Controlling ist zur Unternehmens- und Unternehmer-Aufgabe geworden. Damit haben sich auch die Anforderungen an die Software verändert. Konnte das typische Mittelstands-Controlling in der Vergangenheit lediglich mit den aufbereiteten Zahlen aus dem Rechnungswesen und der Kostenrechnung seine Aufgaben erfüllen, müssen – nicht zuletzt Dank Basel II – heute immer mehr Kennzahlen aus den operativen Systemen eingebunden werden. Controlling ist zum Wissensmanagement geworden, dessen Prozesse zum Beispiel durch Systeme wie BSC unterstützt werden. BSC (Balanced Score Cards) dienen als Führungsinstrument im Rahmen des Controlling – oder wie es die Enzyklopädie Wikipedia formuliert: „als Instrument (…) des Performance Managements zur Ausrichtung der Organisation an strategischen Zielen“.
Definieren strategischer Ziele
Im Gegensatz zu Leitbildern und anderen unscharfen Formulierungen machen die BSC die Erreichung dieser strategischen Ziele messbar. Damit soll das Blickfeld des Managements von seiner traditionellen, durch finanzielle Aspekte gekennzeichneten Unternehmenssicht auf alle relevanten Teile gelenkt werden und so „zu einem ausgewogenen (balanced) Bild führen“.
Diese umfassendere Sicht ermöglicht – Dank konkreter Maßnahmen – die Ausrichtung des Unternehmens an den vorgegebenen Zielen. Was bedeutet das in der Praxis? Welche Anforderungen muss die Software eines BSC-geführten Unternehmens erfüllen? Ein Beispiel aus der „ganz normalen Auftragsabwicklung“ macht die Veränderungen deutlich.
Transparenz der Prozesse
Eine typische Kennzahl der Vergangenheit waren Aufwendungen, die zum Kommissionieren und Versenden eines Auftrages oder einer Teillieferung entstehen. Angesichts der ständigen Marktveränderungen ist diese Zahl isoliert nicht aussagekräftig. Erst wenn diese Aufwendungen in Relation zu anderen strategischen Ansätzen wie „niedrigere Ausliefer-Fehlerquote“ oder „Reduzierung der Versanddurchlaufzeit um x Zeit“ gestellt werden, ist eine relevante Aussage möglich.
Die hierfür benötigten Kennzahlen lassen sich nicht aus dem Zahlenwerk des Rechnungswesens ziehen; hier müssen entsprechende Auswertungen aus den vorgelagerten Systemen bereitstehen. Oft ist dabei nicht mehr nur die entsprechende Software-Lösung gefragt. Häufig müssen dafür organisatorische Eingriffe im Unternehmensablauf vorgenommen werden, um diese Basiswerte überhaupt abgreifen zu können.
Bleiben wir beim Beispiel der Versand-Durchlaufzeit: Um einen konkreten Wert ermitteln zu können, muss in der Vertriebskette ein Übergabepunkt definiert sein, ab dem die Versandabteilung die Auftragsverantwortung übernimmt. Hier zeigt sich beispielsweise, dass die aus dem erweiterten Controlling-Aspekt in den letzten Jahren eingesetzten Produkte „Data-Mining“ oder „Data-Warehouse“ an organisatorische Grenzen stoßen, denn in dieser Software sind keine definierten Abgrenzungspunkte für die Datenermittlung vorgesehen.
Hier zeigt sich die Stärke von branchenorientierten ERP-Komplettpaketen. Zum einen bestehen hier standardisierte Auswertungssysteme in den vorgelagerten Modulen. Darüber hinaus können Kennzahlen aus den Vertriebsplanungs- und Einkaufs- Budgetierungsmodulen in deutlich exakterer Form bereitgestellt werden, als es in den verdichteten Zahlenwerken des Rechnungswesens möglich ist. Zusätzlich sind durch die klare Branchenorientierung bereits die typischen organisatorischen Abläufe mit den benötigten Abgrenzungspunkten im Datenflussmodell der Software definiert.
Erreichen der strategischen Ziele
Was für die Auftragsabwicklung gesagt wurde, gilt in gleichem Maße für alle geschäftlichen Themenbereiche. Häufig werden die Veränderungen auch gerade im Einkauf sichtbar, wo sich der Einkäufer zum Supply-Chain-Manager entwickelt hat, der die gesamte Prozesskette begleitet und sie permanent optimiert. Denn auch hier geht es nicht mehr nur um die Ware an sich, sondern um Kosten- und Flexibilitätsvorteile, um die Reduzierung von Risiken und die Erschließung neuer Märkte. Dies erfordert Wertschöpfungskennzahlen, die das Potenzial haben, als mehrstufiger Prozess zum Erreichen der strategischen Ziele beizutragen.
Gerade das Benchmarking zwischen den Plan-/Ist-Zahlen aus dem Rechnungswesen in Verbindung mit den operativen Vergleichsgrößen und den strategischen Vorgaben ermöglichen die Optimierung der Prozesse. Die reinen verdichteten Zahlen des Rechnungswesens, die in der Vergangenheit lediglich gegen Planzahlen abgeprüft wurden, sind heute kein Führungsinstrument mehr, auf das alleine gebaut werden kann. Ständig wandelnde Anforderungen durch Internationalisierung, Innovationen und sich verändernde Kundenwünsche erfordern ein umfassendes Wissensmanagement in den Unternehmen, das nur mit einer perfekt auf die Branche und ihre Bedürfnisse abgestimmten Software optimal erreicht werden kann.
Fachautor: Marco Decker