Der Markt für Geschäfts-Software boomt nicht gerade; besonders der Markt der PPS-/ERP-Systeme zeigte sich in den letzten Jahren gesättigt. Jetzt steigen die IT-Budgets wieder, das Interesse richtet sich auf integrierte Lösungen, Investitionsschutz inklusive. Kritisch beäugen die potenziellen Kunden vor allem das Branchen-Know-how des zukünftigen Partners. In vielen produzierenden Unternehmen innerhalb einer Supply Chain ist „Just-in-Time“ ein wichtiges Thema. Beim Just-in-Sequence-Verfahren muss neben der zeitlichen Bereitstellung von Komponenten auch noch eine Verfügbarkeit der Waren in einer bestimmten Reihenfolge sichergestellt sein. Neben einzelnen Teilen müssen auch die Daten zwischen Zulieferer und Produzent zuverlässig ausgetauscht werden. Die Unternehmensberatung Deloitte moniert, dass die Schwachstellen bereits bei den eingesetzten ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) beginnen. Nur wenige Branchen seien bereits für übergreifende Unternehmensnetzwerke gerüstet.
Vielfalt mit Tücken
ERP-/PPS-Systeme sind wesentliche Komponenten zur Unterstützung und Strukturierung von Kernprozessen. Rund 140 Produkte werden derzeit in Deutschland angeboten. In der Vergangenheit haben nach Erkenntnissen verschiedener Studien weniger als 5 Prozent aller ERP-Einführungen die erwarteten oder vorhergesagten Potenziale erreicht. Mehr als 50 Prozent der Projekte erzielten nicht einmal die Hälfte der erhofften Einsparungen. Dabei sind die Wünsche, die hinter der Einführung stehen, nicht schlicht ‚nice-to-haves’ sondern von existenzieller Bedeutung: Die Software soll dazu beitragen, unternehmerische und logistische Ziele – wie z. B. Kundenzufriedenheit, Termintreue oder Kapazitätsauslastung – zu erreichen und damit langfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern. Das geht nur mit einer adäquaten Abbildung der Unternehmensorganisation, die sich häufig aus verteilten Vertriebs- und Produktionsstandorten zusammensetzt.
IT-Leiter auf der Suche nach Harmonie
Aufgrund der schwachen Konjunktur ist der Unternehmerblick für ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis derzeit besonders geschärft. Die Investitionen in die vorhandene IT-Struktur sollen weitestgehend geschützt werden; nicht grüne Wiese, sondern Optimierung und Erweiterung sind gefragt. Wie welche Systeme optimal – also auch kostengünstig – harmonieren, gehört zu den zentralen Fragen.
Die Maschinenfabrik Gustav Eirich hat ihre persönliche Antwort gefunden. Im März startete der Hersteller von Maschinen und Anlagen zum industriellen Mischen und Feinmahlen von Rohstoffen mit der Einführung von oxaion und löst neben MAS90 auch verschiedene Eigenentwicklungen ab. Gerade bei der Planung und Herstellung komplexer Anlagen werde das neue Projektsystem seine Stärken ausspielen und den gesamten Beschaffungs-, Fertigungs-, Auslieferungs- und Fakturierungsprozess kontrollieren und aktiv steuern. Bestellvorschläge im Einkauf, Fertigungsvorschläge im PPS oder Materialreservierungen über die Disposition würden dann automatisch generiert. Besonders wichtig für den Maschinenbauer: Das Projektmanagement-System liefert eine Vor-, mitlaufende und Nach-Kalkulation. So ist eine frühzeitige Reaktion auf eventuelle Abweichungen möglich.
Bedarfsgesteuert fertigen
Echte Innovation kommt von PeopleSoft. Das Unternehmen kündigte jüngst mit PeopleSoft Demand Driven Manufacturing eine Komplettlösung für die bedarfsgesteuerte Fertigung an. Von der Ermittlung des Kundenbedarfs über Supply Chain Planning, Fertigungsplanung und Produktion bis hin zur Lieferung an Montagestandorte erfolgen alle Vorgänge in Echtzeit. Das neue Produkt umfasst unter anderem Lean Procurement, Buyer Workspace, RFID, Demand Scheduling Execution und Configured Order Promising. Früher, so Peoplesoft, mussten sich Unternehmen zwischen einem kundenorientierten Ansatz und einem auf betriebliche Effizienz ausgerichteten Ansatz entscheiden. Mit Demand Driven Manufacturing könne jedes Produkt in beliebiger Konfiguration und Menge geliefert werden.
Teuer und aufwändig
Dass die Fertigung schneller an die Nachfrage angepasst werden muss, trichtert IBM den IT-Usern derzeit via onDemand-Marketing ein. Schneller kann aber nur werden, wer ERP-Systeme, Materialwirtschaft, Produktionsplanung, Fertigungssteuerung und Logistik integriert. Günstiger lebt es sich innerhalb integrierter Umgebungen auch: Wer mit Banken über Kredite verhandelt und Insellösungen im Einsatz hat, gilt als größeres Risiko und zahlt entsprechend drauf.
Dennoch sind die Schritte zur Einführung von PPS oft schleppend: Kosten- und arbeitsintensiv sind Vorbereitung und Implementierung, irgendwas geht schließlich immer noch mit Excel & Co. Die besten Chancen auf Neuprojekte haben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Unternehmen, die PPS als Modul einer ERP-Gesamtlösung anbieten. Die ISVs (Independent Software Vendors) haben im Moment alle Hände voll zu tun. Viele Kunden verlagern Produktionen ins Ausland oder expandieren; also müssen die Supply-Chain-Module erweitert werden, damit neue Standorte auch angebunden werden können. Gleichzeitig sind neue Sprachversionen gefragt, moderne Unternehmen agieren schließlich multilingual.
Beste Kettenreaktion: Hohe Umsätze
Die Beratungsgesellschaft Deloitte hat bei mehr als 600 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe eine Studie zum Thema Supply Chain Management durchgeführt. Knapp 50 davon stammen aus Deutschland. Ergebnis: Die Gewinnspannen derjenigen, die ihre Lieferkette effizient planen (Deloitte nennt sie „Complexity Master“), sind deutlich höher als bei schlechter organisierten Firmen.
Die Complexity Master organisieren ihre Lieferkette prozess- und nicht funktionsorientiert, sie fokussieren Kunden, Produkte und Technologien. Dieser ganzheitliche Ansatz mache es möglich, den gesamten SCM-Prozess unternehmensübergreifend zu optimieren und folglich Umsatz und Gewinn maßgeblich zu verbessern, sagt Gerd Schwarz, Leiter der Service-Line Performance Management von Deloitte & Touche: „Von den Complexity Mastern zu lernen, lohnt sich für jedes Fertigungsunternehmen, das einen stabilen Wachstums- und Profitabilitätskurs fahren möchte. Das gilt für den kleinen, schnell wachsenden Betrieb bis zum multinationalen Konzern.“
Die Studie macht klar deutlich, dass Unternehmen ihre Produktion in Niedriglohnländer verlagern wollen: Westeuropäische Firmen tendieren zu ihren osteuropäischen Nachbarn, US-Unternehmen bevorzugen China. Neben dem Herstellungsprozess wird auch die Beschaffung globaler.
Erst ERP – dann weiterdenken…
Nur diejenigen Unternehmen, die ihre internen Aufgabenstellungen im ERP-Umfeld gelöst haben, sind überhaupt in der Lage, an externe Vernetzung zu denken. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (43 Prozent) sieht ihre ERP-Einführung als noch nicht abgeschlossen an. Die Branche Manufacturing ist laut Deloitte mangelhaft auf die Herausforderungen vorbereitet. Einzige Ausnahme bilden die Automobilhersteller, die bereits seit Jahren eng verzahnt mit ihren Zulieferern und Händlerorganisationen agieren. Die Konsumgüterindustrie hat Nachholbedarf, das Schlusslicht bilden die Krankenhäuser. Viele stehen im Einsatz betriebswirtschaftlicher Standard-Software noch am Anfang, klinische und abteilungsspezifische Insellösungen können selten integriert werden.
IT-Budgets steigen wieder
Laut einer aktuellen Studie Mummert Consulting will jedes dritte deutsche Unternehmen in diesem Jahr wieder mehr in IT investieren. Dabei hoffen knapp 80 Prozent auf Effizienzsteigerungen; Optimierung der Geschäftsprozesse sowie Kostensenkung gehören für mehr als 60 Prozent zu den strategischen Zielen. Wenn auch in Ihrem Lager noch Gewinn schlummert, lohnt sich ein Blick auf unsere Marktübersichtstabelle. Durchschnittlich acht ERP-Module hat ein deutscher Mittelständler im Einsatz – Nummer neun ist zum Greifen nahe.
M.W.