Die Atoss Software AG und die P&I Personal & Informatik AG gehören zu den Platzhirschen im HR-Softwaremarkt. Beide sind fest in der iSeries-Welt verwurzelt. Die Vorstandsvorsitzenden Egbert Becker (P&I) und Andreas Obereder (Atoss) sprachen mit Michael Wirt über die Partnerschaft der beiden Unternehmen, die Zukunft der iSeries und die Trends im Personalmanagement.

Michael Wirt:

Atoss und P&I sind Vertriebs- und Entwicklungspartner. Sind Sie aber nicht gleichzeitig Wettbewerber in manchen Bereichen? Ich denke da beispielsweise an das Skill-Management.

Andreas Obereder:

Die Produktlinien sind fast zu 100 Prozent komplementär. Skill-Management bieten wir zwar beide an, aber es wird in ganz unterschiedlichen Kontexten eingesetzt: bei Atoss in der Personaleinsatzplanung und bei P&I im Bewerbermanagement und in der Personalentwicklung. Prinzipiell verfolgen wir und P&I verschiedene Ansätze, deshalb kommt es kaum zu Überschneidungen: Wir von Atoss kümmern uns um die Optimierung der Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Unternehmen. Bei P&I geht es dagegen mehr um personalwirtschaftliche Fragen im engeren Sinn, das heißt Personalentwicklung, -rekrutierung oder Lohn- und Gehaltsabrechnung.

Michael Wirt:

Wie arbeiten Ihre Systeme konkret zusammen?

Andreas Obereder:

Viele unserer gemeinsamen Kunden nutzen beispielsweise unser Zeitwirtschaftssystem Atoss Time Solution und die Entgeltabrechnung LOGA/400 bzw. LOGA 2001 von P&I. Unsere Lösung übergibt bewertete Zeitdaten an das P&I-System, das die daraus resultierenden Lohnbestandteile errechnet. Es gibt Online-Schnittstellen, die den Datenaustausch zwischen den Systemen automatisieren. Dabei sind aufgrund des hohen Integrationsgrades keine manuellen Eingriffe nötig, und es müssen keine Daten mehrfach gepflegt werden.

Egbert Becker:

Was in Zukunft kommen wird, sind XML-Schnittstellen und XML-Datenbanken. Da werden bekanntlich im Moment weltweite Standards erarbeitet. Wenn das so weit ist, werden die herkömmlichen Datei-Schnittstellen verschwinden, da die Systeme dann direkt miteinander kommunizieren, also Daten im anderen System direkt lesen und schreiben können. Diese Technologie nutzen wir bereits in unserem Mitarbeiterportal LOGA ERM, Atoss nutzt sie für ihren Web-Client. Mit dieser Entwicklung wird sich das Best-of-Breed-Prinzip im Software-Markt generell durchsetzen. Es ist dann nämlich egal, ob man eine Gesamtlösung hat oder sich eine Lösung bei unterschiedlichen Anbietern zusammenstellt.

Michael Wirt:

Welche Rolle spielt die IBM iSeries in Ihrer Geschäftsstrategie?

Egbert Becker:

Ich gehöre zu den wenigen, die mit voller Überzeugung sagen können: Die iSeries spielt für mich eine ganz große strategische Rolle, und das wird auch in Zukunft so sein, da IBM die Zeichen der Zeit erkannt hat und auf Linux als Betriebssystem setzt. Wir arbeiten hier sehr eng mit IBM zusammen und haben bereits erste Tests mit LOGA unter Linux auf der iSeries erfolgreich abgeschlossen. Demnächst wird es die erste Installation geben.

Andreas Obereder:

Auch für uns ist die iSeries von hoher strategischer Bedeutung. Hier liegen unsere Wurzeln, und noch heute, obwohl unsere Software mittlerweile plattformunabhängig ist, setzt ein Drittel der Kunden unsere Software auf der iSeries ein. Die iSeries bietet nach wie vor ein hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis und ist unschlagbar wartungsarm. Für die Zukunft wird ausschlaggebend sein, wie sich dieses System weiterentwickelt. Linux sehen wir ebenfalls sehr positiv.

Michael Wirt:

Was sind für Sie die wichtigsten Trends im Personalmanagement und wie reagieren Sie mit Ihren Produkten darauf?

Andreas Obereder:

In der globalisierten Wirtschaft werden Flexibilität und Reaktionsfähigkeit zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren. Das ist die Voraussetzung für die heute geforderte Kundenorientierung: Die Unternehmen müssen schnell und flexibel Kundenwünsche erfüllen können. Genau hier setzen wir mit unserer Software und unseren Dienstleistungen an. Wir sind ein Anbieter von Lösungen, die im Prinzip die unbegrenzte Flexibilisierung einer Organisation sicherstellen. Und das kostenneutral und ohne Qualitätseinbußen. Dazu gehört zum einen die Arbeitszeitflexibilisierung, aber auch die flexible Planung und Steuerung des Personaleinsatzes. Unsere Web-Technologie versetzt die Verantwortlichen in die Lage, sich ad hoc – unabhängig von Zeit und Ort – über die Verfügbarkeit von Personalressourcen zu informieren und das Personal zu steuern. Letztlich sorgen unsere Tools für mehr Speed im Unternehmen. Der Terminus technicus dafür ist Staff Efficiency Management, das heißt: ein Management, das den optimalen und integrierten Einsatz aller Mitarbeiterressourcen sicherstellt.

Hier besteht Handlungsbedarf: Denn Deutschland hat seine Stellung als weltweiter Produktivitätsführer eingebüßt. Eine aktuelle Studie hat herausgefunden, dass 39 Prozent der Arbeitszeit in Deutschland unproduktiv verbracht wird; fast die Hälfte davon resultiert aus mangelnder Planung und Steuerung des Personaleinsatzes.

Egbert Becker:

Wir sehen das ähnlich, setzen aber etwas andere Akzente: Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich die Unternehmen in Deutschland auf ihre Stärken konzentrieren; und das sind die gute Ausbildung, das Know-how und die Fähigkeiten der Mitarbeiter. Es wird in Zukunft darauf ankommen, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, permanent weiterzubilden und zu halten. Die Unternehmen müssen dazu eine neue Qualität in das Verhältnis zu ihren Mitarbeitern bringen. Wir sprechen hier von Employee Relationship Management, also die systematische Pflege der Beziehung zu den Mitarbeitern durch eine gute Informationspolitik und eine effektive Betreuung durch die Personalabteilung.

Ich will ein aktuelles Beispiel nennen: Deferred Compensation – das bedeutet aufgeschobene Vergütung. Ein Mitarbeiter verzichtet ein paar Jahre auf einen Teil seines Bruttogehalts, und der Arbeitgeber legt es für ihn in Aktienfonds, Schatzbriefen usw. steuerfrei an. Das Geld wird dem Mitarbeiter später ausgezahlt. Er kann damit ein Sabbatsjahr finanzieren, seine Promotion nachholen oder fünf Monate im australischen Busch wandern gehen. Er kann einen Traum verwirklichen und kommt motiviert und mit neuen Ideen wieder zurück. Das ist auch Arbeitszeitflexibilisierung, aber für uns ist das in erster Linie ein Mittel der Mitarbeiterbeziehungspflege. Wir werden im Sommer ein entsprechendes Tool auf den Markt bringen, das in unser Mitarbeiterportal integriert ist.

Michael Wirt:

Um solche Konzepte durchzusetzen, braucht es doch aber mehr als nur Software?

Egbert Becker:

Natürlich kann die Software alleine nichts ausrichten. Sie kann nur helfen, die Konzepte zu verwirklichen, hinter denen letztlich die Unternehmensführung stehen muss. Die Technologie wird hierbei aber eine zentrale Rolle spielen. Ich nenne noch ein Beispiel: Die Umsetzung der so genannten 360-Grad-Beurteilung, also die anonyme Bewertung eines Mitarbeiters von Kollegen, Untergebenen und Vorgesetzten, scheitert immer wieder am administrativen Aufwand. Diesen Vorgang kann man ideal über ein Mitarbeiterportal lösen.

Michael Wirt:

Herr Becker, Herr Obereder, ich bedanke mich für das Gespräch.

Egbert Becker, Vorstandsvorsitzender P&I Personal & Informatik AG

Andreas Obereder, Vorstandsvorsitzender ATOSS Software AG

ATOSS Software AG

D–81829 München

Telefon: (+49) 089/42771-0

www.atoss.com

P&I Personal & Informatik AG

D–65205 Wiesbaden

Telefon: (+49) 0611/7147-0

www.pi-ag.com