In den heutigen Logistikunternehmen wird im Bereich des Warenein- und ausgangs sehr viel manuelle Arbeit geleistet. Diese Eingriffe sind komplex und arbeitsintensiv, sodass sie zu einer Fehlerquelle bei der Verbuchung von Warenflüssen werden. Darunter leidet die Qualität und Aktualität der Daten in den Warenwirtschaftssystemen – wie SAP – oder auch Eigenentwicklungen auf Datenbankbasis. Für das Eliminieren dieser Fehlerquellen ist die Nutzung von RFID-Technologie auf einer IBM WebSphere Middleware die ideale Lösung, da diese Umstellung eine Automatisierung von manuellen Prozessen fördert. Um diese on demand-Vision zu realisieren, muss die RFID-Technologie mit der vorhandenen IT-Anwendung verbunden werden. Diese Anbindung erfolgt durch eine entsprechende Nutzung von Komponenten aus der IBM WebSphere Integration-Familie.

RFID, die Technik

RFID ist die Abkürzung für „Radio Frequency Identification“ und bedeutet eine eindeutige Identifikation und Lokalisierung eines Objektes, das mit einem Funk-Chip ausgestattet ist. Die wesentlichen Komponenten für diese Form der Identifikation sind Reader und Tag. Der Reader erzeugt Funkwellen, die von einem Empfänger – genannt Tag (oder Transponder) – aufgenommen werden. Ein RFID-Tag besteht aus einem Speicher-Chip und einer Antenne. Der Tag ist so „programmiert“, dass er durch die Anfrage des Readers den Inhalt des Speicher-Chips übermittelt. Diese Nutzinformation kann aus verschiedenen Teilinformationen bestehen. Im Regelfall wird dabei der Elektronic Product Code (EPC) übermittelt, der ein Produkt, einen Karton oder eine Palette eindeutig identifizierbar macht. Dies ist der wesentliche Unterschied zu dem Barcode, mit dem eine Produktkategorie oder eine Charge eindeutig identifiziert wird.

IBM Middleware für RFID

Die erste Stufe der RFID-Anwendungen ist im Regelfall ein Ersatz oder Austausch vorhandener Barcode-Anwendungen. Bei den bestehenden Anwendungen ist in der Regel der Barcode-Reader mehr oder weniger direkt an die Geschäftsanwendung (beispielsweise SAP SCM) angeschlossen. Rückmeldungen dieser Anwendungen werden heute direkt am Display des Barcode-Readers angezeigt. Bei einer RFID-Anwendung kann es keine direkte Verbindung zwischen Lesegerät und Geschäftsanwendung geben, denn aufgrund der physikalischen Eigenschaften eines RFID-Tags kann dieser während einer Leseperiode mehrfach identifiziert werden.

Um diese Mehrfach-Lesungen zu eliminieren, muss der Lesedatenstrom gereinigt und dann entsprechend für das Warenwirtschaftssystem aufbereitet werden. Außerdem verarbeitet die Endanwendung derzeit weniger Information als im RFID-Tag gespeichert wird (EPC = 96Bit vs. Barcode = 44 Bit).

Unsere Erfahrung in Kundenprojekten hat gezeigt, dass die Einführung von RFID an größeren Standorten – wie Warenverteilzentren oder Produktionsanlagen – besonderen Anforderungen unterliegt. Um den Anforderungen aus operativer Sicht (Deployment, Managebarkeit) und aus Prozess-Sicht (Ablauf- und Zusammenarbeit) besser gerecht zu werden, wurde ein Domänenmodell entwickelt, das die Brücke zwischen RFID-Tag und Geschäftsanwendung bildet.

Der Vorteil dieses Domänenmodells ist, dass die Installation von einem Rechnersystem bis hin zu einer Separierung in verschiedene HW-Maschinen je Domäne möglich ist. Es sind die verschiedensten Nutzungsszenarien dadurch denkbar (zum Beispiel Pharma: Rückverfolgung; Handel: Überwachung Kühlkette). Die Möglichkeit der Erweiterung der Middleware gemäß kundenspezifischen Anforderungen ist dadurch gewährleistet, dass die RFID-Middleware als Java-Anwendung in einem WebSphere Application Server ausgeführt wird. Diese Variante hat den Vorteil, dass man mit einer kleinen Umgebung starten kann und die Lösung bei Wachstum auf ein anderes Betriebssystem (beispielsweise von Windows nach Linux oder AIX) verlegen kann, da Java-Anwendungen übertragbar sind. Ebenso ist durch die Nutzung von WebSphere Business Integration die Möglichkeit gegeben, die richtige Integrationstechnik auszuwählen. Dabei stehen zum Beispiel IBM WebSphere Business Integration Message Broker für Information-Brokerage, IBM WebSphere InterChange Server für Geschäftsprozessintegration oder IBM DB2 Information Integrator für Datenintegration zur Auswahl.

Das Merkmal von IBM WebSphere Business Integration Message Broker ist, dass die gelesenen RFID-Informationen während der Übertragung in das entsprechende Datenformat für das Warenwirtschaftssystem aufbereitet werden können. Dabei kann der Message Broker auch die Nachrichten auf die verschiedenen Anwendungen routen. Das gleiche gilt auch für die Nachrichten, die an die Feedback-Geräte (beispielsweise Lampe, Lautsprecher, Display) gesendet werden sollen. Dabei ist Routing auch eine wichtige Funktionalität der Integration Domain.

IBM WebSphere Integration Family im Einsatz bei RFID

Eine gute Integrationsunterstützung ist durch Prozess-Modellierungswerkzeuge (wie den IBM WebSphere Business Integration Modeler) und Anwendungs-Entwicklungswerkzeuge (wie den IBM WebSphere Studio Application Developer) gegeben. Mit Hilfe von IBM WebSphere Business Integration Modeler können die Prozesse grafisch modelliert werden. Diese Basis wird dann beispielsweise mit Hilfe von IBM WebSphere MQ Workflow oder anderen Prozess-Engines umgesetzt. Grundsätzlich kann dann jeder Code, der durch diese Werkzeuge automatisch erzeugt wird, mit kundenspezifischen Komponenten erweitert werden.

Die Vielseitigkeit der Integrationswerkzeuge ist letztendlich in größeren Installationen entscheidend, denn man ist in der Lage die vorhandenen Logistikanwendungen oder ERP-Systeme mit der RFID-Welt zu verbinden.

Eine weitere Form der Prozessintegration ist mit Hilfe des IBM WebSphere InterChange Server möglich. Dieser ermöglicht es, wieder verwendbare Adapter in kurzer Zeit zu entwickeln und die Daten in die dem Warenwirtschaftssystem entsprechende Form umzuwandeln. Der Programmieraufwand wird gering gehalten und bietet letztendlich die Möglichkeit, in serviceorientierte Architekturen einzusteigen.

Wird eine Benutzerinteraktion benötigt, dann kann dafür IBM WebSphere Portal verwendet werden. Das Portal ist in die Middleware integrierbar und in der Lage, kundenspezifische Oberflächen zur Verfügung zu stellen. Dadurch erhält man die Möglichkeit, von einer Vielzahl von Endgeräten auf die RFID-Daten zuzugreifen und diese frühzeitig einem Benutzer darzustellen. Auch die Abbildung von RFID-spezifischen grafisch unterstützen Verfahrensabläufen ist mit Hilfe des WebSphere Portal Servers möglich.

Fazit

Für eine Anbindung von einer RFID Reader/Writer-Infrastruktur mit vorhandenen Geschäftsanwendungen ist die Nutzung einer serviceorientierten Integrationsarchitektur von großem Vorteil. Dabei ist neben dem Betriebsaspekt einer solchen Integrationsinfrastruktur auch die Inbetriebnahme (Deployment) der RFID-Middleware, die Managebarkeit der Infrastruktur und die Erweiterungsfähigkeit (Customizing) ein wesentliches Argument. Alle diese Aspekte sind bei dem Design der IBM Middleware für RFID berücksichtigt worden, indem man im Wesentlichen auf vorhandene und etablierte IBM Middleware-Produkte der IBM WebSphere Integration-Familie und Zusatzprodukte wie beispielsweise IBM DB2 Information Integrator oder IBM WebSphere Portal zurückgreift.

Fachautor: Wolfgang Weyand, Lead Architect Public & Commercial Germany, Senior IT Architect, IBM Software Group Central Region