Die Auswahl der „richtigen“ Plattform stellt für viele Unternehmen eine Grundsatzentscheidung dar, nach der sich die anzuschaffenden Lösungen zu richten haben. Herr Karlheinz Peter, Geschäftsführer der PKS Software GmbH für die Bereiche Vertrieb & Partnerschaft, sprach mit Michael Wirt über das Pro und Kontra bei der Plattformauswahl.
Karlheinz Peter verantwortet als Geschäftsführer der PKS Software GmbH die Bereiche Vertrieb & Partnerschaft
Michael Wirt: Es wird ja heute viel über Plattformen diskutiert. Wie kommt das?
Karlheinz Peter: Früher war diese Diskussion überflüssig. Ein Unternehmen suchte eine geeignete Lösung und die Plattform kam dann quasi automatisch mit ins Haus. Das war die Blütezeit der proprietären Systeme. Alles war einfach und aus einer Hand, aber die Systeme waren inkompatibel und teuer. Hinzu kamen später die PC-Arbeitsplätze und mit ihnen die File- und Printer-Server. In Fertigungsbetrieben kamen oft noch CAD-Systeme oder Leitstände auf UNIX-Basis hinzu. Unter zunehmendem wirtschaftlichen Druck muss nun alles intelligent miteinander verzahnt werden. Genau diese Verzahnung oder Integration verursacht sehr hohe versteckte Kosten, speziell wenn sie über Plattformgrenzen hinweg erfolgen müssen. Hier beginnt dann in der Regel die Plattformdiskussion.
Michael Wirt: Sie sprechen von versteckten Kosten. Was meinen Sie damit genau?
Karlheinz Peter: Nehmen wir an, ein Unternehmen arbeitet mit Windows PCs auf dem Desktop, einer iSeries in der Verwaltung und einem Unix-Server in der Produktion. Erst mal brauchen Sie natürlich Skill für alle drei Plattformen und müssen den über Fortbildung aktuell halten. Themen wie Personalbeschaffung und Urlaubsvertretung werden anspruchsvoller. Regelmäßig finden Sie gleiche Daten in unterschiedlichen Datenbanken. Viele Daten werden bereits redundant gehalten oder stehen auf den anderen Plattformen nicht zur Verfügung. Manches wird sogar mehrfach eingegeben. Über Excel wird irgendetwas von verschiedenen Quellen mühsam zusammengestellt oder es wird über plattformübergreifende Anwendungsentwicklung mühsam zusammengeführt. Unterschiedliche Release-Zyklen der Plattformen verstärken das Problem. Die ganze Umgebung wird langsam, unsicher, zäh und statisch. Keiner möchte mehr etwas daran ändern, weil jeder Angst hat, dass es dann in der Gesamtheit nicht mehr richtig funktioniert. Dies führt zur technischen Veralterung der Systeme und behindert schnelle Reaktionen auf neue Geschäftsanforderungen.
Michael Wirt: Kann diese technische Veralterung über eine Art von Technologie-Refresh oder Modernisierung umgekehrt werden?
Karlheinz Peter: Prinzipiell ja. Die meisten Unternehmen können es sich nicht erlauben, einfach alles wegzuwerfen und auf der ‚Grünen Wiese’ wieder anzufangen. Gefragt ist ein intelligenter langfristiger Bebauungsplan, der sicherstellt, dass alles gut zusammenpasst und dabei eine hohe Flexibilität bei geringen Kosten ermöglicht wird.
Michael Wirt: Wie muss man sich einen solchen Bebauungsplan vorstellen?
Karlheinz Peter: Wesentliche Merkmale jedes Bebauungsplanes sind die Reduzierung der Komplexität und der Kosten. Man versucht die Anzahl der Hard- und Software-Plattformen auf ein sinnvolles Minimum zu beschränken. Bei der Auswahl achtet man auf Investitionssicherheit, Kosten und Verfügbarkeit der notwendigen Software, Skills und Tools.
Michael Wirt: Geht nicht die IBM mit der Power5-basierten iSeries genau in diese Richtung?
Karlheinz Peter: In der Tat zeigt IBM hier mit der Power5-basierten iSeries einen guten Ansatz. Es gibt nun eine gemeinsame Hardware für Linux, AIX und i5/OS. Durch die Verfügbarkeit von Linux auf allen Plattformen von der xSeries bis zur zSeries realisiert die IBM sozusagen ihren eigenen Bebauungsplan für Websphere. Dadurch, dass sich die Entwicklung langfristig auf Linux konzentrieren kann, entfällt der aufwändige Plattformport auf die i- und zSeries – und die Wirtschaftlichkeit steigt. Anwender können so auf dem „alten“ System neue Technologie nutzen.
Michael Wirt: Welche Alternativen gibt es?
Karlheinz Peter: In der Praxis treffen wir im Wesentlichen drei Szenarien: In den kleineren Unternehmen sehen wir einen starken Trend Richtung Windows. Die Desktop PCs laufen ohnehin unter Windows und da liegt es nahe, auch Windows Server im Backend einzusetzen. Inzwischen gibt es fast alle Software für diese Plattform und die Plattform als solches lässt sich auch stabil und performant betreiben. Bei den größeren Unternehmen sehen wir eine zweigleisige Strategie. Neben den Windows Servern gibt es noch eine iSeries oder ein Unix-System im Backend. Reine iSeries-Umgebungen gibt es ebenso wenig wie reine Linux-, Windows- oder Unix-Umgebungen. Wer eine gemischte iSeries- und UNIX-Umgebung hat, denkt oft schon über Plattformkonsolidierung nach. Hier ist Linux in vielen Fällen das langfristige strategische Ziel.
Michael Wirt: Wann wird Linux für iSeries-Anwender interessant?
Karlheinz Peter: Linux ist heute bereits ein Thema für alle, die e-Business mit der iSeries betreiben wollen oder mit Java entwickeln. Die meisten Software-Anbieter investieren heute in Windows und Linux. Für i5/OS gibt es zwar einen Riesenbestand an Software, aber neue Software wird kaum noch geschrieben. Ähnlich ist es mit den Skills. Viel guter AS/400-Skill geht in den nächsten Jahren in den Ruhestand und der Nachwuchs befasst sich lieber mit Windows oder Linux. Auch wenn Linux heute in vielen Punkten noch nicht die Reife eines i5/OS erreicht hat, so ist die Entwicklung doch kaum aufzuhalten. Spätestens bei größeren Neuinvestitionen kommt das Thema auf den Prüfstand.
Michael Wirt: Welche Rolle spielen Java und .NET bei der Plattformfrage?
Karlheinz Peter: Wie bereits erwähnt finden Neuentwicklungen heute kaum noch in RPG oder Cobol statt. Die meisten Unternehmen haben in ihren Bebauungsplänen Java oder .NET als Entwicklungsplattform vorgesehen. Die endgültige Entscheidung fällt vielen Unternehmen schwer, da zwar Java im Backend mittlerweile eine gute Akzeptanz hat, Microsoft mit Windows und .NET aber weiterhin den Desktop beherrscht.
Michael Wirt: Zurück zum Bebauungsplan. Was kann man mit einem Technologie-Refresh erreichen?
Karlheinz Peter: Generell ist ein Bebauungsplan nichts, was sich von heute auf morgen umsetzen lässt. Es ist eher wie ein Weg, auf dem man viele kleinere Schritte in die richtige Richtung macht. Der Technologie-Refresh ist die Grundlage für viele dieser Schritte oder vereinfacht diese ganz deutlich.
Michael Wirt: Wie sieht das in der Praxis aus?
Karlheinz Peter: Ein guter Einstieg ist meist die Benutzeroberfläche der bestehenden Anwendungen. Die vorhandenen 5250-basierten Oberflächen werden von vielen Anwendern als zu restriktiv und unflexibel empfunden. Das Problem lässt sich nur lösen, indem man den 5250-Datenstrom durch etwas Universelles ersetzt. Im Bebauungsplan könnten hierfür z.B. eine Thin-Client-Architektur mit Windows oder einer Browser-Oberfläche vorgesehen sein. Die Kommunikation mit dem Backend kann über XML erfolgen. Auf dieser Basis lassen sich dann völlig neue Funktionalitäten schnell und nahtlos in die Oberfläche integrieren. Das sichert die Unterstützung durch die Fachabteilung.
Michael Wirt: Kann man über den Technologie-Refresh auch Kosten senken?
Karlheinz Peter: Gerade für IT-Leiter im iSeries-Bereich ist es manchmal nicht leicht die Anschaffungskosten einer iSeries im Vergleich zu Windows- oder Linux-Servern zu begründen. In vielen Fällen gibt es jedoch die Möglichkeit, im Rahmen des Technologie-Refresh von einer teuren Enterprise-Edition auf eine preiswertere Standard-Edition zu wechseln. Da freut sich dann das Controlling.