Die iSeries/i5-Anwender sind in die Jahre gekommen. Der jüngste, mir bekannte RPG-Programmierer ist 35! In diesem Alter hat man im österreichischen Staatsdienst schon fast ein Anrecht auf die Pension. Es scheint, als wäre das den RPG-Programmierern auch wirklich bewusst – und zwar nicht nur in Österreich. Man hat völlig vergessen, dass die IT-Welt nicht nur aus der i5 besteht. Heute genügt es nicht mehr gute Software zu haben, sie muss sich auch gut präsentieren und einfach bedienbar sein. Die Integration zeitgemäßer Technologien – wie etwa Datenaustausch über Web-Services oder XML – darf nicht zur Hürde werden. Die Konkurrenten am Markt sind vielfach Windows-Anwendungen, die erst in den letzten Jahren entstanden sind. Solange diese Anwendungen noch mit Kinderkrankheiten behaftet waren, konnte man sie rausargumentieren. Das wird zunehmend schwieriger, weil man dem Kunden auch klar machen muss, dass die i5-Programme nur auf der i5 laufen.
Die Reaktion der Verantwortlichen in den Software-Häusern und den Entscheidern in den IT-Abteilungen ist Unbeweglichkeit – ja geradezu Ignoranz.
„Erneuerung ja, aber bitte an der Oberfläche vielleicht mit Webfacing, wir wollen ja möglichst nicht wirklich was dazulernen und uns verändern müssen, unser Leben ist schon hart genug.“
Das Leben lehrt uns, dass Entscheidungen, die wir nicht selbst treffen, von anderen getroffen werden. Ist man nicht mehr veränderungsfähig, so ist das Ende nicht mehr fern. Wie das aussieht, wird uns – der Midrange Community – bei jeder IT-Messe vor Augen geführt. Native Anwendungen auf der iSeries, egal wie gut und funktionell die auch sind, traut sich niemand mehr zu präsentieren. Die i5 ist nun mehr selten zu finden – und wenn, dann steht sie nicht mehr im Mittelpunkt.
Die Verkaufszahlen in diesem Segment haben nach IBM-Aussage letztes Jahr wieder 9 Prozent abgenommen, was angesichts der Leistungen des Systems wirklich unverständlich ist.
Spricht man das Thema Anwendungserneuerung in Software-Häusern an, so hat man sehr oft den Eindruck, als würden sich die Verantwortlichen regelrecht hinter Gegenargumenten verschanzen. Ihre ‚so hohen Ansprüche’ an die Plattform werden von nichts anderem als i5/OS abgedeckt.
In Wahrheit spricht da die Angst vor Veränderung, vielleicht hat man sich mit dem drohenden Aus schon abgefunden und rettet sich nur mehr über die Runden.
Ein bisschen anders stellt sich die Situation bei i5-Anwendern dar. Viele Unternehmen haben aus der Tradition der S3x eine eigene Programmierer-Mannschaft. Für die ist eine Welt am zusammenbrechen, weil sie sehr oft keine Möglichkeit hatten, ihr Wissen auf einem aktuellen Stand zu halten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine häufige anzutreffende Ursache ist, dass die IT-Abteilungen dem Finanzbereich unterstellt sind, dessen Leiter den Ernst der Lage nicht erkennen. Vielfach wird der eigenen Mannschaft die Veränderung auch gar nicht mehr zugetraut und die Betreuung der i5-Anwendungen ohne größere Investitionen als Ausgedinge gesehen.
In dieser Geisteshaltung ist Weiterentwicklung unmöglich und jeder Versuch einer Erneuerung von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Schuld ist aber nicht die ‚böse’ Microsoft, die uns alle drei Jahre mit Technologien geradezu eindeckt.
Schuld sind wir, da wir nicht reagieren und diese Entwicklungen zu lange unbeachtet gelassen haben, weil wir bequem und selbstgefällig sind und weil wir uns vielleicht die Veränderung selbst nicht mehr zutrauen.
Fachautor: Christian Neißl