Die Welle der Konsolidierung und Integration erfasst neues Land. Nach der Hardware kam die Software und nun sind offensichtlich ganze Software-Häuser mit all ihren Produkten von dieser Welle um-, oder schon überspült. Der vermeintlich im Wettbewerb stehende Anbietermarkt findet sich und versucht mit unterschiedlichen Argumenten, die Anwender von der Notwendigkeit der Zusammenschlüsse zu überzeugen. Auch Herr Dr. Hannes Merten, Vorstandsvorsitzender der SoftM AG, war in der Vergangenheit öfter mal „beim Einkaufen“. Wie er die Marktsituation heute sieht und die Zukunft einschätzt, hat Michael Wirt ihn befragt. Michael Wirt: Welche Beweggründe stehen aus ihrer Sicht hinter der Verbindung Agilisys/Infor?

Dr. Hannes Merten: Wenn Sie die Geschäftsergebnisse von Infor in den vergangenen Jahren betrachten, wird deutlich, dass über einen längeren Zeitraum hohe Verluste gemacht wurden. Die Großaktionäre haben jetzt offenbar keine Geduld mehr.


Dr. Hannes Merten, Vorstandsvorsitzender der SoftM AG

Michael Wirt: Infor reiht sich ein in eine Serie von Übernahmen im ERP-Markt – man denke nur an Brain, Bäurer, Baan und J.D. Edwards.

Dr. Hannes Merten: Bei Brain, Bäurer und Baan handelte es sich – wie übrigens auch bei Softmatic und Westernacher – um Konkurse, die weniger auf die Marktsituation und äußere Faktoren als auf hausgemachte Probleme zurückzuführen waren: Überzogene Expansionsstrategien, wirtschaftlich nicht durchdachte Akquisitionen, überhöhte Kosten und andere Managementfehler. Übernahmen wie die von Infor und J.D. Edwards sowie die angekündigte Beteiligung von SAP an DCW sind eher als typische Phänomene im Zuge einer Marktkonsolidierung zu verstehen. Zur gegenwärtigen Häufung von Übernahmen hat zusätzlich beigetragen, dass ERP-Anbieter an den Börsen derzeit vergleichsweise gering bewertet sind. Investorengruppen, wie sie hinter SSA und Agilisys stehen, ergreifen diese Gelegenheit; sie halten das ERP-Geschäft offenbar für profitabel.

Michael Wirt: Sehen Sie einen generellen Trend zur Marktkonzentration?

Dr. Hannes Merten: Der ERP-Markt ist auf dem Weg in ein neues Reifestadium. Von einer polypolen Struktur mit über 100 Anbietern entwickelt er sich zur oligopolen Form. Wie in anderen reifen Märkten wird aber auch im ERP-Bereich keine monopole Struktur entstehen. Es wird dauerhaft ein Spektrum von Anbietern für die verschiedenen Segmente des Marktes geben. Nach unserer Einschätzung werden dies Anbieter sein, die Schwerpunkte in bestimmten Anwendungsbereichen setzen und über besondere Branchenkompetenz verfügen.

Michael Wirt: Besteht denn überhaupt noch Wachstumspotenzial im ERP-Markt?

Dr. Hannes Merten: Gerade in unserer Zielgruppe, dem Mittelstand, besteht ein erheblicher Bedarf. Nachfrage resultiert zum einen aus Wachstumsfirmen, die ab einer gewissen Größe dringend eine ERP-Lösung einführen müssen. Darüber hinaus besteht erklecklicher Ablösebedarf von veralteten Standardsoftware-Produkten und Individuallösungen, die an ihre Grenzen stoßen. Diese Nachfrage hat ja auch die ursprünglich auf Großunternehmen fokussierten Anbieter wie SAP, Oracle und Peoplesoft in jüngster Zeit veranlasst, Mittelstandsinitiativen zu starten.

Michael Wirt: Wie will sich SoftM im Wettbewerb mit diesen Global Players behaupten?

Dr. Hannes Merten: Wir sehen uns besser aufgestellt, den mittelständischen Markt zu bedienen als die gerade erwähnten Anbieter, die aus dem Großkundengeschäft kommen. Wir haben unsere Software für die Zielgruppe Mittelstand entwickelt, verstehen die Probleme des Mittelstandes und sprechen seine Sprache. Wir verfügen über besondere Kompetenz für bestimmte Branchen, insbesondere im Bereich der Prozessfertigung – Lebensmittel, Pharma, Chemie, Kosmetik – sowie für den Großhandel und die Zulieferer großer Handelsketten. Und wir setzen einen besonderen Schwerpunkt im Bereich der Rechnungswesenlösungen für den Mittelstand. Hier wurde unsere Position durch die beabsichtigte Beteiligung von SAP an DCW weiter gestärkt, weil damit ein wichtiger Mitbewerber in diesem Marktsegment voraussichtlich nicht mehr anbieten wird.

Michael Wirt: Wird auch SoftM auf das Mittel ‚Übernahme‘ setzen, um die eigene Marktstellung auszubauen?

Dr. Hannes Merten: Wir haben dieses Mittel in der Vergangenheit bereits erfolgreich eingesetzt. Ich erinnere an die Akquisition von Schilling Software in 1998 und die Übernahme der DKS Produktlinie in 2001. Dadurch haben wir unsere Position im Bereich der Rechnungswesenlösungen für den Mittelstand wesentlich gestärkt und gleichzeitig Cross-Selling-Potenzial für unsere ERP-Anwendungen in diesen Kundengruppen erschlossen, das immer mehr Früchte trägt. Wir werden auch in Zukunft das Mittel der Akquisition von Firmen dort gezielt einsetzen, wo sich Gelegenheit zur Stärkung unserer Position in den von uns fokussierten Märkten bietet.

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