Im Jahr 2001 hat IBM mehr als eine Milliarde Dollar in Linux investiert: in Hardware, Software und Services. Damit floss rund ein Fünftel des gesamten Forschungs- und Entwicklungsetats in das Unix-ähnliche Open-Source-Betriebssystem. 11 Prozent der von Big Blue in 2001 auf Mainframes ausgelieferten MIPS (Million Instructions per Second) basierten auf Linux. Während das IBM’sche Engagement von so manchem Kritiker als Sterbehilfe für die eigenen Betriebssysteme interpretiert wird, bleibt der eServer-Lieferant gelassen: Nicht Kannibalisieren, sondern logische Ergänzung sei gefragt. Den Linux-Weg, den IBMs Ex-CEO Louis V. Gerstner seiner weltweiten Mannschaft noch geebnet hatte, nimmt diese mit spürbarer Begeisterung. Stolz betont Jörg Ludwig, Direktor Linux Marketing & Sales Support bei IBM, dass die ersten Schritte in Richtung Linux von Deutschland ausgingen. „Mit Linux verhielt es sich bei IBM wie bei den meisten Unternehmen“, erklärt er, „man hat zunächst nach Feierabend und quasi undercover begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.“ Im Böblinger Labor wurden die ersten Gehversuche auf einer S/390 gemacht. Inzwischen kann die gesamte eServer-Line Linux – einschließlich iSeries. Innerhalb ihrer IBM DB2-, WebSphere-, Lotus- und Tivoli-Software-Familien hat Big Blue ebenfalls auf das Betriebssystem aus der Feder von Linus Torvalds gesetzt und bis dato mehr als 50 Pinguin-Lösungen im Programm.
Linux-Services
Die dritte Säule des IBM’schen Open-Source-Geschäftes heißt Dienstleistung. Neben Projekt-Support bietet das Unternehmen auch Professional Services an. Nach dem offiziellen „Go!“ durch das Management hätten sich viele Kollegen als längst Linux-affin und Open-Source-erfahren „geoutet“. Dass derlei Abtrünnigkeit sich auszahlen kann, beweisen schnelle Erfolge bei Linux-begeisterten Kunden.
Training & Education sind ebenfalls interessante Umsatzträger. Die dritte Services-Säule bilden die Support-Line-Verträge. Wer auf eine der großen Linux-Distributionen setze, könne auf Wartung durch IBM vertrauen. Die hat in den hauseigenen Linux-Centern nicht nur umfassendes Know-how gebündelt, sondern auch Rückversicherungsverträge mit den großen Distributoren abgeschlossen. Will der Kunde Linux aus einer Hand, agiert IBM als General- und Red Hat oder SuSE als Subunternehmer.
Linux on iSeries
Auch die iSeries ist inzwischen von Pinguinliebe besessen. Ein Zuhause bekommt das possierliche Tierchen hier in einer eigenen Partition. Viele ISVs im Umfeld des Midrange-Servers haben schon Teile ihrer Software-Angebote oder auch komplette Lösungen auf Linux portiert.
In Montpellier hat Big Blue eine Maschine installiert, die von den Software-Partnern als Testumgebung für Linux genutzt werden kann. Zur Zeit arbeiten diese für einen Zeitraum von jeweils 30 Tagen via Internet-Verbindung kostenlos auf einer i840 als 24-Wege-System. IBM will aber für ihre Partner schon bald aufrüsten: auf das neueste High-End-Modell i890.
Novitäten zu erwarten
Im iSeries-Umfeld sind laut Andreas Heincke, Senior Consultant IBM eServer iSeries, einige Novitäten zu erwarten. Dazu gehört die Symantec Firewall und das ERP-Paket des Partners SAGE. Auch die lokalen ISVs sind in Sachen Linux aktiv; SoftM z.B. hat Teile ihrer SoftM Suite portiert. Die Personal-Anwendung der P&I läuft ebenfalls unter Linux; andere Ankündigungen werden folgen.
Viele Business-Partner bieten Support bei Konsolidierungsprojekten an und auch IBM hat ihre Richtung schon vorgegeben. Sie will den WebSphere Application Manager native unter iSeries zur Verfügung stellen, ebenso die DB2 UDB in der neuen Version.
Erweiterung bei LPAR
Erst im Oktober hatte IBM Partitionierungs-News veröffentlicht. Bis dato war die Zahl der möglichen Partitionen pro Prozessor auf vier begrenzt, jetzt sind es im Bereich Linux maximal zehn. „Wobei die Primär-Partition nach wie vor eine OS/400-Partition sein muss“, erläutert Heincke. Schon auf einer Ein-Wege-Maschine sind so bis zu neun Linux-Partitionen möglich. Kunden, für die Linux bereits ein Thema sei, hätten diese Möglichkeit mit großem Interesse aufgegriffen.
Seit dem Oktober-Announcement ist auch das Disk-Management für die Linux-Partitionen in OS/400 komplett integriert, was im Hinblick auf die Datenverwaltung eine hohe Flexibilität und Schnelligkeit sicherstellt. Die enge Verbindung zwischen OS/400 und Linux sei dabei kein IBM-Geheimnis. Der Linux-Code stehe zur Verfügung und könne von jedermann eingesehen und genutzt werden. Richtig rund wird das Angebot nach Worten Heinckes dann, wenn die Absichtserklärung umgesetzt und die DB2 unter Linux zur Verfügung stehen.
Los geht’s
„Wenn Kunden sich erst mal mit dem Thema Linux auseinandergesetzt haben, dann bleiben sie auch dabei“, weiß Jörg Ludwig. Es gelte zunächst, die Hemmschwelle zu überwinden, die bei iSeries- und zSeries-Usern etwa gleich hoch sei. Gute Argumente wie Stabilität, einfaches Management, Performance, Skalierbarkeit und die Integrationsfähigkeit mit anderen Plattformen sprächen aber für das Open-Source-Betriebssystem.
Natürlich ist die TCO-Thematik inzwischen ziemlich abgelutscht, dennoch bleibt sie aktuell. Die Kosten über alles böten immer noch beste Argumente für den Midrange-Lastesel der IBM, wissen Heincke und Ludwig. Paart man den Integrationsserver mit Linux, ist die Quintessenz bestimmt kein störrischer Pinguin. Heraus kommt vielmehr eine verlässliche und kostengünstige Plattform, die gleich vier Betriebssysteme gleichzeitig beheimaten könnte. Hier lebt dann Linux friedlich neben OS/400, AIX (mittels PASE) plus Windows 2000 und ist fleischlos glücklich. Von Kannibalismus (bisher) keine Spur…
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