Die Entscheidungsträger können heute auf immer mehr und vor allem auch auf differenziertere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung zurückgreifen. Nur leider fehlt oftmals die notwendige Verknüpfung der einzelnen Wissenskomponenten, was in der Folge zu lückenhaften Ergebnissen und damit zu einer gefährlichen Fehleinschätzung der Gesamtsituation führen kann. Im Zeitalter der Informationsgesellschaft sind daher jene Unternehmen im Vorteil, die aus den zunächst rein technologischen Möglichkeiten der Business Intelligence (BI) ein wahrhaft intelligentes Business zu entwickeln vermögen. Denn nur so lassen sich die Geschäftsprozesse vorausschauend und damit sicher steuern, hinterfragen und permanent überprüfen. Stellen Sie sich vor, Sie wären im Besitz der richtigen sechs Lotto-Zahlen, die am nächsten Samstag gezogen werden, aber Sie können die Daten nicht rechtzeitig vor Annahmeschluss finden. In diesem Albtraum aller Albträume wirkt sich nicht nur die Konzentration auf die (völlig unkoordinierten) Versuche lähmend auf die übrigen zu erledigenden Tätigkeiten aus, doch noch irgendwie die so dringend benötigten Zahlen an die Oberfläche zu befördern. Auch die Gesamtbefindlichkeit des Verantwortlichen der Tipp-Gemeinschaft dürfte sich an der Grenze zwischen Frustration und beginnendem Wahnsinn bewegen. Schade, denn es bedürfte doch nur der notwendigen Infrastrukturen und Werkzeuge, um an die erforderlichen Daten zu gelangen. Eine funktionierende BI würde diese Aufgabe nicht nur auf Knopfdruck erledigen, sondern den Retrieval-Prozess auch ohne Zutun rechtzeitig initiieren und gegebenenfalls sogar automatisch für die „Bestellung“ des Lotterieloses sorgen.

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer …

Worin der Unterschied zwischen dem bloßen Horten von Fakten auf der einen und BI auf der anderen Seite liegt, wird im informationswissenschaftlichen Ansatz deutlich, der strikt zwischen Wissenseinheiten und Information unterscheidet. Diesem akademischen Ansatz zufolge wird Wissen erst durch den gezielten Abruf in einer Bedarfssituation zur Information. Legt man diese Definition zugrunde, ist es die vornehmliche Aufgabe von BI-Frontends, auf Basis vorhandener operativer Daten aus den Vorsystemen und der entsprechenden Verdichtungen zum richtigen Zeitpunkt, in adäquatem Umfang, in der erforderlichen Tiefe und in der jeweils gewünschten Darstellungsform Informationen an den Point of Need zu übermitteln.

… und ein bloßes Data Warehouse noch keine BI

Wesentlicher und somit nicht wegzudenkender Bestandteil von BI-Lösungen ist im Sinne einer reinen Datenhaltung das Data Warehouse. Dabei handelt es sich um themenbezogene Ansammlungen entscheidungsrelevanter Daten, die vornehmlich für das Management durch Replikation aus den unterschiedlichsten Vorsystemen – wie zum Beispiel Warenwirtschaft, Rechnungswesen und Produktionsplanung – sowie der Transformation der jeweiligen Datenformate zentral oder auch verteilt aufbereitet werden. Die selektiven Zugriffe auf die Daten in Verbindung mit den entsprechenden mathematischen Verknüpfungen bezeichnet man als ETL- (Extraction, Transformation and Loading-) Prozesse. Sie ermöglichen den notwendigen Datenfluss zwischen den Datenbanken sowie den inhaltlichen Aufbau von Data Warehouses und Data Marts. Zur Abrundung: Als Data Mart bezeichnet man jenen Teilbereich des Data Warehouse, der einen spezifischen Auswertungsschwerpunkt thematisiert und mit nur begrenzten Informationsobjekten ausgestattetet ist. Es beinhaltet aggregierte Daten für spezielle Benutzer oder auch Benutzergruppen und wird in aller Regel periodisch aktualisiert. In diesem Kontext ist oft auch vom Data Mining (englisch „to mine“: schürfen nach) die Rede. Hierbei geht es um die automatisierte Suche nach nicht-trivialem Wissen in Massendaten, also letztendlich um die Auswertung des verdichteten Datenmaterials.

Business Intelligence als Schaltstelle

BI fängt an, wo Data Warehouse endet. Mit diesem Bild lässt sich sehr anschaulich beschreiben, dass die wichtigste Aufgabe der noch jungen Disziplin BI darin besteht, aus Daten unternehmensrelevante Informationen zu generieren. Dabei bilden die BI-Frontends die Ausgabe-Layer für die aggregierten Daten aus Data Warehouse und Data Mart und stellen den internen wie externen Anwendern bedarfsgerecht Geschäftsdaten für deren tägliche Arbeit zur Verfügung. Gleichzeitig bieten sie interaktive Navigations- und Analysemöglichkeiten für das Retrieval des benötigten Zahlenmaterials aus dem virtuellen Gesamtsuchraum des Unternehmens. Das komplette Aufgabengebiet der BI lässt sich insofern mit dem Beschaffen, Analysieren, Bewerten und In-Kontext-Setzen von Informationen aus den Vorsystemen des Unternehmens umschreiben.

Ausgewählte Anbieter-Adressen

www.businessobjects.com
www.cognos.de
www.misag.de
www.mik.de
www.samac.com
www.showcase.de

Antizipation und Frühwarnfunktion

Die Ziele der BI-Aktivitäten sind breit gefächert. In erste Linie geht es im Sinne einer Frühwarneinrichtung um die Erkennung bzw. Darstellung von betriebswirtschaftlichen Entwicklungen und Trends, die ein unternehmerisches Handeln erfordern. Zum „intelligenten Business“ – um bei dem anschaulichen Bild zu bleiben – gehört neben dem kontextbezogenen Vorhersehen von Veränderungen des Marktes und Aktivitäten des Wettbewerbs beispielsweise das Lernen aus Erfolg und Misserfolg des eigenen und fremden Handelns. Aber auch ganz allgemein spielt das Aufbauen neuen Wissens über relevante Technologien, Produkte und Prozesse für das eigene Untenehmen eine wichtige Rolle. Letztendlich ist in diesem Kontext auch an das Einschätzen der eigenen Stärken und Schwächen sowie an das fundierte Evaluieren neuer Marktchancen zu denken.

Von Schwellenwerten und Kennzahlensystemen

Die Möglichkeiten eines BI-Systems wirken sich bereits im Tagesgeschäft positiv aus. So lassen sich x-beliebige Datenquellen in ein Kennzahlensystem einbetten, so dass schon die Einbeziehung grundlegendster KI- (Künstliche Intelligenz-) Mechanismen zur Auslösung von Automatismen bei Erreichen von Schwellenwerten führt. Am unteren Ende der Fahnenstange kann es sich dabei um das Erzeugen und Verschicken von e-Mails oder auch SMS-Nachrichten handeln, die das Aufstocken des Lagerbestandes initiieren – Dinge also, die in aller Regel eine Materialwirtschaft per se leisten kann. Auf komplexerer Ebene ist jedoch BI-gesteuert auch ermittelbar, in welchen Regionen was umgesetzt wurde und welche der verteilten Lagerorte hinsichtlich Kapazitäten, Auslastung und zu erwartender Anforderungen neu zu bestücken sind; hierbei kann es sinnvoll sein, beispielsweise saisonbedingte Absatzzahlen ins Kalkül zu ziehen. Auch logistische Aspekte können dabei mitberücksichtigt werden, um auf diese Weise LKW-Ladungen sinnvoll zu konfektionieren, Touren ökonomisch zu planen und bei aller Effizienz dennoch dem Just-in-Time-Aspekt gerecht zu werden.

Basel II als Herausforderung für die Unternehmen

Das Ziehen von Schlüssen aus vorliegendem Datenmaterial dürfte in Zukunft zum Beispiel auch im Zusammenhang mit dem Rating weiter an Bedeutung gewinnen. Hier ist mit Impulsen aus dem zweiten Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankaufsicht und Kreditwirtschaft – kurz Basel II – zu rechnen. Die hierin formulierten Richtlinien definieren, welche Aspekte ab dem Jahr 2005 von den Finanzinstituten bei der Beurteilung von Unternehmen Berücksichtigung zu finden haben. Um den Banken die dafür erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen, müssen die Finance-Systeme die notwendige Flexibilität mitbringen, um alle geforderten Kennziffern aus dem operativen Geschäft transparent abzubilden. Da es jedoch für die Entwicklung und Einrichtung von Rating-Systemen notwendigerweise aktuelle und historische Daten aus den verschiedensten Systemen zusammenzuführen gilt, sind BI-Methoden obligatorisch gefordert. Und soviel Spekulation sei erlaubt: Die transparente und zuverlässige Selbstdarstellung eines im Rating-Verfahren zu beurteilenden Unternehmens dürfte dessen Prognose im Rahmen der Risikoanalyse um einiges günstiger ausfallen lassen.

BI ist keine Einbahnstraße

Wie funktioniert das Ganze in heterogenen DV-Systemen, mag man sich fragen, wo die verschiedensten Systeme doch teilweise auf unterschiedlichen Plattformen und Datenbanken aufsetzen. Das BI-Frontend übernimmt hier über Replikationsmechanismen das Datenmaterial aus den Vorsystemen und transformiert es in das benötigte Format. Gleichzeitig sind auch rückwärtige Aktionen in die Applikationen möglich, wenn Queries zu stellen sind oder, um ein konkretes Beispiel zu benennen, wenn bei der Ermittlung von Bestellmengen auch die auf dem Retourenweg befindliche Ware in den Lagerbestand einzurechnen ist.

Volles Programm mit der iSeries

Auf welcher Plattform die BI zuhause ist, spielt grundsätzlich eine untergeordnete Rolle. Sicherlich spricht in Bezug auf Hochverfügbarkeit, Flexibilität und Kosten/Nutzen-Aspekt einiges für die IBM iSeries, aber letztendlich kann der AS/400-Nachfolger in dem generischen Konstrukt aus Vorsystemen, Datensammlung, -verdichtung sowie der Aufbereitung und dem Vorhalten unternehmensrelevanter Informationen auch jeden beliebigen anderen Part übernehmen. Stolze 40 Prozent jährlichen Wachstums konnte der Markt für Business Intelligence zuletzt aufweisen. Auch wenn die allgemein schlechte Konjunkturlage hier bremsende Wirkung hat, dürfen wir auch in nächster Zukunft mit Steigerungsraten von bis zu 30 Prozent per anno rechnen. Das beträchtliche Wachstum der jungen Disziplin BI verspricht insofern nicht nur „intelligenteres Business“ auf einer breiteren Basis, sondern ist damit auch insgesamt für die Entwicklung unseres Midrange-Segments förderlich. In diesem Sinne – viel Vergnügen und interessante Anregungen bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe des Midrange Magazins.