Der wachsende Erfolg des e-Business führte auch zu einer stärkeren Nutzung des Extranets. Um dieses effizient an alle Unternehmenssysteme anzubinden, sind einige Richtlinien zu beachten. Von Mitte der achtziger bis Mitte der neunziger Jahre herrschte in den Unternehmen eine produktgetriebene Strategie vor. Der Schwerpunkt lag auf Qualität, Just-In-Time-Inventarverwaltung und Reduzierung der Bestandskosten. Dadurch gewannen Integrationsanwendungen wie ERP und SCM an Bedeutung. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre begann dann der Siegeszug des Internets, das Anwendern aller Altersgruppen und Benutzerschichten die Interaktion per Computer ermöglichte. Diese Technologie bot selbst traditionell ausgerichteten Unternehmen eine einfache Möglichkeit zur Bereitstellung von Informationen an jede Zweigniederlassung, jede Abteilung, jeden Computer und jedes PDA oder Handy. So konnten Zeit und Kosten gespart werden. Zudem stellten die Unternehmen fest, dass immer mehr Geschäftsleute und Kunden das Web nutzten und sich somit ein lukrativer Kanal für Geschäftstransaktionen auftat. Der erstklassig vermarktete Erfolg von Federal Express, Amazon.com und Dell ließ die anfänglich bescheidene Zahl der auf das Internet ausgerichteten Unternehmen rasant anwachsen – verbunden mit einer regelrechten Flut von Internet-Aktivitäten. Durch die kräftig gerührte Werbetrommel und den entfachten Enthusiasmus entstand so der Eindruck, dass man lediglich als erstes Unternehmen mit einer Shopping-Website am Markt auftreten muss, und schon kämen die Geldscheine aus dem Monitor geflattert.

Dem Enthusiasmus folgte bald die jähe Ernüchterung. Was blieb, war die Erkenntnis, dass die erfolgreichsten Web Commerce-Sites diejenigen sind, die auf der langfristigen Erhaltung des Kundenstamms beruhen. Das „Erfolgsgeheimnis“ liegt zum einen darin, dem Kunden via Internet ein Komplettangebot zu offerieren – von bedienerfreundlichen Navigationsfunktionen über eine zielgruppengerechte Produktpalette, komfortables Bestellen und sicheres Bezahlen bis hin zum zuverlässigen, schnellen Beantworten von Kundendienstanfragen. Zum anderen gilt es gleichzeitig, den gesamten Transaktionsverlauf zu automatisieren, um Kosten zu reduzieren.

Seit der Rückbesinnung auf die Pflege der Kundenbeziehungen gewinnen Extranet-Anwendungen, die die erforderliche Umgebung für CRM bereit stellen, erheblich an Bedeutung. Während jedes Extranet über individuelle Eigenschaften und Leistungsmerkmale verfügen kann, gibt es einige grundlegende Prinzipien, die erfolgreiche Extranets gemeinsam haben:

-Sie sind auf die Wünsche der Benutzer zugeschnitten.
-Alle Anwendungen nutzen die gleichen Informationen.
-Sie schützen und nutzen die Investitionen.
-Die einzige Konstante ist die Veränderung.
-Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und Sicherheit.

Benutzerorientierung

Traditionell wurden Benutzeroberflächen von Anwendungen zur Optimierung von Back-End-Verarbeitung oder im Hinblick auf ein einfaches Programmierungskonzept entworfen. Moderne Extranets befreien Benutzer nun von den Einschränkungen und der Inflexibilität von Back-End-Systemen, die ursprünglich für eine andere Zielgruppe konzipiert waren und unter völlig anderen Voraussetzungen entwickelt wurden. Extranet-Benutzer interessieren sich nicht für die Architektur oder die Einschränkungen der Back-End-Systeme; von Interesse sind für sie ausschließlich Informationen und Verarbeitungsmechanismen, mit denen sie eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung herstellen können. Zwei Elemente sind dabei ausschlaggebend für die Benutzerfreundlichkeit: Zum einen die Abstimmung der Funktionalität und des Arbeitsflusses auf die Benutzeranforderungen hinsichtlich der zu erledigenden Vorgänge, zum anderen eine ansprechende Präsentation der Informationen mit Hilfe von Text, Grafiken, Schaltflächen, Listen und anderen grafischen Elementen.

Für die Erstellung benutzerorientierter Extranets in es unabdingbar, dass die Entwicklungsumgebung entsprechende Kapazitäten zur Datenabstraktion bietet. Auf diese Weise können die Unternehmensinformationen dem Entwickler in einer abstrakten Darstellung bereit gestellt werden, wodurch alle Daten gleichermaßen verwendbar sind. Nur so erhalten Entwickler die Möglichkeit, die Extranet-Anwendung aufgrund der Endbenutzeranforderungen zu gestalten, ohne durch Back-End-Anwendungen und Datenquellen eingeschränkt zu sein.

Die Datenabstraktion trennt die Unternehmenslogik von der Datenlogik. Genauso wird in einer Extranet-Entwicklungsumgebung die Präsentationslogik von der Unternehmenslogik getrennt. Dieses Trennen der Anwendungsfunktionalität (Semantik) von ihrer Präsentation (Syntax) ermöglicht die Flexibilität zur Wiederverwendung von Daten- und Unternehmenslogik in unterschiedlichen Anwendungen. Eine grundlegende Extranet-Anwendung kann über spezialisierte Präsentationen für unterschiedliche Endbenutzergruppen verfügen.

Eine immer mehr an Bedeutung gewinnende Anforderung an Extranets ist die konsequente Ausrichtung auf die Benutzerdatenkommunikation. So müssen Extranets häufig in der Lage sein, Informationen für die Computing-Umgebung des Kunden bereitzustellen. Mit Tools wie zum Beispiel XML lassen sich Daten herausfiltern, auf die dann wiederum mit Hilfe von Endbenutzeranwendungen zugegriffen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist das Extranet einer Bank, über das Bankkontentransaktionen im Standard-OFX (Open Financial eXchange)-Format abgewickelt werden können, um sie später in Finanzverwaltungsanwendungen wie z. B. Intuit Quicken oder Microsoft Money herunterzuladen.

Gleiche Informationen für alle Anwendungen

Erfolgreiche Extranets sind keine von anderen Geschäftsprozessen isolierten Inseln. Vielmehr sind sie vollständig in alle anderen Kundeninteraktionssysteme integriert, um Updates von Kundeninformationen in Echtzeit zu ermöglichen. Einige Unternehmen gehen sogar noch einen Schritt weiter und definieren die integrierte Extranet-Anwendung als primäre interne Anwendung für die Verwaltung der Kundeninformationen. Call Center-Mitarbeiter, Verkäufer und andere mit Kunden in Kontakt stehende Personen verwenden ebenfalls die Extranet-Anwendung, um Informationen abzurufen und zu aktualisieren. So wird sicher gestellt, dass Mitarbeiter und Extranet-Benutzer auf dieselben Informationen zugreifen.

-Es gibt keine widersprüchlichen Informationen, über die sich Benutzer ärgern und deswegen zu Mitbewerben wechseln könnten.
-Die Mitarbeiter haben Zugriff auf alle die Informationen, die sie für einen herausragenden Kundenservice benötigen.
-Informationen über abgeschlossene Transaktionen und aktuelle Anforderungen eröffnen dem Vertrieb neue Absatzmöglichkeiten durch Cross-Selling und Up-Selling zusätzlicher Produkte.
-Die Kosten für Erstellung, Pflege und Wartung von unterschiedlichen Versionen der Informationen für die verschiedenen Anwendungen entfallen.

Investitionsschutz

Wenn ein Unternehmen bedeutende Summen in den Kauf einer bestimmten Technologie oder Architektur investiert, sollte sicher gestellt sein, dass alle Folgeentscheidungen die ursprüngliche Entscheidung unterstützen oder zumindest nicht im Widerspruch zu ihr stehen. Für Unternehmen, die Extranet-Technologie implementieren, stehen drei grundlegende Methoden für die Integration in bereits bestehende Back-End-Systeme und Geschäftsprozesse zur Verfügung:

-Implementierung eines Standalone-Extranets ohne jegliche Echtzeit-Integrationsfunktionalität: Die Integration findet ausschließlich durch periodische Datenbankaktualisierungen oder manuelle „Rip-and-Read“Methoden statt. Diese Methode ist nicht nur aufwändig und dadurch kostspielig, sondern führt durch den Mangel an Integration und die daraus resultierenden Probleme bei der Datensynchronisierung auch zu verpassten Vertriebschancen und sinkender Servicequalität.

-Noch mehr Investitionen in die Integration bereits vorhandener Systeme: Normalerweise führt die Bemühung, eine Brücke von einem vorhandenen Informationsbestand auf ein Extranet zu schlagen, nur dazu, dass die Einschränkungen der verwendeten Anwendung auf den Web-Benutzer verlagert werden. Die Web-Anwendung spricht dann nicht die Sprache des Endbenutzers, sondern die der Mainframe-Anwendung.

-Dreischichtiger Ansatz mit adaptivem Zwischenschritt zwischen Extranet-Benutzern und Back-End-Systemen: Die Serverschicht in der Mitte dient als Plattform für das Sammeln der Informationen und Funktionalitäten mehrerer Back-End-Systeme und verwebt sie in neue kundenorientierte Anwendungen, die den Extranet-Benutzern präsentiert werden. Ein erheblicher Vorteil dieser dreischichtigen Architektur ist, dass das Extranet Veränderungen auf der einen Seite ohne Beeinflussung der anderen Seite ermöglicht. Die Extranet-Unternehmenslogik kann, je nachdem, ob die Back-End-Datenlogik oder die Front-End-Präsentationslogik modifiziert werden muss, in der Mitte entsprechend angepasst werden.

Konstante Veränderung

Weil die Geschäftswelt sich ändert, muss die Informationswelt sich ebenfalls ändern. Unterschiedliche Benutzer an unterschiedlichen Orten werden in Zukunft andere Arten von Informationen benötigen als solche, die heute verfügbar sind. Da Veränderungen jedoch kostspielig und zeitraubend sind, sollten Extranets so konzipiert sein, dass eine schnelle Reaktion auf neue Situationen ohne großen Aufwand möglich ist. Um diesen Anspruch zu erfüllen, sind Extranets auf Technologien wie beispielsweise eine komponentenbasierte Entwicklung, die die Wiederverwendbarkeit fördert, angewiesen. Als Komponenten zusammengefasste Informations- oder Unternehmenslogikelemente können sofort von neuen Komponenten oder Anwendungen verwendet werden. Moderne Extranet-Technologie bietet einen allgemeinen Rahmen zum Hinzufügen neuer Möglichkeiten, wie zum Beispiel:

-Neue Verbindungen für den Zugriff auf neue Datenquellen.
-Neue Funktionalität (Unternehmenslogik), die sofort für alle anderen Anwendungen und Komponenten innerhalb des Rahmens verfügbar ist.
-Neue Schnittstellen für die Übertragung aller bereits vorhandenen Daten an eine neue Anwendungsumgebung.
-Neue Informationselemente, die auf vorherige Versionen aufbauen.

Zuverlässigkeit

In den Technologien für den Aufbau von Extranet-Anwendungen wird ein Höchstmaß an dynamischem, wiederverwendbarem Code verwendet. So wird beispielsweise bei der Korrektur eines Fehlers dieser gleich an allen erforderlichen Stellen korrigiert. Der Code des Anwendungsrahmens und die Verbindungen zwischen Komponenten sind für Programmierer nicht sichtbar und können daher auch nicht nachteilig manipuliert werden. Anders sieht dies bei Anwendungsherstellern aus, die Assistenten oder andere Formen von Code-Generierung verwenden, die Programmierer dazu verleiten, den Code zu „verbessern”. Je größer also der Anteil an Extranet-Entwicklung auf der Informationsebene, desto geringer ist der Gesamtanteil des von Entwicklern geschriebenen Codes. Und dies bedeutet wiederum, dass sich weniger Zeilen mit potenziell fehlerhaftem Code einschleichen. Fällt bei einer dynamisch geladenen Komponente ein Problem auf, wirkt sich das Problem normalerweise ausschließlich auf diese Komponente aus und verursacht keine Abstürze bei anderen Benutzern oder anderen Anwendungen in derselben Umgebung.

Verfügbarkeit

Zahlreiche Faktoren beeinflussen die allgemeine Verfügbarkeit einer Anwendung. Viele davon hängen mit der Betriebssystemumgebung zusammen und liegen somit außerhalb der Kontrolle der Anwendungsumgebung. Allerdings bieten Extranet-Technologien in ihrer Architektur einige Funktionen, die die Verfügbarkeit verbessern. Zum Beispiel lässt sich eine Extranet-Anwendung aus Komponenten aufbauen, die nur auf entsprechende Anweisung hin dynamisch ausgeführt werden. Wenn dann bei einer Anwendungskomponente ein Problem auftritt, bleiben die anderen Teile der Anwendung intakt. Auch Standard-Webserver-Technologien wie beispielsweise Lastenausgleich und Hot Failover können in Extranet-Anwendungen verwendet werden, um die Verfügbarkeit zu verbessern.

Skalierbarkeit

Komponentenbasierte Anwendungen laden Komponenten nur dann, wenn sie ausgeführt werden und verwenden Ressourcen daher ausschließlich bei Bedarf. Daraus folgt, dass nach dem Ausführen einer Komponente die dafür verwendeten Ressourcen freigeschaltet werden und wieder zur Verfügung stehen. Darüber hinaus bietet der Anwendungsrahmen automatisch Unterstützung für mehrere Benutzer und Multithreading, wodurch optimale Skalierbarkeit auf Betriebssystemebene ermöglicht wird.

Sicherheit

Als das wichtigste Hindernis, das Kunden und Unternehmen von der Verwendung der e-Business-Technologie abhielt, galten bisher die damit zusammenhängenden Sicherheitsbedenken. Die Sicherheit von Extranets lässt sich jedoch genau wie jedes andere Risiko einschätzen, so dass entsprechende Entscheidungen hinsichtlich der Kosten möglicher Sicherheitsverletzungen im Verhältnis zum Schutz gegen eine solche Gefahr gefällt werden können. So bieten zum Beispiel Firewalls und andere Netzwerksicherheitstechnologien entsprechende Sicherheit für Extranets.

Fazit

Erfolgreiche Extranets entstehen nicht durch Zauberei, sondern werden von Unternehmen aufgebaut, die alle Aspekte ernst nehmen – Inhalte, Integration, Entwicklung und Betrieb. Ein Extranet ist eine wichtige Schnittstelle zu Kunden und kann sich sogar zum Herzstück einer vollständigen kundenzentrierten Computing-Umgebung entwickeln. Wenn ein Unternehmen hinsichtlich der Endbenutzer-Anforderungen immer auf dem neuesten Stand bleiben und dafür sorgen möchte, dass das Anwendungsdesign aufgrund der Kundeninformationen entwickelt wird und nicht die Back-End-Einschränkungen das Anwendungsdesign diktieren, dann sind Dynamik und Know-How gefragt. Dabei sind Extranets gewinnbringend. Ein Versicherungsunternehmen entwickelt beispielsweise derzeit eine Extranet-Anwendung, die als Ergänzung seines bereits vorhandenen Call Centers zum Einsatz kommen soll. Aktuell werden pro Jahr mehr als 66 Millionen Interaktionen abgewickelt, wobei die durchschnittlichen Kosten pro Anruf etwa 6 US-Dollar betragen. Angenommen, 17 % der 6 Millionen Versicherungsnehmer nutzten regelmäßig das Internet zum Surfen, könnten ausgehend von durchschnittlich 0,40 US-Dollar pro Interaktion bedeutende Kosteneinsparungen erzielt werden, wenn ein großer Anteil der Anrufe auf Extranet-Anwendungen umgelenkt würde. Bei solch positiven Aussichten auf Kundenzuwachs, Umsatzwachstum und Kosteneinsparungen kann ein sachverständig konzipiertes und maßgeschneidertes Extranet unter Verwendung angemessener Tools eine überaus lohnende Investition sein.

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