Anders als beim Barcode lassen sich per Radiofrequenztechnik zu Identifikationszwecken (RFID) Objekte mit Lesegeräten automatisch und ohne menschliche Interaktion erkennen. Auch wenn RFID die Barcodes nicht von heute auf morgen verdrängen wird, hat die Technologie enormes Potenzial und wird heute schon in zahlreichen Projekten in Handel und Logistik eingesetzt. RFID ermöglicht eine vollständige Kontrolle im Warenfluss über alle Stufen der Supply Chain hinweg. Eine der Bedingungen dafür sind direkt an den Objekten angebrachte Chips (Transponder oder Tags genannt), mit denen Informationen über die Waren abgerufen werden können.
Pilotprojekte wurden in nahezu allen Branchen gestartet, so auch in der Holz- und Forstwirtschaft. Insbesondere durch die hohen Kosten der Holzernte ist der wirtschaftliche Druck in diesem Wirtschaftszweig in den letzten Jahren enorm angestiegen. Forstfachleute schätzen die Genauigkeit der Prozesskette in der Holzwirtschaft in Abhängigkeit vom Sortiment auf teilweise unter 90 Prozent. Etwa 10 Prozent ist Schwund auf dem Weg vom Wald bis zur Sägemühle. Bei einem geschätzten Aufkommen von zirka 200 Millionen Holzstämmen pro Jahr in Deutschland stellt dies einen erheblichen ökonomischen Schaden dar.
Implementierung einer RFID-Architektur
Das RFID-Projekt der im Odenwaldkreis ansässigen Cambium-Forstbetriebe hat das Ziel, eine Massengenauigkeit von 95 Prozent zu erreichen. Realisiert wurde das Projekt von der DABAC GmbH in Heilbronn, einem Partner von Progress Software. Deren Datenmanagement- und Integrationstechnologien bilden tragende Säulen der RFID-Lösung. Höchste Ehren für Cambium in den USA: Die Lösung wurde im Juni 2005 mit dem 21st Century Achievement Award des Computerworld Honors Program in der Kategorie Manufacturing ausgezeichnet. Der Preis geht an Projekte, die sich durch hohe Kreativität und innovative Nutzung von IT auszeichnen.
Der Sonic Enterprise Service Bus (ESB) bildet das Transport- und Integrationsmedium für die aufbereiteten RFID-Daten
RFID-Integrationstechnologie ermöglicht Tracking und Tracing
Das neue Tracking-System ermöglicht den Aufbau einer durchgängig optimierten Informations- und Prozesskette. Dazu befestigt der Waldarbeiter beziehungsweise die Holzerntemaschine mit einem Spezialhammer einen RFID-Tag am Stamm. Der Tag trägt als einzige Information eine ID-Nummer, die zusammen mit den spezifischen Daten des Holzstammes (Baumart, Länge, Durchmesser, Qualität etc.) per Handheld-Computer drahtlos an eine zentrale Progress-Datenbank übertragen wird. Hier sind alle Informationen zusammengeführt, stehen allen Prozessbeteiligten zur Verfügung und können als Steuerungs- und Abrechnungsgrundlage eingesetzt werden.
In diesem RFID-Projekt kommen folgende Technologien zum Einsatz:
Einer der entscheidenden Bestandteile einer RFID-Architektur ist die Verbindung eines Echtzeit-Datenmanagementsystems mit einer integrativen Kommunikationsinfrastruktur. Das Datenmanagementsystem muss in der Lage sein, in Echtzeit große Datenmengen zu verifizieren und zwischenzuspeichern. Erst die Middleware sorgt so für ein nahtloses Einfügen der RFID-Technologie in die Backend-Systeme sowie in die Geschäftsprozesse des Unternehmens.
Barcode vs. RFID
RFID wird Barcodes auf absehbare Zeit nicht völlig verdrängen, sie wohl aber in einigen Einsatzszenarien ergänzen sowie in vielen Fällen die automatische Identifikation und Datenerfassung für eine effiziente Gestaltung von Lieferketten erst ermöglichen. Für den Barcode sprechen die geringen Kosten der Etiketten, einheitliche Standards und die verbreitete Technologie. Allerdings enthalten Barcodes nur statische Informationen, ihnen kann nur eine begrenzte Datenmenge zugewiesen werden, das Etikett muss beim Lesen sichtbar sein und es kann pro Zeiteinheit nur jeweils ein Barcode gelesen werden.
Im Vergleich dazu erlaubt die RFID-Technologie, viele Objekte gleichzeitig (Pulk-Erfassung) und berührungslos zu erfassen. Es muss keine direkte Sichtverbindung zwischen dem RFID-Transponder/Tag und der Leseeinheit bestehen. Ein wesentliches Merkmal des RFID-Transponder/Tag ist der Speicher, der gelesen und wiederholt beschrieben werden kann. Noch sind die RFID-Transponder recht teuer und deren Funktionalität kann zudem von Metallgegenständen beeinflusst werden. Als Nachteil zu verbuchen ist auch, dass es bis heute noch keinen einheitlichen Standard gibt. Dennoch wissen viele Unternehmen bereits um die Vorzüge der RFID-Technologie, setzen sie gezielt in Projekten ein und sammeln so wertvolle Erfahrungen. Letztlich wird die ständig größer werdende Zahl von Projekten RFID zu einer größeren Marktdurchdringung verhelfen.
Fachautor: Thomas Ehrke