Die Landesverwaltung des Fürstentums Liechtenstein konkurriert mit einem starken Dienstleistungssektor um qualifizierte Arbeitskräfte. Eine neue Software unterstützt jetzt die Verantwortlichen bei Personalrekrutierung und Personalentwicklung. Die Landesverwaltung orientiert sich weitgehend an den Management-Methoden der freien Wirtschaft. Für die Mitarbeiter gilt das Leistungsprinzip: Wer sich engagiert und Potenzial für höhere Aufgaben hat, kann aufsteigen und ein höheres Gehalt bekommen. Typische Behörden-Automatismen wie Aufstieg nach Dienstjahren sind zwar noch vorhanden, aber von untergeordneter Bedeutung. „Wir sehen uns primär im Wettbewerb mit dem Dienstleistungssektor“, sagt Daniel Hilti, stellvertretender Leiter des Amtes für Personal und Organisation, „man kann unsere Arbeitsweise also nicht mit einer ‚normalen’ Behörde vergleichen.“
Das Leistungsprinzip wirkt motivierend und macht die Verwaltung als Arbeitgeber interessanter. Das ist auch dringend nötig: Denn der öffentliche Dienst ist für junge, karriereorientierte Menschen nicht sehr attraktiv, und gerade in Liechtenstein konkurriert er mit vielen gut bezahlenden Finanzdienstleistern um qualifizierte Arbeitskräfte. Das will die Landesverwaltung unter anderem durch eine aktive Personalentwicklungskultur wettmachen. Jährlich finden Beurteilungsgespräche mit den Mitarbeitern statt, die die Grundlage für Fördermaßnahmen und gegebenenfalls Beförderungen und Gehaltserhöhungen sind. Das Aus- und Weiterbildungsangebot ist reichhaltig.
Ziel: Personalmanagement statt Personalverwaltung
Die unterschiedlichen Aufgaben im Personalwesen bewältigte das Amt für Personal und Organisation bis vor kurzem mit jeweils eigenen Systemen für Aus- und Weiterbildung, Personalabrechnung und Zeitwirtschaft. Die Stellenplanung und -bewirtschaftung wurde ganz einfach mit Excel administriert. 1999 meldete der Anbieter der Personalabrechnung Konkurs an. Das nahmen die Verantwortlichen zum Anlass, ihre Personalarbeit systemtechnisch und zum Teil organisatorisch auf eine neue Basis zu stellen. Die bisherige Lösung funktionierte zwar, litt aber an einigen Mängeln: Die Inselstruktur machte zum Beispiel eine mehrfache Erfassung und Aktualisierung von Stammdaten nötig. Das Ergebnis war, dass die Mitarbeiter der Personalabteilung unverhältnismäßig viel Zeit mit reinen Verwaltungsaufgaben verbrachten. Für die strategisch wichtigen Aufgaben, wie die Pflege und Förderung der Personalressourcen, blieb dagegen zu wenig Zeit.
Durch den Systemwechsel wollte man im Wesentlichen zwei Ziele erreichen: Die neue Software sollte erstens die Personalarbeit im Sinne eines modernen Personalmanagement-Ansatzes umfassend unterstützen. Zweitens wollte man den administrativen Aufwand in der Personalabteilung reduzieren und Arbeitsabläufe vereinfachen. Daraus ergaben sich unter anderem folgende Anforderungen:
– Instrumente für Skill-Management, Personalentwicklung und Personalrekrutierung.
– Zusammenführung der bisherigen Insellösungen für Personalabrechnung, Stellenplanung, Aus- und Weiterbildung in einem einzigen System.
– Zusammenführung aller Personaldaten in einer einheitlichen relationalen Datenbank.
-Einfache und flexible Auswertungsmöglichkeiten aller personalrelevanten Daten – zum Beispiel: Qualifikationen, absolvierte Seminare, Gehalt, Stelle usw.
– Verfügbarkeit sämtlicher Informationen im Intranet, so dass die Mitarbeiter einen Teil der Datenpflege selbst übernehmen können.
Pflichtenheft definiert lösungsbezogene Kriterien
Beim letzten Auswahlverfahren im Jahr 1994 hatte die Landesverwaltung den mittlerweile in Konkurs gegangenen Anbieter ausgewählt. Im Nachhinein zeigte sich damals, dass die Stellenplanverwaltung der Software zu kompliziert in der Handhabung war, so dass man letztlich nur die Personalabrechnung nutzte. Aus diesem Fehler lernte man: „Wir haben uns im Vorfeld des Auswahlverfahrens mehr mit der Thematik ‚integriertes Personalmanagement-System’ auseinandergesetzt als vor sechs Jahren“, sagt Daniel Hilti. Das neue Pflichtenheft war deshalb detaillierter und umfassender als das letzte. „Außerdem definierten wir die Anforderungen lösungsbezogen. Im Pflichtenheft waren also nicht nur die geforderten Funktionen enthalten, sondern auch, wie diese umgesetzt sein sollten.“
Da Lichtenstein seit 1995 Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ist, musste das Projekt via Brüssel international ausgeschrieben werden. Drei Angebote gingen daraufhin ein, und alle drei erfüllten die Kriterien des Pflichtenheftes. Die Wahl fiel schließlich auf das System „Loga“ der P&I Personal & Informatik AG. P&I musste nach der Entscheidung einen detaillierten Projektfahrplan vorlegen, in dem die Kosten mit einer Toleranz von 15 Prozent festgehalten waren.
Integration von Stellenplan und Personalinformations-System
Ein halbes Jahr nach Projektstart ging zunächst die Personalabrechnung in den Echtlauf, mittlerweile ist auch die Organisationsstruktur im Stellenplan-Modul abgebildet und die Mitarbeiter sind den einzelnen Stellen zugeordnet. Das Modul dient einerseits der behördentypischen Bewirtschaftung des vom Landtag genehmigten Stellenplans: Hier werden Informationen wie Amtsstelle, Stellentyp, Richtposition und Besoldungsklasse festgehalten. Der Anwender kann sich jederzeit einen Überblick über freie, besetzte oder unterwertig besetzte Stellen in den einzelnen Organisationseinheiten verschaffen und, je nach Budgetsituation und Bedarf, Stellen bzw. Stellenanteile neu besetzen, verlagern, streichen usw.
Andererseits ist der Stellenplan eine wesentliche Komponente des Skill-Managements, der Personalentwicklung und der Bewerberverwaltung: Den Stellen bzw. Funktionen wird das entsprechende Anforderungsprofil zugeordnet, indem man die geforderten „Skills“, also Qualifikationen und Fähigkeiten, hinterlegt. Anhand dieses Stellenprofils kann man z.B. eine Stellenausschreibung generieren oder einen Soll/Ist-Vergleich mit den Qualifikationen eines Bewerbers durchführen.
Wenn eine neue Stelle zu besetzen ist, hinterlegen die Sachbearbeiter zunächst das Anforderungsprofil im Stellenplan. Dazu gehören in Liechtenstein sowohl „harte“ Faktoren, zum Beispiel Hochschulabschluss oder Fremdsprachenkenntnisse, als auch „weiche“ wie Teamfähigkeit und Durchsetzungsvermögen. Für die Stellenausschreibung werden die geforderten Qualifikationen nach Word transferiert, eingehende Bewerbungen werden im Bewerbermanagement-Modul erfasst. Aus diesen Bewerberdaten können die Sachbearbeiter bei Bedarf Zwischenbescheide, Einladungen, Absagen usw. generieren. „Ist die Bewerbung einmal im System drin, können wir sie danach für alles verwenden: für Serienbriefe, Profilabgleiche und dergleichen“, sagt Daniel Hilti, „und bei der Einstellung transferieren wir die Daten per Mausklick in einen Mitarbeiterstamm.“
Nacheinander werden „Hard Facts“ und „Soft Skills“ bewertet. Für den Soll/Ist-Vergleich werden nicht nur die Bewerbergrunddaten, sondern auch die Qualifikationen der Bewerber erfasst. Wenn die Bewerbungsfrist abgelaufen ist, führt das System mit sämtlichen Bewerberdaten einen Profilabgleich durch. Anhand von K.o.-Kriterien wird hierbei überprüft, wer überhaupt für die Stelle in Frage kommt. Anschließend generieren die Sachbearbeiter eine Liste der in Frage kommenden Bewerber und laden sie per Serienbrief zu einem Vorgestellungsgespräch ein. Im Gespräch beurteilt der Personalverantwortliche die „Soft Skills“ des Bewerbers und ergänzt sie in der elektronischen Bewerberakte. Danach erfolgt ein zweiter Profilabgleich.
Der grafisch dargestellte Profilabgleich dient sowohl der Rationalisierung der Prozesse als auch dem Zweck der Dokumentation: Jede Stellenbesetzung muss bei der Landesregierung mit schriftlicher Begründung beantragt werden. Daniel Hilti: „Bisher mussten wir die ganze Begründung ausformulieren. Künftig werden wir – sofern die Regierung mit dieser Neuerung einverstanden ist – den Profilabgleich in Form eines Balkendiagramms vorlegen und nur noch eine kurze schriftliche Ergänzung beifügen. Das würde eine enorme Arbeitserleichterung bedeuten.“
Mitarbeiter pflegen ihre Qualifikationsdaten selbst
In einer späteren Projektphase werden die Liechtensteiner auch das Modul für Seminarverwaltung und möglicherweise auch das Modul für Personalentwicklung und -bewertung einsetzen. Das Ziel ist ein Workflow folgender Art: Mithilfe des Personalinformations-Systems werden aktuelle und zukünftige Vakanzen ermittelt. Danach kann man entweder über eine Datenbankabfrage Mitarbeiter mit den geforderten Skills suchen oder Mitarbeiter mit Potenzial gezielt für diese frei werdende Stelle fördern. Über den Profilabgleich lassen sich die noch fehlenden Qualifikationen darstellen und mithilfe der Seminarverwaltung die nötigen Fortbildungsmaßnahmen buchen.
Um den Datenpflegeaufwand für das erforderliche Skill- und Anforderungsmanagement zu reduzieren, plant Daniel Hilti für das Jahr 2002, den Mitarbeitern Teile des Personalsystems via Intranet zur Verfügung zu stellen. Sie werden in Zukunft sowohl ihre Personalstammdaten als auch ihre Qualifikationen selbst in das System eingeben können. Das ist ein weiterer Schritt, um in der Personalabteilung mehr Zeit für das strategische Personalmanagement zu gewinnen – ein großer Teil der Datenverwaltungsaufgaben wird dann von den Mitarbeitern selbst erledigt.
Wichtige Voraussetzung für die Personalentwicklung: Interne Stellenbesetzungen
Was eine konsequente und systematische Personalentwicklung derzeit noch verhindert, ist das behördentypische Verfahren, Stellen öffentlich auszuschreiben. In Liechtensteins Landesverwaltung besteht zwar die Möglichkeit, Stellen intern auszuschreiben, jedoch wird bisher in der Regel immer noch die öffentliche Ausschreibung bevorzugt, vor allem in den Leitungsfunktionen und in den höheren Fachqualifikationen. Es wird angestrebt, die interne Ausschreibungsmöglichkeit zu forcieren, damit die Personalentwicklung professioneller durchgeführt werden kann. Dadurch würde die Landesverwaltung als Arbeitgeber an Attraktivität gewinnen, da die Mitarbeiter echte Karrierechancen bekommen würden.
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