Mittelständische Anwenderunternehmen stehen vor großen Herausforderungen: Zum einen ist ein Geschäftsbetrieb 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche nötig – und das braucht eine passende IT-Infrastruktur. Zum anderen wollen sich die Unternehmen auf ihr Business fokussieren – der Betrieb der IT gehört dabei vielfach nicht zu den Kernkompetenzen der Unternehmen. Hier kommt das von Marktforschern geprägte Modewort „Bimodale IT“ ins Spiel. Wolfgang Greulich, Inhaber von WS Datenservice, erklärt im Interview mit dem Midrange Magazin (MM), welche Auswirkungen dieser Trend für mittelständische Anwenderunternehmen hat.
MM: Bimodale IT – die Legacy selbst betreuen und das Neue in die Cloud rausgeben. In welcher Weise betrifft das ein Systemhaus wie die WS Datenservice?
Greulich: Es gibt – wie so oft – beide Spielarten. Einige Anwenderunternehmen geben die IT aus strategischen Gründen nicht heraus. Das sind meistens große Kunden, die aus dem Ausland gesteuert werden. Die klassischen Mittelständler hingegen, die wir schon seit Jahren betreuen, wollen alle die physikalische Infrastruktur nicht mehr im eigenen Haus vorhalten. Da gibt es einen eindeutigen Trend.
MM: Wie sieht das vom Umsatzpotenzial her aus?
Greulich: Wir könnten da noch viel mehr Business über diese Schiene abwickeln, allerdings gibt es für uns immer wieder einen Flaschenhals: Man benötigt qualifiziertes Personal, um diese Projekte zu stemmen. Allerdings wollen nicht alle sofort umstellen.
MM: Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Greulich: Diese Anwenderunternehmen signalisieren uns, dass sie mit der aktuell bei ihnen im Einsatz befindlichen Hardware noch nicht umstellen wollen. Doch für die nächste Generation steht dann das Outsourcing als günstigere Alternative für sie mit einer sehr hohen Priorität auf der Agenda.
MM: Welche Argumente verhindern die Umstellung zu einem früheren Zeitpunkt?
Greulich: Das sind bei den IT-Abteilungen der Anwender meist die Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz. Doch aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen muss ich sagen: Dieses Problem tritt eigentlich nie auf. Die IT-Mitarbeiter beim Anwender haben bei einem kompletten Outsourcing lediglich keine zusätzlichen eigenen Aufwände für die Hardware – wir stellen diese Umgebungen bereit – und in der Regel genügend neue Aufgaben zu stemmen, etwa wenn sie das Business selbst besser unterstützen sollen.
MM: Wissen die Anwenderunternehmen stets genau, welche Lösung für sie am besten passt?
Greulich: Da muss man in den Gesprächen mit den Kunden immer ganz genau hinhören. Nur so lässt sich bestimmen, was sie genau haben möchten. Das lässt sich in der Regel auch sehr gut adaptieren und dann gilt es für uns, die Vorteile der Outsourcing-Lösung klar und deutlich zu benennen. Jemandem etwas „aufs Auge zu drücken“, das womöglich nicht gut passt, erweist sich immer als Bumerang.
MM: Wie wichtig sind für die WS Datenservice die traditionellen Infrastrukturprojekte im Vergleich zu den Managed Services?
Greulich: Über diese Projekte holen wir uns immer das notwendige Know-how. Dabei versuchen wir die jeweiligen Lösungen soweit aufzubereiten, dass sie als Vorlagen für Projekte im Managed Service-Umfeld herangezogen werden können.
Wolfgang Greulich, Inhaber von WS Datenservice: „Wir sind nach wie vor stark dem Thema Infrastruktur verpflichtet. Allerdings etablieren sich neue Bereiche, wie zum Beispiel Security oder das Cognitive Computing im Markt.“
Quelle: WS Datenservice
MM: Welche Rolle spielt der Managed Service-Bereich hinsichtlich des Umsatzvolumens?
Greulich: Wenn man größere, sechsstellige Infrastrukturprojekte für ein Anwenderunternehmen realisiert, fallen die Managed Service-Umsätze natürlich etwas ab. Doch man darf nicht vergessen, dass an den Manged Service-Umsätzen auch noch „kooperierende Dienstleistungen“ hängen. Denn im Grunde unseres Geschäftsmodells agieren wir als Dienstleister.
MM: Was bereitet Ihnen im Manged Service-Bereich das größte Kopfzerbrechen?
Greulich: Hersteller wie Citrix und VMware haben ihre Preismodelle in letzter Zeit mehrmals geändert. Da muss man dann als Managed Service Provider entsprechend reagieren können. Sinnvoll wäre da eine eigenständige Lösung, in die man die relevanten Parameter einträgt und die einem dann eine saubere Kalkulation für das Managed Service-Angebot liefert. Aber das müsste man sich von einem Programmierer schreiben lassen. Bislang behelfen wir uns noch mit Excel-Anwendungen, aber das ist halt nur eine nicht integrierte Lösung. Richtig interessant würde es, wenn man diese Werte dann noch in das unternehmenseigene Controlling einfließen lassen könnte.
MM: Wie viel müssen Sie Jahr für Jahr investieren?
Greulich: Wir nehmen jeden Monat viel Geld in die Hand, um die Systeme aktuell zu halten. Doch das schaffen wir mit den erwirtschafteten Mitteln, den Weg zur Bank müssen wir dabei nicht gehen.
MM: Wie wirkt sich die IBM-Strategie – hin zu mehr Software und Lösungen, verbunden mit Zukäufen von interessanten Unternehmen, wie zum Beispiel Resilient im Security-Bereich, – auf die WS Datenservice aus?
Greulich: Wir sind nach wie vor stark dem Thema Infrastruktur verpflichtet. Allerdings etablieren sich neue Bereiche, wie zum Beispiel Security oder das „Cognitive Computing“ im Markt. Wir haben sehr viele produzierende Unternehmen als Kunden und die wollen ganz eindeutig diese Produktionsebenen mitvernetzen. Industrie 4.0 ist da bei vielen in der Diskussion und erste Pilotprojekte werden genutzt, um Erfahrungen damit zu sammeln. Daher müssen wir uns auch in die Welt des IoT, des Internet of Things, begeben. Grundsätzlich ist das eine Frage der passenden, qualifizierten Manpower, die man für sein Unternehmen interessieren kann.
MM: Sind Sie für Themen wie Industrie 4.0 oder IoT schon vorbereitet?
Greulich: Durch unsere Cloud-basierten Lösungen haben wir da schon passende Ansätze, um für unsere Kunden Lösungen aufbauen zu können. Es ist kein Hexenwerk, eine Produktionsmaschine, die zum Beispiel 20 Sensoren besitzt, sicher mit dem Internet zu verbinden. Das ist für uns Standard – wir müssen lediglich die relevanten Protokolle beherrschen und schon läuft das Projekt.
MM: Allerdings geht es dabei ja auch um die Vielzahl der Schnittstellen, die man unterstützen können muss …
Greulich: Ja, aber das lässt sich über neue Geschäftskontakte realisieren. Unternehmen, die diese Schnittstellen beherrschen und Gateways zu den Produktionsanlagen bauen können, sind dabei wichtig. Da kann IBM helfen, denn über deren IoT-Zentrum in München sind interessante Kontakte herstellbar.
MM: Welche Wachstumsbereiche sehen Sie für die Power-Architektur?
Greulich: Der Umstieg auf SAP HANA und S/4HANA steht bei vielen SAP-Anwenderunternehmen auf der Agenda. Dabei ist Linux auf der Power-Architektur – also PowerLinux – die beste Basis für die künftige SAP-Umgebung. Diese Kombination eignet sich für derartige In-Memory-Konzepte, wie das SAP HANA nun mal ist, besser – verglichen mit den x86-Standardservern.
MM: Wie aufwendig gestaltet sich ein derartiger Umstieg – SAP bezeichnet diese Migration ja sogar als Konversion?
Greulich: Das ist ein großer Schritt für jeden Anwender und bringt auch viel Aufwand mit sich. Die Unternehmen sollten dabei die Vereinfachungsmöglichkeiten der neuen Software-Suite nutzen. Allerdings geht es dabei um viel mehr als nur um ein Aufspielen von neuer Software und das Einspielen der bestehenden Daten. Sinnvollerweise muss man da an alle Geschäftsprozesse ran.
MM: Was empfehlen Sie einem Anwenderunternehmen, das seine „traditionelle“ SAP-Umgebung derzeit auf der Power-Plattform betreibt?
Greulich: Es sollte auch die neue HANA-basierte Anwendungslandschaft auf der Maschine betreiben. Über die Virtualisierungs-Plattform PowerVM lassen sich IBM i- und PowerLinux-Systeme in virtuellen Maschinen auf derselben Hardware effizient betreiben. Und genügend Performance liefern die aktuellen Power-Plattformen, wie etwa die mit dem Power8-Prozessor, allemal.