Die zweitgrösste Krankenkasse der Schweiz, die CSS Versicherung AG, verarbeitet insgesamt rund ein Siebtel aller in der Schweiz anfallenden Kassenrechnungen, etwa sechs bis sieben Millionen Belege pro Jahr. Die manuelle Bearbeitung dieser Belegmenge war zu zeit- und kostenintensiv, zudem konnten für Auswertungszwecke nicht alle wichtigen Informationen erfasst werden. Ein grosses Potential sah die Geschäftsleitung deshalb in der Digitalisierung und Automatisierung des Posteingangs.

Aufgabe

„Die Versicherungen sind verpflichtet, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen einzudämmen. Unser Auftrag an die Interact Consulting AG bestand darin, die Effizienz bei der Bearbeitung des täglich anfallenden Papierbergs zu steigern. Durch die elektronische Indizierung und Erfassung erreichen wir somit in den nächsten vier Jahren Kosteneinsparungen in Millionenhöhe. Die automatisierten Abläufe wirken sich zudem auf den gesamten Betrieb positiv aus“ führt Dr. Reto Dahinden, Mitglied der Geschäftsleitung, den Projektauftrag aus.

Lösung

Um dieses Vorhaben zu realisieren, startete die CSS das Projekt ADLER: die automatisierte detaillierte Leistungserfassung von Rechnungen. Damit sollten erstens die Rechnungen digitalisiert und einem Dokumenten-Management-System (DMS) zur Verfügung gestellt werden. Zweitens sollte die Indizierung und Datenerfassung weitgehend automatisch erfolgen. Entsprechend legte die CSS grosses Gewicht auf die Funktionalität der Lösung und entschied sich für das gemeinschaftliche Angebot der Interact Consulting AG und der IBM Schweiz. Ausschlaggebend waren dabei der konsequente Einsatz von erprobten Standardprodukten, die hohe Skalierbarkeit der Komponenten sowie die grosse Erfahrung und Professionalität der Anbieter bei der Realisierung von Document Imaging- und Document Management-Systemen. Als „Document Imaging“ wird der Prozess beschrieben, bei dem elektronische Abbilder von Papierdokumenten erzeugt und weiter verarbeitet werden. Die Erzeugung solcher Abbilder erfolgt in der Regel über Scanner, Kameras oder ähnliche Geräte.

Scanning

Die gebräuchlichste Form zur elektronischen Dokumenten-Abbildung ist das Scanning. Dieses kann auf verschiedene Weisen erfolgen, die Geräte werden dabei nach der Leistung, den zu verarbeitenden Papierformaten, den Bildverbesserungsmöglichkeiten, den Papiereinzügen usw. unterschieden.

Bildverarbeitung

Gescannte Bilder können in ihrer rohen Form in der Regel bereits verwendet werden. Moderne Document Imaging-Lösungen führen jedoch noch Prozesse zur Bildverbesserung durch. Ein gut vorbereitetes Bild kann danach zum Beispiel mit einer automatischen Zeichenerkennung weiterverarbeitet werden.

Zeichenerkennung

Bei der Zeichenerkennung wird das elektronische Abbild der Seite in Form von Bits nach bekannten Mustern durchsucht. Dazu gibt es verschiedene Arten:

Barcodeerkennung: Hier wird nach den bekannten Linienstrukturen eines Barcodes gesucht. Der Fachbegriff dazu heisst „Optical Barcode Recognition (OBR)“

Erkennen von Markierungen: Auf verschiedenen Dokumenten – z.B. Formularen – befinden sich Felder, die mit einem Kreuz markiert werden können. Bei der „Optical Mark Recognition (OMR)“ werden diese Bereiche überprüft und Markierungen automatisch erkannt.

Erkennen von Maschinenschrift: Mittels angepasster SoftwareModule – so genannten „Engines“ – werden Texte vom elektronischen Dokument gelesen. Die verwendeten Engines unterscheiden sich nach ihren Möglichkeiten, verschiedene Schriftarten oder verschiedene nationale Zeichensätze erkennen zu können. Dieser Prozess wird als „Optical Character Recognition (OCR)“ bezeichnet.

Erkennen von Handschriften: Spezialisierte OCR-Engines haben darüber hinaus noch die Möglichkeit, handschriftliche Informationen zu erkennen. Die meisten Systeme beschränken sich dabei auf so genannte Blockhandschriften, d.h. handschriftliche Texte in Einzelbuchstaben (keine Schnurschrift) oder einzelne Zahlen.

Formularerkennung

Bei der Formularerkennung wird das elektronische Dokument vor der eigentlichen Texterkennung nach bekannten Mustern einer Vorlage („Template“) durchsucht. Wird eine passende erkannt, werden die einzelnen Felder auf dem Formular ausgelesen. Diese Bereiche lassen sich in der Regel genauer beschreiben z.B., ob sich darin ein Barcode, eine Markierung, ein Text in Maschinenschrift oder handschriftliche Informationen befinden. Je nach System wird die Formularvorlage von den Nutzdaten getrennt, um so etwa eine bessere Erkennung zu gewährleisten und um Platz bei der Archivierung zu sparen.

Überprüfung

Auch die besten „Document Imaging“-Systeme sind nicht unfehlbar. Aufgrund der maschineneigenen Logik versucht das System, einen bestmöglichen Treffer zu generieren. Diese werden in der Regel mit Wahrscheinlichkeiten versehen. Bei der Überprüfung der erkannten Informationen, welche man dem System überlässt, kann das Vertrauen mit so genannten Schwellwerten bestimmt werden. Die Schwellwerte regeln die Anzahl der zu erwartenden Rückweisungen („Rejection“) und falschen Erkennungen („Substitution“).

Praxisablauf

Im Durchschnitt treffen täglich rund 20 000 Belege bei der CSS ein. Nach der Stapelbildung werden alle Belege im zentralen Scan-Center digitalisiert. Zur Automatisierung der Indizierung werden zwei Hilfsmittel eingesetzt: Barcodes, mit denen die Versicherten ihre Rechnungen versehen, werden vollautomatisch gelesen (auf ca. 50% der Rechnungen vorhanden). Mittels OCR sucht das System auf den gesamten Belegen nach Indexinformationen (Versichertennummer oder Geburtsdatum kombiniert mit Name, Vorname, Adresse). Durch einen automatischen Abgleich mit der Kundendatenbank werden so weitere 25% der Belege vollautomatisch indiziert. Für den Rest liefert das System Vorschläge, die in der manuellen Indizierung kontrolliert werden.

Automatische Datenerfassung

Mit Hilfe der Technik der freien Belegverarbeitung wird der gesamte Beleg vom System gelesen. Aufgrund vordefinierter Regeln werden die verschiedenen Belegtypen voneinander unterschieden (Arzt-, Spital-, Laborrechnungen usw.). Anschliessend werden die entsprechenden Detailinformationen automatisch erfasst. Dabei ist es auch möglich, komplexe Informationen – wie unterschiedlich gestaltete Abrechnungstabellen – zu erkennen und zu verarbeiten.

Diese automatisierte Art der Datenerfassung reduziert die manuelle Tätigkeit auf ein Minimum, wodurch die Verarbeitungskosten massiv gesenkt werden. Zudem stehen mehr Detailinformationen für das Datawarehouse bereit. Die Arbeit der CSS-Mitarbeitenden hat sich mit dem System von der Datenerfassung hin zur Rechnungskontrolle verlagert. Nach der erfolgreichen Implementierung wurde bei der Krankenkasse somit das papierlose Büro eingeführt. Im zentralen DM-System stehen jetzt alle Belege in elektronischer Form zur Verfügung, das ermöglicht nun ein schnelles Auffinden einzelner Belege und erhöht damit die Auskunftsbereitschaft bei Kundenanfragen. Abschliessend resümiert Dr. Reto Dahinden: „Diese Effizienzsteigerung wurde erst durch den Einsatz modernster Technologie erreicht.“

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