Das Schicksal des Midrange-Lastesels der IBM wird spätestens seit der eServer-Kampagne im Jahr 2000 viel diskutiert. Die Öffnung der Plattform sollte neue Wege eröffnen und bestehende Kunden für das e-Business begeistern, doch die murrten nicht zuletzt über die Kosten für interaktive Leistung. Wenig greifbar waren die Vorteile der iSeries auch für Neukunden, gefreut hat sich darüber die IBMsche Konkurrenz. Die Rufe nach neuen Wegen mit mehr Profil wurden lauter, jetzt haben sie gefruchtet: IBM hat sich den Anforderungen des Marktes angenommen und positioniert die Maschine neu, unter anderem für „e-Business on Demand“. Mit dem jüngsten Announcement sollen User-Wünsche in Erfüllung gehen, bis zu 80 Prozent verbesserte Preis/Leistung verspricht IBM, das gelte für rund 90 Prozent ihrer iSeries-Kunden. Was also macht die Maschine heute aus und wer kann wie sparen? Ian Jarman, Product Manager IBM US, weiß die Antwort… Zur Ankündigung der neuen Modelle stand der Produktmanager der internationalen Presse in Einzelgesprächen Rede und Antwort. Man habe in den Markt hinein gehorcht, speziell in den deutschen, habe Kunden und ISVs nach ihren Wünschen befragt und sich deren Anforderungen auch zu Herzen genommen. Das Ergebnis spiegelte sich jetzt in dem wohl größten Announcement der letzten Dekade wider: Neue Server, neue Paketangebote, neue Möglichkeiten. Die beste Nachricht vorweg: Dem Wunsch nach einem „New Deal“ in Sachen Interaktives Pricing wurde entsprochen. In den Enterprise-Konfigurationen, mit denen IBM die bestehende Kundenbasis adressiert, muss für höhere interaktive Lasten nichts mehr dazu bezahlt werden. Die Kunden wollen die Vorteile der neuen Technologien nutzen – sie verlangten nach e-Business ohne Einschränkungen. „Wir helfen den Kunden dabei mit neuen Preis- und Packaging-Modellen“, so Jarman, „für e-Business on Demand.“
Neue Server
Insgesamt vier neue Modelle wird IBM ab 21. Februar ausliefern: Die eServer i825 (3- bis 6-Wege-Modelle) und i870 (8- bis 16-Wege-Modelle) komplettieren die High-End-Liga, in der sich die i890 (jetzt 16- bis 24- und 24- bis 36-Wege-Maschinen) bereits etablieren konnte. Alle High-End-Server adressieren den (gehobenen) Mittelstand und Großunternehmen, sind künftig mit Power4-Mikroprozessoren ausgestattet und unterstützen die Betriebssysteme OS/400, Windows, Linux und Unix. Kapazität nach Bedarf wird nun endlich Wirklichkeit, Leistung kann zu- und auch wieder abgeschaltet werden. Wer zu Spitzenzeiten wie dem Monatsende mehr Performance braucht, aktiviert die nötigen Ressourcen – bei der Rückkehr zum Normal Business wird auch die Rechen-Power zurückgeschraubt. Bezahlt wird nach Gebrauch: Leistung on Demand. Für wen sich temporäre Kapazitäten rechnen, bleibt individuell zu ermitteln. Ein Beispiel hat Ian Jarman bei der Hand: Bei der i825 kostet ein zusätzlicher Prozessor für immer rund 50.000 US-Dollar. Wer ihn nur temporär braucht, zahlt eine Tagesmiete von 1.100. Neu bei den High-End-Maschinen ist auch die Möglichkeit, Prozessoren für Linux zu aktivieren, ohne dass gleichzeitig OS/400-Lizenzgebühren anfallen. So wird Linux auf der iSeries günstiger – und sicher so mancher Kunde für den Pinguin interessiert.
Als neue Einstiegsserver für kleine bis mittlere Unternehmen hat IBM die eServer i800 und i810 positioniert. Die i800 ist in drei Varianten (1-Wege-Modelle) mit fester 5250 CPW-Leistung erhältlich, die i810 gibt es als 1- oder 2-Wege-Modell in Standard- oder Enterprise-Edition.
Standard- oder Enterprise?
Die meisten neuen Server sind als Standard- oder Enterprise-Edition erhältlich – so will IBM ihre Kunden bei der Auswahl und so letztlich auch die Implementierung von e-Business-Prozessen unterstützen. Die Standard-Edition unterstützt jeweils alle gängigen Betriebssysteme, Capacity Upgrade on Demand (On/Off) und logisch-dynamische Partitionierung. OS/400 und DB2 Lizenzen sind dabei inklusive.
Zur Enterprise-Edition gehören zusätzlich folgende Middle- und Groupware: DB2 Datenbank-Software, WebSphere, Lotus Quickplace und Sametime, Tivoli und Schulungsprogramme. Inklusive ist bei den i870 und i890-Modellen auch die Prozessor-Freischaltung für Linux (bis zu zehn Partitionen auf einem Prozessor) sowie ein integrierter eServer xSeries für das zentrale Management von Windows. Die Beschränkungen für interaktive 5250 CPW sind aufgehoben – die maximale Last steht ohne Zusatzkosten zur Verfügung.
Mit den Standard-Editionen adressiert IBM nach Aussage von Ian Jarman insbesondere das Neukundensegment – Firmen, die zum Beispiel SAP im Einsatz haben. Hier unterstütze man die ISVs, auch mit einem aggressiven Pricing. Für die bestehende Kundenbasis sind die Enterprise-Editionen designt, das Rundum-Sorglos-Paket inklusive Software ist deutlich günstiger als der Einzelkauf. Uneigennützig möchte man diese Vertriebsstrategie dennoch nicht nennen – IBM tut letztlich das Ihre, um die hauseigenen Softwarelösungen zu promoten…
On/OFF CoD
Über unvorhergesehene e-Spitzengeschäfte braucht sich der iSeries-User künftig nicht mehr zu ärgern: Business Peaks bringen nicht etwa die IT zum Erliegen, sondern einzig die Maschine in Schwung. Mit den neuen Modellen bietet IBM ihren Kunden die Möglichkeit, das Herz ihrer IT nicht nur im Hinblick auf das geplante Unternehmenswachstum auszusuchen und die erforderliche Leistung nach und nach hinzuzuschalten – auch unerwartet gutem Geschäft kann der iSeries-User mit Power begegnen. Die benötigte Prozessorleistung wird künftig einfach zu- und wieder abgeschaltet, man zahlt nur, was tatsächlich „verbraucht“ ist. „Die Kunden wollen die Ressourcen flexibel hin- und herschieben, das ist eines der Features des On Demand Utility Computing“, so Ian Jarman. Und: „Die iSeries ist dafür perfekt positioniert.“
Insgesamt 14 „Bonus Processor Days“ sind für Kunden, die Kapazität nur temporär beanspruchen, künftig inklusive und kostenlos. Dieses Modell ersetzt die vorherige Trial-Period, die Kunden vor dem Kauf zusätzlicher Prozessoren zugestanden wurde. Man achte allerdings auf die Kleinigkeiten: Zwei Wochen kostenlose Mehr-Leistung bekommt nur, wer eine 1-Prozessor-Maschine im Einsatz hat – je mehr Prozessoren desto kürzer die Kolo-Zeit…
Laut IBM ist das Zuschalten von Leistung einfach, es erfolgt im laufenden Betrieb, Maschine und Applikationen bleiben davon unberührt.
WebSphere Express for iSeries
Als ideale Lösung für den Betrieb von Webfaced-Applikationen bei KMUs positioniert IBM die Lösung WebSphere Express for iSeries. Nach der schlichten Veröffentlichung von Informationen im Web folge nun die Anbindung an das Back Office, Java-Transaktionen seien nötig. „Der WebSphere Application Server ist ein wichtiger offener Middleware-Standard für IBM. Für iSeries-User ist er das erfolgskritische Middleware-Produkt der Zukunft“, so Ian Jarman. „WebSphere wird meiner Meinung nach für die Zukunft der iSeries genau die Rolle spielen, welche die Datenbank für den Erfolg der AS/400 hatte. WebSphere ist die Middleware, die Applikationen erweitert – und genau dieser Prozess ist es, den wir heute forcieren.“ Bis dato war WebSphere eher für größere Kunden positioniert: komplex und sophisticated, auch im Hinblick auf die Performance. „WebSphere Express ist speziell auf die SMB-Kunden abgestimmt ist“, erklärt Jarman. „Wir brechen WebSphere also herunter, um die Lösung für unsere Kernzielgruppe interessanter zu machen.“ WebSphere Express for iSeries sei leicht zu verstehen, schnell zu installieren und auch die kleinen Kunden könnten sich die Lösung leisten. Sie enthält den WebSphere Development Studio Client for iSeries sowie ein Telefonverzeichnis.
Most wanted
Generell und weltweit verkauft IBM mehr kleinere iSeries-Maschinen als echte High-End Modelle. Der deutsche Markt ist allerdings, wie der in UK, von vielen Großunternehmen geprägt, deshalb bietet Deutschland durchaus einen Markt für i-Kraft- und Leistungspakete. Auf die Frage, für welche Maschine er das größte Interesse erwarte, antwortet Ian Jarman deutlich: „Die i825 sei wohl der Favorit.“ Die Maschine treffe mit ihrer Erweiterbarkeit in Sachen Storage und Partitionierung mitten ins Herz der Midrange-Gemeinde, biete On/Off CoD und sei auch in Sachen Serverkonsolidierung geeignet. „Tatsächlich ist es so, dass wir bei der Entwicklung dieser neuen Preis- und Packaging-Angebote sogar ganz spezielle Kunden aus Deutschland im Hinterkopf hatten“, so Ian Jarman. „Und unsere Angebote sind sehr filigran auf die Kundenwünsche abgestimmt.“
Zusammenwachsen
Die neuen iSeries-Modelle verfügen sämtlich über Power4-Prozessoren, gut bekannt aus der Unix-Welt der pSeries. Die Technologie-Integration zwischen i- und pSeries begann 1993/94, als die Maschinen noch RS/6000 und AS/400 hießen. Beide verfügten über spezifische Vorteile, die auch der jeweils anderen Kernzielgruppe zu Gute kommen sollten. Im Jahr 2000 fand eine deutliche Annäherung im Hinblick auf eine gemeinsame Entwicklung der Maschinen statt. Dieser Integrationsprozess geht inzwischen über die Prozessoren hinaus bis hin zur I/O-Infrastruktur – das Remote I/O der pSeries ist z.B. dasselbe wie der High Speed Link für die iSeries. 2004 soll ein gemeinsamer Hypervisor hinzukommen, der eine weitere fundamentale Veränderung darstellt. „Wir werden dann dieselben Partitionierungs-Möglichkeiten auf der pSeries haben wie heute auf der iSeries“, so Ian Jarman, „die Maschinen kommen sich also immer näher.“
IBM sehe aber immer noch einen Markt für beide, man könne das wohl mit der Herstellung von Autos vergleichen, die verschiedene Aufgaben erfüllen sollen. „Wir sehen die iSeries als sportives Utility-Modell: für verschiedene Umgebungen, in vielen verschiedenen Rollen.“ Die pSeries würde wohl eher als Sportwagen durchgehen, der in einer Unix-Umgebung eine bestimmte Aufgabe übernehme.
Es gibt eine wichtige Erkenntnis innerhalb der IBM erläutert der Produktspezialist: „Wenn wir unseren Kunden sagen, dass es nur eine Antwort gibt, sagen sie uns, dass sie durchaus mehrere Antworten auf ihre Probleme kennen. Zu sagen, dass wir in der Zukunft nur eine Maschine haben, würde uns in unserem Können und in unserem Marktpotenzial sehr limitieren.“
Was man weiterhin tun werde, sei, die Anforderungen der Kunden zu erfüllen. „Um das zu erreichen, werden wir unsere Integrationsbemühungen und unsere Joint Investments fortführen – speziell die der pSeries und iSeries.“ Vielleicht gibt’s dann künftig „chamäleonhafte“ Server: Lastesel, die sprinten können oder sportive Flitzer mit reichlich Innenraum – für Unternehmensmütter mit ganz vielen Töchtern.
Ian Jarmann, iSeries Product Manager IBM eServer