Wie wichtig SCM (Supply Chain Management) -Integration und e-Anbindung bei der Betrachtung von Softwarelösungen zur Produktionsplanung sind, zeigt ein Blick auf den gemeinsamen Nenner fertigender Betriebe: Hier ist die Produktion grundsätzlich als wertschöpfender Prozess anzusehen, der über die unterschiedlichsten verarbeitenden Prozesse hinweg aus einem oder mehreren Rohstoffen bzw. Teilen ein Endprodukt hervorbringt. Vor diesem Hintergrund liegt im Ausbleiben oder der verspäteten Verfügbarkeit von benötigten Ausgangsmaterialien eines der größten Probleme überhaupt begründet.
Oje – kein Material!
Wer kennt sie nicht, die Anekdoten aus längst vergangenen DDR-Zeiten, wo die Bänder der volkseigenen Betriebe oft über Tage und Wochen stillstanden, weil in der Produktion Rohstoffe und Zulieferteile fehlten. In der freien Marktwirtschaft wäre es jedoch im Ergebnis genauso schlecht um uns bestellt, wenn plötzlich das Material ausbliebe, weil die enge Verzahnung der Produktionsplanung mit den Vorsystemen der Lieferanten nicht funktioniert.
Wettbewerbsdruck gibt Tempo vor
Marktbedingt wird in der Produktion die Zeit immer knapper und damit auch teurer. Überall muss rationalisiert und gespart werden, um bei vielleicht gerade noch gleichbleibender Qualität den Preis des Mitbewerbs halten zu können. In diesem Kontext ist eine für die Produktionsprozesse bequeme Bevorratung keine Alternative mehr. Zu denken ist dabei nicht nur an die Kosten für das Einrichten, Unterhalten und Pflegen von Lagerplätzen, sondern auch an die Kapitalbindung und den Zins auf den unproduktiven Warenwert. Unter Umständen kommen bei verteilten Materialstandorten noch teure interne Beschaffungsprozesse hinzu.
Der Markt hat sich verändert
Selbst am Absatzmarkt sind die wirtschaftlichen und soziokulturellen Veränderungen nicht spurlos vorbeigegangen; das hat entsprechende Auswirkungen auch auf die Anforderungen an die Produktion. Ein Beispiel hierfür ist die Variantenfertigung. Früher gab es zum Beispiel bei Autos wenige Farben und nur allgemeine Modellunterschiede. Wer heute an Bändern und Montageinseln sieht, wie unterschiedlich die Fahrzeuge konfektioniert sind, die unter gleicher Modellbezeichnung hintereinander gefertigt werden, erkennt, wie unglaublich hoch die Anforderungen an das Supply Chain Management sind. Die marktgegebene Erwartung von Produktdifferenzierung und damit Flexibilität in der Produktion ist jedoch längst nicht mehr auf die klassischen Felder für Hochleistungslogistik beschränkt. Heute ist „Just-in-time“ ein Thema in fast allen Branchen.
Die wichtigste Formel in der Produktion
Den Weg aus der Bredouille von zu vermeidender Lagerhaltung und Kapitalbindung auf der einen und dem Erfordernis zur möglichst schnellen Bedienung (wer ist heute schon bereit zu warten?) auf der anderen Seite weist die SCM-Integration. Die Zauberformel „die erforderlichen Zulieferteile und Rohstoffe zur rechten Zeit am rechten Ort“ ist besonders in Unternehmen mit komplexen Fertigungsstrukturen oberstes Gebot. Im Gegenzug lässt die korrekte Umsetzung die Bänder weiterrollen, und jede reibungslos verlaufende Produktionssekunde bedeutet wirtschaftlichen Erfolg.
Just-in-time an Band und Verladung
Gleich auf zwei Schienen bedient beispielsweise die Pflüger GmbH Holz- und Kunststofftechnik in Ilshofen-Obersteinach ihre Kunden: Zum Portfolio gehören ummantelte Profile wie Bettstollen, Handläufe, Kranzblenden und Betten, die von Möbelherstellern, darunter „nolte-möbel“ und die „Rauch Möbelwerke“, teils in deren Produktionsprozess integriert, teils als montagefertige Möbelelemente fertig verpackt und etikettiert just-in-time in den Verladebereich geliefert werden. „Auf Basis täglicher Abrufe liefern wir Roheinzelteile, die für die Produktion an den Bändern benötigt werden“, erklärt Ulli Pflüger, Betriebsleiter des 1974 gegründeten, um die 100 Mitarbeiter zählenden Zulieferers. „Regelmäßige Bedarfs-Forecasts für die einzelnen Teile sind eine große Hilfe bei der Disponierung der von uns benötigten Rohwaren. Deren Lieferzeit liegt bei bis zu vier Wochen. Die elektronisch übermittelten Vorausplanungsdaten löst unser PPS-System in entsprechende Planzahlen auf.“ Bei der Auslieferung von Fertigteilen ist bereits die Tourenplanung der Kunden berücksichtigt; die für den Weiterverkauf verpackte Ware ist schon nach Verladetoren sortiert.
Anforderungen an die Kommunikation
Unternehmen haben die strategische Bedeutung ihrer Lieferanten erkannt und setzen alles daran, diese entsprechend effektiv zu nutzen. Zu ihrem Leidwesen machen sie allerdings oft die Erfahrung, dass vor die gewinnbringende Integration der Prozesse mit Lieferanten neue Ansätze vor allem im Umfeld der Kommunikation gesetzt sind. Weitreichende Veränderungen der Beschaffungsstruktur mit einem Optimum an gegenseitiger Information aller Beteiligten erfordern durchdachte Methoden zur Bewältigung der Abläufe im Collaborative Procurement.
Supplier Relationship Management weiß Rat
Gefragt ist dabei ein dezidiertes Lieferanten-Beziehungsmanagement. Denn wie der Kunde im Sinne von CRM (Customer Relationship Management) von großer Bedeutung ist, so steht produktionsseitig der Lieferant im Mittelpunkt des Interesses. Hier geht es natürlich nicht um die Ausschöpfung der Potenziale aus Geschäftsbeziehungen mit Ausrichtung auf die Erhöhung der Umsätze. Das SRM (Supplier Relationship Management) zielt vielmehr als Fortschreibung der eProcurement-Ansätze auf die Sicherung und Optimierung der Beschaffung. Gleich unter mehreren Aspekten will es die Zuliefererbasis systematisch analysieren und handhaben.
Mit doppeltem Boden
„Wer kann mir bei Ausfall meines Stammlieferanten welches Zulieferteil in welcher Güte bis wann an welchen Produktionsstandort bringen?“, lautet eine der zentralen Fragen eines je nach Risiko und Tragweite von Lieferengpässen mehrfach abgestuften Ausfallszenarios, das im SRM zum Tragen kommt. Diesen doppelten Boden trifft man vor allem bei Großunternehmen an, die von einer Vielzahl von Zulieferungen in den unterschiedlichsten Produktionsstufen abhängig sind. So kennen beispielsweise die Worst-Case-Szenarien im Automotive-Bereich sogar mehrstufige Ersatzlieferketten.
In diesem Zusammenhang sind sowohl aktuelle Aussagen über die Performance des Zulieferers als auch eine zuverlässige Lieferanten-Potenzialanalyse gefragt. Auf den Punkt gebracht automatisiert SRM jegliche Planungs-, Kauf-, Lieferungs- und Zahlungsprozesse über den Teile-Lebenszyklus hinweg. Hinzu kommt eine historische Komponente, die sämtliche Leistungen von Lieferanten retrospektiv und unter Berücksichtigung der jeweils gültigen vertraglichen Bedingungen dokumentiert. Grundsätzlich ist die aktive Gestaltung von Lieferantenbeziehungen umso wichtiger, als man regelmäßig von einer Flaschenhalsproblematik ausgehen kann: An welcher Stelle auch immer es zu Verzögerungen im Produktionsfluss kommt, es fallen Probleme an, die sich multiplizieren.
e-Anbindung als Mittel zum Zweck
Wer sich systemunterstützt ein klares Bild über mögliche Bezugsquellen von Zulieferteilen verschaffen will, sollte sich um technologische Details keine Sorgen machen müssen. Daher führen auch proprietäre Ansätze über die Unternehmensgrenzen hinaus zu nichts. Die Wertschöpfungskette ist keine One-Company-Show, und daher spielt sich das SCM-Geschehen in den Unternehmen wenn schon nicht auf dezidiert einheitlichen Transaktionsplattformen, so doch im Rahmen definierter Schnittstellen-Szenarien ab. Was die Vernetzung der Supply Chain anbelangt, wird die Kommunikation im gesamten Beschaffungsprozess sowohl via Internet als auch über EDI-Strukturen abgewickelt; im letzten Fall setzt sie unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit jedoch eine relativ hohe Rate wiederholter Geschäftsvorfälle der gleichen Art voraus. Der Vorteil von EDI-Formaten liegt in der eindeutigen Definition von Vorgangsarten. Warum sollte man in der Ferne Satzaufbau-Arten selbst erstellen, wenn der EDI-Konverter doch so nah ist? In diesem Sinne: Viel Vergnügen bei der Lektüre Ihres Midrange MAGAZINs.