ihrer Umfrage unter Mittelständlern – wenn auch begrenzt im Rheinland und Westfalen – zutage, dass 63 Prozent der Befragten bereits ihre Erfahrungen mit den neuen Kreditvergabe-Auflagen der Banken gemacht haben. Immerhin jeder zweite Befragte konnte dabei bestätigen, dass er sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und eine Vorstellung davon hat, welche Unternehmensinformationen eine Bank für ein Rating benötigt. Denn hier liegt der Hase im Pfeffer: Nur wer das richtige Material liefert, hat Chancen auf günstige Konditionen.

Die Stunde der Wahrheit

Interne Rating-Verfahren, die von der Bankenaufsicht anerkannt sind, liefern die Messlatte, nach der Banken die Unternehmensbonität ermitteln. Neu ist das nicht: Schon vor Basel II verlangten Kreditinstitute Einsicht in die Bilanzen aus den vergangenen drei bis fünf Jahren, um sich ein besseres Bild über die Kreditwürdigkeit des jeweiligen Firmenkunden zu machen. Jetzt allerdings geht es nicht mehr allein um ordentliche Zahlen aus der Vergangenheit. Die internen Rating-Verfahren umfassen jetzt auch zukunftsbezogene Faktoren wie konjunkturelle Aussichten und Markttrends sowie die so genannten weichen Faktoren wie Management- und Mitarbeiterqualität. Mit anderen Worten: Neben Umsatz, Soll-Ist-Abgleichen und Cash-Flow sind auch Unternehmensstrategie, Kompetenz- und Aufgabenverteilung sowie taktische und operative Planung interessant.

Den Stellenwert dieser Faktoren sollte man nicht unterschätzen: Eine Studie der NordLB hat gezeigt, dass die Eigenkapitalquote im Bilanz-Rating zwar besonderes Gewicht trägt, in der Gesamtnote aber nicht die alles entscheidende Kennzahl ist. Denn wer bei den qualitativen Aspekten wie Controlling und Managementqualität schlampt, scheitert ebenfalls an den strengen Vergaberegeln: Bei 35 Prozent der befragten Unternehmen führten Defizite in diesen Bereichen zu einer schlechteren Rating-Note. Verkehrt man die Perspektive, liegt hier die Chance für den im Vergleich zu europäischen Nachbarn eigenkapitalschwachen deutschen Mittelstand. Unternehmen können ihr Rating-Ergebnis mit den entsprechenden Planungs- und Steuerungsinstrumenten sowie Werkzeugen für das Controlling, die Vertriebssteuerung und das Lagermanagement aktiv beeinflussen.

Bonitätsanalyse mit dem richtigen Werkzeug

Elektronische Hilfen können bei der Bewerbung um einen Kredit wichtige und richtige Informationen aus dem Wust von Daten ziehen, die sich in einem Unternehmen angehäuft haben. Eine professionelle Darstellung der zukünftigen Entwicklung stärkt die Beziehung zwischen Bank und Unternehmen und erhöht die Transparenz für beide Seiten. In großen Unternehmen kommt hier klassischerweise Software für Business Performance Management oder die Reporting-Struktur der grundlegenden Geschäfts-Software wie ein Enterprise Ressource Planning- (ERP-) System zum Einsatz. Sie können die betriebswirtschaftliche Auswertungen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Anlagenspiegel sowie Kosten- und Leistungsrechnungen liefern. Im Mittelstand sind teure Business-Intelligence-Systeme nicht so verbreitet, so dass für die vorausschauenden Prognosen und Marktbeobachtungen Alternativen gefunden werden müssen, die sich ohne zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand einsetzen lassen. Hier bieten sich On-Demand-Lösungen an, die – gefüttert mit den bestehenden Unternehmensdaten – in Echtzeit verdichtete Berichte über Geschäftsstrukturen liefern. Beispiel salesforce.com: Die On-Demand-Plattform, die über das Internet ohne weitere Implementierungsschritte abonniert und genutzt werden kann, liefert Analysen über Vertrieb, Marketing und Service. Damit steht ein wichtiger Beitrag zu den „weichen Faktoren“ im Mittelpunkt – beispielsweise: wie sich das Management mit der derzeitigen Marktsituation auseinandersetzt und das Geschäft kontrolliert oder welche Markttrends die Vertriebs-Pipeline spiegelt. In Kombination mit gut geführten Büchern besteht mit einer solchen Informationsbasis selbst für Unternehmen mit schwacher Eigenkapitaldecke Hoffnung, seinem bezahlbaren Kredit einen Schritt näher zukommen.

Fachautor: Peter Steidl