Einer der wichtigsten Aspekte von Supply Chain Management (SCM) liegt in der inner- und überbetrieblichen Planung, Steuerung und Kontrolle von Produkten. Denn nur wer alle warenbezogenen Wertschöpfungsprozesse von der Fertigungsplanung und Produktion über Lagerung und Verkauf bis hin zur Distribution und Chargenrückverfolgung optimal im Griff hat, kann auf Dauer dem Wettbewerb standhalten. Kein Wunder also, dass die Marktauguren bei SCM-Lösungen in den nächsten Jahren einvernehmlich von erquicklichen Wachstumsraten ausgehen.

Beteiligte an vielen Orten

Ein weiterer Grund für das Boomen des Themas „SCM“ liegt in der fortschreitenden Internationalisierung und damit einhergehend auch in der geografisch weiten Verteilung von Zulieferern, Fertigern und sonstigen Partnern. Wer angesichts dieser Heterogenität seinen Erfolg langfristig sichern will, muss das flüssige und zugleich lückenlose Zusammenspiel aller Beteiligten realisieren. Denn zur Optimierung des physikalischen Materialflusses gehört zunächst einmal auch der optimale Fluss von Daten – innerhalb des Unternehmens und über dessen Grenzen hinaus.

SCM als Bindeglied

Genau zu diesem Zweck sind SCM-Systeme entstanden, die als roter Faden entlang der Supply Chain alle relevanten Prozesse unternehmensübergreifend zusammenführen, steuern und verwalten. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn entsprechende Basissysteme existieren. So muss beispielsweise das Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS) zunächst einmal definieren, zu welchem Zeitpunkt welche Rohstoffe und Bestandteile von Zulieferern benötigt werden, bevor auf Basis der Fertigungslogistik die entsprechenden Vorgänge in die Wege geleitet werden können. Ähnlich sieht es mit Warenwirtschaftslösungen (WWS) aus, die Aspekte wie Verfügbarkeiten oder auch die Verderblichkeit von Waren in die Zusammenhänge einbringen. Nur so lassen sich die erforderlichen Workflows aufbauen – insofern ist SCM nicht als isoliertes Einzelprodukt, sondern immer nur im Verbund funktions- und damit lebensfähig.

Ohne Integration läuft nichts

Gerade weil SCM nur als funktionaler Bestandteil einer Gesamtheit von operativen Systemen funktioniert, die in den Unternehmen in teilweise völlig unterschiedlicher Form vorliegen, ist eine in der Konsequenz übergeordnete Infrastruktur gefragt. SCM-Software ist mit anderen Worten nur so gut wie ihre Fähigkeit, sich in die bestehenden Anwendungsumgebungen integrieren zu lassen. Dass es sich dabei um ein durchaus anspruchsvolles Unterfangen handelt, zu dem mehr gehört als der bloße Aufbau einer Internet-Connectivity, zeigt ein Blick auf die Architektur von SCM-Systemen, die per se eine eigene Ebene für unternehmensübergreifende Planungs- bzw. Steuerungsfunktionalitäten erfordert. Aus diesem Grund sind Schnittstellen notwendig, um jederzeit auf Ursprungsdaten – wie beispielsweise Auftragsnummern und Stücklisten – zugreifen zu können.

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Kooperation bedeutet Öffnung

Ob Kosten-, Zeit- oder auch Qualitätsvorteile: Um für alle Beteiligten innerhalb der Supply Chain den gewünschten Nutzen zu bringen, müssen Informationen zwischen Produzenten, Lieferanten, Dienstleistern, Partnern und zumindest den bedeutendsten Kunden ausgetauscht werden. Wer sich dieser Öffnung verschließt, riskiert damit, auch selbst ausgeschlossen zu werden. Insofern geht es beim SCM nicht um die Optimierung der originär eigenen Prozesse, sondern darum, das Beste aus dem Gesamtprozess zu machen. Und wer nicht am gleichen Strang zu ziehen bereit ist, könnte schon bald ein ähnliches Schicksal erleiden wie die dicken Mohrrüben und zu groß geratenen Erbsen, die in den „kultigen“ Werbespots eines bekannten Konservengemüse-Anbieters aussortiert werden, weil sie nicht in das Produktbild „extra fein“ passen. Technologisch gesehen bleibt es dabei grundsätzlich völlig unerheblich, ob bei der Einbindung der Systeme TCP/IP- oder EDI- (Electronic Data Interchange-) Protokolle zum Einsatz kommen. Natürlich haben jedoch internetbasierte Ansätze verbunden mit Java- bzw. XML-Standards den großen Vorteil, dass sie den Beteiligten den Zugang zur Supply Chain und somit den möglichst lückenlosen Aufbau kollaborativer Netzwerke erleichtern.

Kleines Lager – großer Gewinn

Mit Blick auf die Funktionalität von SCM-Software fordern die Anwender vor allem, Entscheidungen in Echtzeit durchführen und bewerten zu können. Was ein gut funktionierendes SCM-System konkret zu leisten vermag, bringt das Schlagwort „Just in Time“ auf den Punkt. Die damit verbundene Vision einer Minimierung von Lagerkapazitäten geht jedoch weit über die klassische Bedeutung des Begriffes im Sinne einer reibungslosen Produktion hinaus. Denn schließlich gilt auch für das Endprodukt: Nur ein kleines Lager ist ein gutes Lager. Der „Just in Time“-Gedanke führt daher über die Möglichkeiten des SCM zur „Production on demand“ und trägt damit entscheidend zur Kostenoptimierung und in der Folge zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit bei.

Bedarf antizipieren – Versorgung steuern

Auch an dieser Stelle wird deutlich, wie wichtig die Daten der Vorsysteme sind. Denn beispielsweise nur über verlässliche Aussagen aus dem WWS lassen sich langfristig Bedarfsprognosen und -pläne für die Produktion entwickeln. Und ein in die Prozesse involviertes Customer Relationship Management- (CRM-) System ist darüber hinaus sogar in der Lage, auf Basis von historischen Daten und Customer Equity-Berechnungen verlässliche Zukunftsdaten zu ermitteln. Das gewinnbringende Ziel liegt darin, den Produktbedarf auf Basis von Beständen, Wareneingängen, Lieferzeiten, Losgrößen, Auftragslage und entsprechenden Nachfrageprognosen auf absehbare Bedarfe verlässlich zu antizipieren, ohne die Warenlager zu füllen – im optimalen Fall sogar die Ware genau unmittelbar, bevor sie dort überhaupt erst bestellt wird, an den Point of Sale zu bringen. Diese Synchronisierung von Angebot und Bedarf mag beim ersten Hinsehen nach Science Fiction klingen, ist jedoch mittlerweile Realität.

Das rollende Lager

Zur möglichst schlanken Lagerhaltung gehört auch, die Bestände auf die Transportwege zu verlagern. Die Umsetzung solcher Szenarien erfordert ein perfekt abgestimmtes Informationsmanagement, das sich auf alle Beteiligten erstreckt und ein äußerst hohes Maß an Aktualität in der Datenübertragung garantiert. Unter dem Stichwort „e-Logistik“ ist in diesem Kontext eine unternehmensübergreifende SCM-Kommunikation entstanden, die unter anderem auch die Speditionen und deren Fuhrunternehmer mit ihren gesamten Möglichkeiten in die Prozesse integriert. Vor diesem Hintergrund lassen sich DV-gestützt die Fragen nach dem aktuellen Standort des virtuellen Lagers und der optimalen Einbindbarkeit der Spediteure beantworten. Auch die Entwicklung optimierter Beladestrategien – beispielsweise für das Be- und Entladen schwerer Güter oder die Routenplanung inklusive Berücksichtigung der einschlägigen Gefahrstoff-Vorschriften zur Optimierung von Rollzeiten – fördern die Effizienz der Vorgänge in diesem Bereich ganz entscheidend. Alle diese Aspekte lassen sich auf Grundlage einer über die gesamte Wertschöpfungskette abgestimmten Kommunikation wesentlich erfolgsversprechender abbilden als im Rahmen von Insellösungen. Von dem kleinen „e“ und dem damit verbundenen Einsatz des Internets als Kommunikationsplattform ist gerade in der Logistik noch einiges zu erwarten.

Von Ortsunabhängigkeit geprägt

Ob in der Produktion oder auch im Handel: Die heutigen Lieferketten sind angesichts enger Margen und hohen Konkurrenzdrucks von Schnelligkeit geprägt – umso mehr, wenn verderbliche Waren im Spiel sind. Der Kostendruck trägt das Übrige zur Verschärfung der Situation bei, so dass die Produkte und Waren möglichst punktgenau und mit einem Minimum an Lager- und Rollzeiten über die gesamte Logistikkette bis hin zum Endverbraucher gelangen müssen. Da die Daten nicht nur zentral in der Administration, sondern auch an den unterschiedlichsten Orten entstehen, übertragen und abgerufen werden müssen, spielt die Einbindung von mobilen Endgeräten wie PDAs und Mobile Phones eine wichtige Rolle. So gelangt ein Despatch Advice (Liefer-Avis) schon lang vor der Ware in das betroffene Lager, und der Lagerverwalter kann sich frühzeitig um die entsprechende Koordination der eingehenden Waren kümmern. Durch Einbindung der Speditionen und Fuhrunternehmen in die Prozesse lässt sich zudem jederzeit abrufen, wann die Ware genau eintrifft; die Warenverfolgung auf Basis von GPS ist in diesem Zusammenhang nur eine Möglichkeit von vielen. Das Internet sowie moderne Protokolle wie XML oder auch EDI stellen in diesem Zusammenhang gemeinsam das Bindeglied zwischen den einzelnen Welten von Zulieferern, Produzenten, Händlern, Partnern und Kunden dar.

Dabei sein ist alles

Wenn, wie von Seiten der SCM-Anbieter zu hören ist, der moderne Wettbewerb nicht mehr zwischen den Firmen selbst, sondern zwischen den Supply Chains miteinander verwobener Unternehmen stattfindet, wird der sanfte Druck zum Mitspielen deutlich. Die individuell zu treffende Antwort auf die Frage „SCM-System oder nicht?“ ist insofern polarisierend und entscheidet auf der Zeitachse unter Umständen sogar über Erfolg oder Misserfolg. Das mag zunächst noch für eine überschaubare Anzahl von Branchen gelten. Doch das Beispiel EDI mit den eher verhaltenen und zunächst punktuellen Einsatzgebieten hat gezeigt, wie schnell die Dinge in Bewegung geraten können. Daher ist es dringend zu empfehlen, das Thema „SCM“ im Auge zu behalten – sowohl zur Optimierung des Gesamtprozesses als auch als persönliche Eintrittskarte in die Welt der modernen Wertschöpfungsketten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre der vorliegenden Ausgabe des Midrange Magazin.