In einem dynamischen Aufschwung ist Customer Relationship Management (CRM) innerhalb weniger Jahre zu einer Hauptdisziplin der Unternehmens-DV geworden und hat mittlerweile ähnliche Bedeutung wie ERP oder SCM. Kein Wunder – ist doch konsequente Kundenorientierung zur Überlebensfrage in den Käufermärkten unserer Zeit geworden.
Die Versprechen der CRM-Gurus und -Anbieter waren (und sind) groß: Zufriedene und damit loyale Kunden sorgen für höhere Umsätze und insbesondere für mehr Profitabilität. Aber der Weg zum heiligen CRM-Gral scheint steinig und beschwerlich, denn die Berater/Analysten haben reale CRM-Initiativen überprüft und sind zu ernüchternden Ergebnissen gekommen: Gartner sieht 55 Prozent, Meta Group 25 Prozent und Roland Berger 27 Prozent gescheiterte oder nicht zufrieden stellende CRM-Projekte. Und wenn Roland Berger resümiert: „CRM in Deutschland – Bedeutung erkannt, Umsetzung ungenügend“, dann lohnt es sich offensichtlich zu überlegen, welche Risiken bei der Einführung von CRM gegeben sind und wie man diesen am besten begegnet.
ERP als Warnung
Integriertes CRM ist erst vor wenigen Jahren aus den vormals isolierten Themen CAS (Computer Aided Selling), Service-/Help Desk und Marketing-Automation entstanden. Diese Themenbreite führt zu einer Komplexitätsexplosion, die vergleichbar ist mit der Bewegung von einzelnen Buchhaltungs-, Produktions- und HR-Systemen zu einer integrierten ERP-Lösung. Allein diese Parallelität sollte bei allen Beteiligten die „Alarmglocken klingeln lassen“, denn die meisten, die heute vor CRM stehen, haben eine ERP-Einführung bereits erlebt.
CRM erlebte in seiner kurzen Historie eine weitere Komplexitätssteigerung durch immer neue Kommunikationskanäle zum Kunden. Musste CRM anfangs Briefe drucken oder Faxe versenden, so wuchs der Telefonkontakt schnell zum Call Center, und die massive Verbreitung von e-Mail oder sogar Chat führt heute zur Forderung nach dem integrierten Customer Interaction Center (CIC). Ganz andere Herausforderungen stellt die direkte, nicht mehr von menschlichen Mediatoren getragene Kundenkommunikation per Web im Sinne des e-CRM. Dabei ist e-CRM für Endkunden alles andere als trivial, aber die elektronische Abbildung der intensiven und komplexeren Interaktion mit Handelspartnern (Channel) krönt die Liste der Herausforderungen und damit auch die potentiellen Schwierigkeiten.
Der menschliche Faktor
ERP konzentriert sich weitgehend auf unternehmensinterne Abläufe die – meist schon vor der DV-Unterstützung – gut definiert waren. Hauptzielgruppe sind „Sachbearbeiter“, welche es gewohnt sind, Teilprozesse nach klaren Vorschriften systematisch abzuwickeln. Geht man in die kundennahen Unternehmensbereiche, so gibt es auch dort Prozesse und Regeln, aber die Regelungsdichte ist deutlich geringer und die Diskrepanz zwischen „Papier“ und gelebter Praxis ist oft groß. Dies ist nicht verwunderlich, denn insbesondere im Vertrieb hat man es nicht mit Sachbearbeitern, sondern teilweise mit „freien Künstlern“ zu tun, die auf unterschiedlichste, oft sehr persönliche Weise für erfolgreiche Kundenbetreuung, Kundenzufriedenheit und schlussendlich für Aufträge sorgen.
Noch deutlicher wird der Unterschied beim e-CRM. Hier sieht der eine oder andere Unternehmensstratege endlich die Chance, den Kunden oder Interessenten in Marketing-, Vertriebs- oder Servicetransaktionen mit der wahren Unternehmens-Message und zudem formal sauber abzuwickeln – und zwar ohne den Einfluss der oft ungeliebten Praktiker aus dem Feld. Die Rechnung wird vielfach ohne den Interessenten gemacht, der weiterklickt, oder ohne den Kunden, der doch lieber weiterhin seinen Vertriebsbetreuer anruft, „weil die neuen Web-Formulare zwar eine schöne Idee, aber viel zu kompliziert sind“.
ROI-Analyse: Erfolgsschlüssel oder Geldverschwendung?
Fast automatisch kommt die Frage nach dem ROI auf. Auch hier betreten CRM-Initiativen gegenüber ERP Neuland, denn nicht Kosteneinsparungen sondern die Entwicklung von Kundenzahlen und die Erträge pro Kunde schaffen Return on Investment (ROI). Letzteres sind aber Größen, die sich kaum realistisch abschätzen lassen. Das heißt insbesondere: Kein Vertriebsvorstand wird hier seine Hand heben und sagen, „wenn wir CRM einführen werde ich 7 Prozent mehr Umsatz machen“. Daher kann man sich den – erheblichen – Aufwand für eine klassische ROI-Analyse meist ersparen. Dies ist allerdings kein Votum für Projekte ohne Ziele und ohne Erfolgskontrolle. Gerade bei kleineren Projekten oder Teilprojekten, die auf einem klar umrissenen Business Case basieren (beispielsweise einheitliches Help Desk-System für alle Kontaktkanäle einführen), können klare quantitative Metriken definiert und erfasst werden (z.B. durchschnittliche Bearbeitungszeit für Kundenanfrage, Kundenzufriedenheit vor und nach Systemeinführung).
Die Qualität von Kundendaten entpuppt sich oft erst dann als Problem, wenn die Daten per EAI aus bestehenden Systemen in das CRM-System gewandert sind und die meist vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten des neuen Systems die ganze Problembreite aufzeigen. Wer vorab bereits eine Data Warehouse-Initiative mit Kundendaten gestartet hat, verfügt meist über wesentlich bessere Daten. Neben frühzeitigen eigenen Initiativen können hier oft auch externe Dienstleister helfen, die beispielsweise Dublettenbereinigungen oder die Anreicherung mit Daten aus öffentlichen Datenbeständen anbieten.
CRM-Software
Bei den bislang aufgezeigten Problemstellungen wird klar, dass Software nicht der bedeutende Erfolgsfaktor ist, als den ihn die einschlägigen Anbieter positionieren.
Eine strategische CRM-Initiative in größeren Unternehmen kann sich bei der Komplexität des Themas CRM in Schritten über mehrere Jahre hinziehen. Dadurch wird die Überlebensfähigkeit der Anbieter zu einer entscheidenden Frage. Sieht man ERP auch diesbezüglich als Muster an, so ist festzustellen, dass den Übergang von Einzeldisziplinen zum integrierten, komplexen ERP-System nur wenige Anbieter dauerhaft erfolgreich gemeistert haben. Ähnliches ist auch bei CRM abzusehen, wo Siebel, SAP, Peoplesoft und Oracle gute Langfrist-Chancen haben.
Steht eine spezielle Aufgabe (z.B. Help Desk) an, bei der sich Aufwände innerhalb eines klar absehbaren Zeithorizontes amortisieren, dann kann auch zu weniger strategischen Produkten gegriffen werden, selbst wenn das langfristige Überleben des Anbieters fraglich ist. Ähnliches gilt für CRM-Lösungen, die bestehende Unternehmensplattformen nutzen und damit zu einem Minimum an Software-, Integrations- und Trainingskosten führen. Beispielsweise können auf Lotus Notes gute CRM-Lösungen für teure Invest-Güter oder Professional Services aufgesetzt werden.
Michael Büning, Gesellschafter
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