Schon seit den Anfängen der IT besteht der Wunsch nach dem jederzeit möglichen Zugriff auf Daten. Mit Trennung der festen Bindung der Darstellung an die guten alten Terminals der AS/400 und der Verfügbarkeit des „Clients“ haben sich auch die Möglichkeiten eines fernen Zugriffs auf das Host-System mit den Jahren sehr stark weiter entwickelt.
Waren es zunächst die Modem-Verbindungen, so wurden deren Geschwindigkeits-Defizite durch die Anbindung an schnellere Übertragungsmedien mit der Zeit vollständig ersetzt. Heute gibt es fast kein System mehr, das nicht über das Intranet (oder auch das Internet) erreichbar wäre. Auch die einst so abgeschottete iSeries ist mittlerweile häufig in das Netz eingebunden, so dass auch ein autorisierter Zugriff von außen problemlos möglich ist.
VPN bietet in vielen Fällen eine ideale Möglichkeit, auf die Daten der iSeries zuzugreifen. Leider basieren viele Lösungen auf das Vorhandensein von spezieller Client-Software – wie zum Beispiel iSeries Access oder vergleichbare Produkte von Drittanbietern. Das ist ein Manko – zumindest dann, wenn man „gerade einmal“ keinen Arbeitsplatz, kein Notebook oder Handheld mit einer entsprechenden Emulations-Software parat hat.
Genau für solche Fälle hat IBM ein weiteres „Stück Software“ im Portfolio, mit dem ohne Zusatz-Software auf dem Client ein 5250-Zugang (oder besser: ein 5250-ähnlicher Zugang) auf die iSeries möglich ist. Diese Software steht in einer direkten Abhängigkeit zu einem Anwendungs-Server, denn sie benötigt für die Ausführung eine Zusatzebene in Form eines Anwendungs-Servers, wie IBM ihn mit den verschiedenen WebSphere Application Servern bietet.
Der Vorteil dieser Software:
Sie benötigen lediglich einen Internet-Zugang und ein Benutzer-Login auf die iSeries und schon haben Sie einen Zugriff auf Ihr System – ohne jegliche Emulations-Software. Damit besteht theoretisch die Möglichkeit des Zugriffs auf Ihr System von jedem, mit dem Internet verbundenen Rechner. Voraussetzung ist lediglich ein erforderliches Lizenzprogramm seitens der iSeries, das optional installiert werden kann, und natürlich die erforderliche Berechtigung, auf die Daten der iSeries zugreifen zu können.
Die Rede ist in diesem Fall von einem Produkt, das IBM im Rahmen der iSeries Access-Familie anbietet: iSeries Access for Web.
iSeries Access for Web ist Bestandteil der iSeries Access-Familie (5722-XW1), das als zusätzliches Lizenzprogramm (5722-XH2) installiert werden muss. Allgemein gesagt, stellt iSeries Access for Web einen Browser-gestützten Zugang auf die iSeries zur Verfügung, der neben der Simulation einer 5250-Umgebung auch weitere Standard-Funktionen, die im Zusammenhang mit iSeries-Daten, iSeries Objekten und allgemeinen, administrativen Aufgaben benötigt werden, beinhaltet.
Die Basis von iSeries Access for Web bilden verschiedene Standard-Technologien wie Java-Servlets, HTTP, HTTPS und HTML. In diesem Zusammenhang ist auch der Einsatz dieses Tools in Verbindung mit einem Anwendungs-Server zu sehen. In der neuesten Version V5R3M0 besteht außerdem die Möglichkeit, iSeries Access for Web mit Hilfe einer Portlet-Version in einen WebSphere Portal Server einzubauen und dort einen Zugriff auf die iSeries-Informationen zu erhalten. Dabei unterstützen sowohl der „WebSphere Portal Server“ als auch die Express-Variante – der „WebSphere Portal Server Express“ – die Ausführung des iSeries Access for Web Portlets. Mit dieser Technologie sollen dann Systemintegration sowie auf den Benutzer abgestimmte Oberflächen eine Optimierung der Arbeit bedeuten. Da ist dann auch der direkte Zugriff auf die iSeries-Anwendungen sinnvoll.
IBM bietet grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, iSeries Access for Web auf einer iSeries auszuführen. Für die Ausführung des Server-basierten Teils ist ein Anwendungs-Server – wie zum Beispiel der WebSphere Application Server Express – erforderlich, der ebenfalls auf der iSeries installiert wird. Alternativ dazu kann die Software auch in Verbindung mit einem ASF-Tomcat ausgeführt werden.
Ich möchte mich mit diesem Artikel nicht auf die Installation und Konfiguration beziehen, denn dazu findet man auf den Web-Seiten der IBM ausreichende und gute Informationen. Vielmehr soll das Einsatzspektrum des iSeries Access for Web ein wenig deutlicher gemacht werden.
Schauen wir uns zunächst die Grundfunktionen im Allgemeinen an.
Durch den modularen Aufbau eignet sich iSeries Access for Web auch für verschiedene Web-Anwendungen. Primäre Einsatzbereiche sind allerdings die klassischen iSeries-Anforderungen – wie zum Beispiel:
Die Übersicht der Funktionen lässt schnell den Eindruck entstehen, dass iSeries Access for Web eine perfekte Lösung für den Browser-gestützten Zugriff auf die iSeries darstellt – was auch sicher für die eine oder andere Anforderung der Fall ist. Der Einsatz von iSeries Access for Web eignet sich hervorragend für einen schnellen Zugriff auf die iSeries – zum Beispiel, um einmal schnell einige Daten anzeigen zu lassen, eine administrative Tätigkeit durchzuführen oder andere, nicht zu komplexe Arbeiten zu erledigen.
Sicher sind die Funktionen weitreichend und für viele Anforderungen als Lösung geradezu ideal – vor einem sollte jedoch „gewarnt“ werden:
Es wäre einfach zu schön und zu einfach, wenn diese Lösung „die“ Lösung für einen Client-Software-unabhängigen Zugriff wäre. Was aus der Literatur und leider auch aus einigen Vorträgen nicht wirklich hervorgeht, ist die Tatsache, dass die Bezeichnung „iSeries Access for Web“ zu global gefasst ist – eine Bezeichnung wie zum Beispiel „iSeries Admin-Access for Web“ wäre deutlich treffender! Der Einsatz eignet sich nämlich nicht als globaler 5250-Arbeitsplatz-Ersatz für den „normalen“ Anwender, sondern vielmehr als Hilfsmittel für den Administrator oder den „erfahrenen“ User.
Der Hintergrund ist einfach: Obwohl eine Vielzahl der 5250-Funktionen über den Browser-Zugriff abgedeckt werden können, fehlen dennoch einige, für die eine oder andere Anwendungs-Software unbedingt erforderlichen Funktionen – wie zum Beispiel das Rechtsbündig-Stellen von Feldinhalten mit einer Feldausgangstaste.
Schauen wir uns zunächst einmal die Kommunikation zwischen einer klassischen 5250-Anwendung und dem Benutzer an. Hier wird die Verarbeitung in der Regel „bildschirmweise“ durchgeführt.
Bei der Ausführung von iSeries Access for Web wird nach dem Verlassen eines Feldes in einer 5250-Emulation ein Request an den Server gesendet. Das bedeutet, dass ein ständiges Hin- und Her in Bezug auf die zu übertragenden Bildschirminhalte erfolgt – das hat keinen positiven Einfluss auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit – im Gegenteil!
An dieser Stelle auch ein Tipp: Bei einem Test innerhalb eines Firmennetzwerkes mit einer entsprechenden Bandbreite ist der Zugriff meist gut. Für einen Remote-Zugriff sollte auf jeden Fall ein Test über einen externen Zugang – Internet, Modem oder einer sonstigen Kommunikationsbasis – erfolgen. Häufig sind die Ausführungsgeschwindigkeiten bei externen Zugriffen deutlich schlechter als über das interne Netzwerk!
Diese Einschränkungen sind auch der Grund, warum IBM-Experten vor dem Einsatz des iSeries Access for Web als reinen Ersatz (und Dauereinsatz) für eine 5250-Emulation abraten. Für einen temporären Zugriff auf Informationen ist dieses Tool sicher sehr gut geeignet – denken wir einmal an verschiedene administrative Tätigkeiten. Auch für erfahrene (!) Anwender, die hin und wieder einmal auf Daten zugreifen wollen, ist der Einsatz von iSeries Access for Web sicher eine gute Wahl.
Aber schauen wir uns die Möglichkeiten einmal genauer an:
Wie bereits gesagt, basiert iSeries Access for Web auf dem Einsatz des Lizenzprogramms 5722-XH1 oder 5722-XH2 (in Abhängigkeit der OS/400-Version). Darüber hinaus benötigen wir einen Anwendungs-Server, der die Schnittstelle zwischen der iSeries und dem Anwender (sowie dem Web-Server, der ebenfalls installiert sein muss) darstellt.
Für den Arbeitsplatz, über den auf die iSeries zugegriffen werden soll, gelten als Mindestvoraussetzungen:
Die nachfolgende Abbildung skizziert diesen Ablauf schematisch:
iSeries Access for Web: Schematischer Ablauf – stark vereinfacht!
In der oberen Abbildung stellt ein Client, der wahlweise über das Internet und einer VPN-Verbindung, über ein internes Netzwerk oder über eine vergleichbare Verbindung auf die iSeries zugreifen kann, eine Verbindung zum Web-Server her (Schritt 1). Dabei ist es zunächst unerheblich, ob sich dieser Web-Server auf der iSeries oder einem anderen System befindet.
Dieser Zugriff wird dann an einen Anwendungs-Server weitergeleitet (Schritt 2). Dieser kann beispielsweise ein WebSphere Application Server sein, der sich auf demselben oder einem anderen System befindet. Allerdings muss der Web-Server für die Verwendung mit dem Anwendungs-Server konfiguriert worden sein. Der Anwendungs-Server nutzt jetzt die Funktionen des zusätzlich installierten Lizenzprogramms 5722-XH2 (iSeries Access for Web) und setzt die Anforderungen entsprechend um. Das Ergebnis wird dann über den Browser aufbereitet und dem Anwender zur Verfügung gestellt (Schritt 3).
Schauen wir uns die Basisfunktionen im Überblick an:
Grundsätzlich lassen sich alle Funktionen aus dem Navigationsbereich im linken Anzeigenabschnitt aufrufen.
Funktionsauswahl
Die wohl wichtigste Funktion stellt die 5250-Emulation dar. Hiermit bekommt der Anwender die Möglichkeit, auf die iSeries mit Hilfe einer in einem Browser simulierten 5250-Oberfläche auf die iSeries zugreifen zu können. Leider sind nicht alle 5250-Funktionen unterstützt!
5250-Emulation
Der Aufbau der Konfiguration ist ähnlich des Verfahrens bei der Verwendung von iSeries Access. Wir müssen hier den Server – also den Namen der iSeries – angeben, gefolgt von dem Port sowie der Codepage.
Die Voreinstellungen können in der Regel übernommen werden.
Nach Eingabe bzw. Übernahme der erforderlichen Daten wird mit einem Klick auf „Sitzung starten“ eine Anforderung an den HTTP-Server übertragen, der wiederum diese Anforderung an den Anwendungs-Server (in unserem Fall handelt es sich dabei um einen WebSphere Application Server Express 5.1) überträgt.
Das Ergebnis ist dann eine Anzeige, die in ihrem Aufbau sicher vergleichbar mit einer klassischen 5250-Startseite ist.
5250 Signon-Bildschirm im Browser
Hier werden die meisten – leider nicht alle – Funktionstasten unterstützt. Nach einer Verwendung der „Datenfreigabe-Taste“ erhalten wir nach dem Anmeldebildschirm die Startseite unserer Anwendung. In unserem Beispiel ist dies das Menü „Main“ der i5/OS.
Main-Menü im Browser
Jetzt kann weitestgehend nach Gewohnheit gearbeitet werden. Wie bereits erwähnt, kann es bei der Arbeit in Abhängigkeit mit den verschiedenen, performance-beeinflussenden Faktoren zum Teil zu langsamen Ausführungsgeschwindigkeiten kommen.
Neben der 5250-Emulation bietet iSeries Access for Web einige weitere, für die Administration sehr wichtige Funktionen:
Der Zugriff auf Druckereinheiten und Druckerausgaben ist häufig in Verbindung mit der Fehlersuche eine sehr wichtige Funktion. Diese wird unter iSeries Access for Web in den verschiedensten Ausprägungen zur Verfügung gestellt. Neben der Anzeige und Verwaltung von Druckausgaben auf der iSeries können auf diesem Wege auch Internet-Drucker eingerichtet werden. So lassen sich auch einmal schnell Druckausgaben auf einen Internet-Drucker umleiten; das kann zum Beispiel auch ein Drucker in Ihrem Home-Office sein.
Druckausgaben verwalten
Ähnlich wie das Arbeiten mit Druckausgaben wird auch die Arbeit mit Ausgabewarteschlangen (OUTQs) unterstützt. Diese lassen sich aus dem Browser heraus administrieren – also zum Beispiel auch freigeben. Das ist leider eine allzu häufige Aufgabe für Administratoren.
Arbeiten mit Ausgabewarteschlangen
Nachrichten
Die Nachrichtenverarbeitung stellt einen wesentlichen Teil der täglichen Arbeit eines Administrators dar.
Arbeiten mit Nachrichten
Neben der Anzeige von verschiedenen Nachrichten bzw. Nachrichtenwarteschlangen können sowohl Standard-Nachrichten als auch Durchbruchnachrichten erzeugt werden.
Datenbank
Eine wirklich interessante Möglichkeit ist der Zugriff auf die Datenbank der iSeries. Mit der entsprechenden Berechtigung können Sie auf die Daten der iSeries zugreifen, diese anzeigen oder auch manipulieren, indem Sie Datensätze verändern, löschen oder hinzufügen.
Zugriff auf Dateien der DB2/UDB
Auf Wunsch können Sie auch SQL verwenden, das in iSeries Access for Web integriert ist.
SQL-Unterstützung
Neben diesen Funktionen stehen außerdem Zugriffe auf Dateien des IFS sowie verschiedene Download-Funktionen zur Verfügung.
Im Bereich „Befehle“ können Sie zudem Befehle ausführen – also bei Bedarf auch Programme etc. starten.
Befehlsausführung
Wie Sie sehen, bietet iSeries Access for Web eine Menge an Standard-Funktionen, mit denen administrative Aufgaben im Bereich der iSeries hervorragend auch einmal ohne installierte Client-Software nur mit Hilfe eines Browsers realisiert werden können.
iSeries Access for Web ist eine für geübte Anwender sicher sehr sinnvolle Alternative für den Einsatz von zum Teil sehr teurer Client-Software, wie sie unter anderem auch für PDAs & Co. zur Verfügung steht.
Aber wie bereits gesagt: iSeries Access for Web eignet sich nicht für den täglichen Einsatz eines „normalen“ Anwenders. Für einen solchen Einsatz wäre eine Client-basierte Software (z.B. die 5250-Emulation des iSeries Access) und eine entsprechend VPN-Verbindung sicher sinnvoller. IBM bietet aber auch für Anwender eine Möglichkeit des Zugriffs auf die Anwendungen der iSeries – und das auch ohne zusätzliche, auf dem Client installierte Software. „Host on Demand“ heißt hier die Lösung – ein Produkt, das ebenfalls als Lizenzprogramm für die iSeries verfügbar ist und das als klare Zielgruppe die klassischen Anwender anspricht, die für ihre tägliche Arbeit einen flexiblen, vorkonfigurierten und sicheren Zugang zur iSeries benötigen.
Fachautor: Jörg Zeig