Damit die Arbeit in den HR-Abteilungen leichter und günstiger von der Hand geht, werden gern elektronische Prozesse etabliert. Von der Bewerbersuche über Portale bis zur digitalen Personalakte reicht das Angebot, immer häufiger ist Outsourcing ein Thema. Das allerdings gilt nur für die klassische Abrechnung von Lohn und Gehalt. Bei anderen Anwendungen überwiegen die Skepsis und der Budgetmangel. Personalverantwortliche haben eine wichtige Funktion im Unternehmen: Man zollt ihnen Respekt, den Türgriff zu ihrem Büro allerdings nimmt der typische Mitarbeiter am liebsten gar nicht in die Hand. Wenn es nach dem Willen der Software-Hersteller geht, ist das in Zukunft auch noch seltener nötig: Self-Service-Angebote erleichtern Erfassung von Informationen und Einsicht in Datensätze, dem Mitarbeiter kommt mehr Eigen-, dem Personaler geringere Verantwortung zu. Diese Entwicklung soll dazu beitragen, dass sich die HR-Divisionen verstärkt strategischen Aufgaben widmen können, als ihre kostbare Zeit mit Routineaufgaben zu vertun – so lauten die einhelligen Verkaufsargumente der IT-Lieferanten.
Rechte Hand
In vielen Unternehmen ist die Stelle des Personalleiters – neudeutsch: Human Resource Manager – mit einem Juristen besetzt. Das macht sich gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation gut – schließlich ist vielerorts Stellenabbau und Abfindungsverhandlung an der Tagesordnung. Administration ist Anwalts Liebling – unfreiwillig zwar, aber nicht zu übersehen. Der strategische Einfluss, den sich die HR-Verantwortlichen wünschen, ist in vielen Firmen noch Zukunftsmusik, häufig bleibt für strategische Überlegungen auch keine Zeit.
Während derzeit Personalmanager in deutschen Unternehmen die Löhne kürzen und Personalentwicklungskosten drosseln müssen, wird sich das Bild bis 2005 zumindest bei den „High Potentials“ drehen. Der Kampf um die besten Köpfe auf dem Arbeitsmarkt wird dann wieder entbrennen und zusammen mit dem Bemühen, Mitarbeiter auf Schlüsselpositionen im Unternehmen zu halten, eine hohe Bedeutung zurückgewinnen. Dies zeigt eine Ende 2002 durchgeführte Human-Resource-Strategiestudie des Beratungsunternehmens Cap Gemini Ernst & Young (CGEY) Aus den 1.000 größten deutschen Unternehmen beteiligten sich 176 Personalverantwortliche an der Untersuchung und äußerten ihre Meinung zur Entwicklung in den nächsten Jahren.
Weniger als die Hälfte der Unternehmen besitzen laut dieser Studie einen HR Vertreter auf höchster Management-Ebene (44 Prozent). Noch geringer ist die Zahl der Firmen, in denen die Personalabteilung bei strategischen Fragen mitentscheidet (40 Prozent). Immerhin wird sie als interner Berater akzeptiert (38 Prozent) oder zumindest ausreichend informiert (15 Prozent). Diese Zahlen machen wohl auch deutlich, warum die Unternehmens-IT im Bereich Personal häufig noch unterentwickelt ist.
e-HRM ist (noch) Zukunftsmusik
Die Digitalisierung der Prozesse ist gerade im Bereich Personal ein sehr sensibles Thema. Hohe Investitionen machen den geplanten Einsparungen mitunter schnell den Garaus, die Mitarbeiter hadern mit ihrer neuen Eigenverantwortung, die HR-Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs und Betriebsrat wie auch Datenschutzbeauftragte wittern Gefahren. Vielerorts durchgesetzt haben sich elektronische Zeiterfassungssysteme – zumindest dort, wo die Vertrauensarbeitszeit noch nicht etabliert werden konnte.
Ob berührungslos, mit biometrischer Feinanalyse oder Stempelkarte – die Kopplung von Zeiterfassung und Zugangskontrolle ist en vogue. Die Eignung der Verfahren für den jeweiligen Anwender hängt von der Sensibilität der Umgebung ab: Hochsicherheitstrakte werden kaum ausschließlich mit PIN (Personal Identification Number) zugänglich sein. Häufig kommt bei sensiblen Bereichen eine Kombination verschiedener Technologien zum Einsatz, wie beispielsweise Fingerprint plus PIN oder Smartcard und Stimmanalyse. Die generierten Daten fließen in Sicherheitsprotokolle und in die HR-Anwendungen ein, Kommen und Gehen wird akribisch verfolgt.
Anbieter wie PeopleSoft wollen HR und CRM verknüpft sehen, der Mittelstandsexperte hat dafür ein separates Helpdesk-Modul auf den Markt gebracht. In Kombination mit IBM bietet das Unternehmen seit Juni für Kunden des gehobenen Mittelstands eine modulare Komplettlösung zur Einführung webbasierter Software an. Sie besteht aus Hardware, Software, Services und Wartung, basiert auf einer hohen Standardisierung der Geschäftsprozesse und entspricht nach Aussage der Partner den Anforderungen des Mittelstandes. Der will einfache Umsetzung und kurze Einführungszeit.
Mitarbeiterportale noch immer unterentwickelt
Die Möglichkeiten von Mitarbeiterportalen werden bisher von den meisten Unternehmen noch nicht ausgeschöpft. Insbesondere die Personalarbeit mittels Internet befindet sich trotz technologischen Fortschritts weiterhin in einem frühen Evolutionsstadium. Zu diesem Ergebnis kommt eine andere Studie von CGEY und dem Fachbereich Medienwirtschaft der Fachhochschule Wiesbaden, an der sich 83 große deutsche Unternehmen beteiligten.
Die nötige technische Infrastruktur ist dabei für die meisten kein Problem: Mehr als die Hälfte der befragten Firmen können nahezu sämtlichen Mitarbeitern Zugang zum eigenen Intranet ermöglichen. Nur lediglich jedes fünfte Unternehmen erreicht weniger als 20 Prozent der Belegschaft – meist aus dem produzierenden Gewerbe oder aus Transportfirmen.
Auf der Liste mit den größten Hindernissen stehen hinter den Budgetgründen mit 64 Prozent die fehlende Akzeptanz bei den Mitarbeitern mit 46 Prozent sowie fehlende Verantwortlichkeiten im Unternehmen für den Aufbau und Betrieb eines Portals mit 41 Prozent. Hinzu kommt, dass 37 Prozent der befragten Unternehmensvertreter der Ansicht waren, mehr als die Hälfte ihrer Mitarbeiter sei für die Arbeit mit dem Intranet nicht ausreichend qualifiziert, das Interesse an neuen Technologien sei gleichwohl vorhanden.
Die Wunschliste bei den Mitarbeiterportal-Anwendungen wird von der Entlastung der Human-Resources-Abteilung angeführt. Personal- und Dienstreiseabrechnung zählen dazu, ebenso wie Zeiterfassung oder e-Learning. Personalisierte Informationssysteme folgen mit 53 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von einem Wissensmanagement-System mit 43 Prozent.
Feinarbeit
HR-Software – speziell solche für Lohn- und Gehaltsabrechnung – muss ständig an die sich ändernden gesetzlichen Vorgaben angepasst werden, neue Arbeitszeitmodelle tun ihr übriges. Detailarbeit leisten Personallösungen auch im Hinblick auf die Berechnung der Arbeitskosten, die von 1996 bis 2000 allein für die Arbeitgeber im Produzierenden Gewerbe, Handel und Gastgewerbe sowie Kredit- und Versicherungsgewerbe um 7,1 Prozent gewachsen sind. Im gleichen Zeitraum nahmen die Personalnebenkosten um 4,7 Prozent zu. Die Vergütung arbeitsfreier Tage, Sonderzahlungen wie 13./14. Monatsgehalt, Urlaubsgeld, Gratifikationen oder vermögensbildende Leistungen machten im Jahr 2000 7,9 Prozent der gesamten Arbeitskosten aus.
Im Vergleich zu anderen HR-Aufgaben erfreut sich die Lohn- und Gehaltsabrechnung als Outsourcing-Variante großer Beliebtheit. Sie ist überschaubar, kalkulierbar und nachzuvollziehen. Fazit: Kontrolle versus Vertrauen…
Lichtblick
Noch zu wenige Unternehmen sind sich der Möglichkeiten der IT für das Personalwesen bewusst. Selbstbedienung, Mitarbeiterportale, Nachfolgerplanung, Ausbildungsplanung – alles Themen, für die es spezielle Lösungen gibt. In vielen Firmen ist die Personalabteilung durch Routinearbeiten so überlastet, dass keine Zeit für ein Sondieren der Möglichkeiten bleibt. Nach einer Untersuchung von Price Waterhouse Consulting aus dem Jahr 2001 im deutschsprachigen Raum beläuft sich der Aufwand zur Verwaltung des Personals auf zwischen 1,5 bis 2 Vollzeitbeschäftigte pro 100 Mitarbeiter.
Mit guter Software lässt sich dieser Aufwand laut StrategyPartners um rund 20 Prozent senken, bei gleichzeitiger Anhebung der Qualität. Gute Argumente, um sich ein wenig Muße für unser Marktübersichtsthema zu gönnen. Sie amortisiert sich möglicherweise sehr schnell…
M.W.