Die Gewinnung eines Kunden ist teurer, als bestehende Geschäftsverbindungen auszubauen. Gerade deshalb müssen im Kundenbeziehungsmanagement – auch als Customer Relationship Management oder CRM bezeichnet – über sämtliche Bereiche hinweg alle Register gezogen werden, die zu langfristigen Bindungen und zur Optimierung der daraus erwachsenden Umsätze führen. 

Wissen ist Umsatz



Von dem englischen Renaissance-Philosophen Francis Bacon stammt das bekannte Schlagwort „Wissen ist Macht“ (ipsa scientia potestas est). Die gesellschaftliche Bedeutung dieser Aussage dürfte irgendwo zwischen den Zehn Geboten und den zum Kult gewordenen 285 Erwerbsregeln der Ferengi aus der Fernsehserie „Star Trek“ rangieren. Heute, gut vierhundert Jahre nach dem Bacon-Zitat und bezogen auf die beiden strategischen Unternehmensbereiche Marketing und Verkauf, müsste es im von Kommerz geprägten Informationszeitalter eher heißen: Wissen ist Umsatz. Denn das Wissen über den Interessenten und den Kunden ist einer der entscheidendsten Erfolgsfaktoren.



Kleine Auswahl der Ferengi-Erwerbsregeln



57. Gute Kunden sind fast so rar wie Latinum; ehre sie!

122. Wenn der Kunde geht, geht auch der Profit.
133. Schätze einen Kunden nie nach der Größe seiner Brieftasche ein (… manchmal kommen die guten Dinge in kleinen Päckchen).
194. Es ist gut fürs Geschäft, den Kunden zu kennen, bevor er durch die Tür spaziert.
205. Wenn der Kunde stirbt, hört das Geld auf zu fließen.



Keine gläsernen Kunden …



Dabei geht es weniger um persönliche Kundendaten im Sinne des gläsernen Kunden. Insofern ist es beispielsweise fraglich, ob das Mitschneiden, Scannen und im CRM-System Verfügbarmachen multimedialer Dokumente über den Kunden sinnvoll ist oder überhaupt mit den Persönlichkeitsrechten konform geht, so zum Beispiel bei der Analyse von Sprachmustern. Schließlich sind die Blockwarte und sonstigen Spitzelapparate des Dritten Reiches und der DDR heute nicht mehr als unrühmliche Historie.



… aber transparente Prozesse



Die Forderung nach Transparenz im CRM-Kontext bezieht sich nicht auf die einzelnen Menschen, die hinter den Kunden-Unternehmen stehen, sondern immer auf die Prozesse, die im Zusammenhang mit diesem Unternehmen ablaufen. So müssen alle Mitarbeiter, die für sie relevante Kommunikation mit den Kunden nachvollziehen können und auch dazu in der Lage sein, selbst geführte Gespräche entsprechend allgemein zugreifbar zu dokumentieren. Nur das Agieren „One Face to the Customer“ führt auch auf lange Sicht zum Erfolg. Wer schon einmal mit dem Support der Telekom zu tun hatte, der weiß, wovon hier die Rede ist.



Im Kommen: Geomarketing



Sicherlich gibt es in Sachen Transparenz auch Grenzbereiche. So spielt in Adressmanagement und -qualifizierung wie auch im Direct- und Database Marketing insgesamt der Kunde – wenn auch anonymisiert – als Person durchaus eine Rolle. Hier hat sich das Geomarketing als Instrument zur Beantwortung von Fragen wie „Wo sind meine Kunden zu Hause?“, „Wo befinden sich Gebiete mit hoher Kaufkraft?“ und „Wo liegen die umsatzstärksten Regionen“ etabliert. So muss beispielsweise im Geschäftsbereich „Deutsche Bank Private & Business Clients“ speziell im Bereich Kampagnenmanagement die Adressqualität zu jeder Zeit gewährleistet sein, um wirkungsvolle Mailing-Aktionen fahren zu können. Und nur permanent aktualisierte Daten können dabei helfen, die Verlustquote durch falsche Adressierung so niedrig wie möglich zu halten. Ein besonderes Plus, um ganz gezielt Kunden ansprechen zukönnen, stellt Geocodierung dar: indem bekannt ist, wie Kunden regional verteilt sind, wo genau Zielgruppen anzutreffen sind und in welchen Gebieten die Potenziale noch nicht voll ausgeschöpft wurden.



Von der Stange oder auch innovativ



Neben der Kommunikation im engeren Sinne zählen die Kundenhistorie, das Management kundenrelevanter Dokumente wie Verträge, Strategiepapiere und sonstige Vereinbarungen sowie die zentrale Terminverwaltung zu den weiteren Eckpunkten eines gut funktionierenden CRM-Systems. Dass der Phantasie in der Ausgestaltung der Kundenkommunikation keine Grenzen gesetzt sind, zeigt das Beispiel des Just-in-Time-Dialogs zwischen den Betreibern und Nutzern von Webseiten. So hat die 24you GmbH mit in2site ein pfiffiges Tool zur Direktansprache der Kunden im Internet entwickelt. Bei Anwahl der Homepage öffnet sich ein Chat-Fenster und ein Call-Center-Agent spricht den von der unerwarteten persönlichen Begrüßung überraschten Besucher an, um ihm seine Unterstützung anzubieten. Beispielsweise der Telemarketing-Spezialist CallbiZZ aus Neu-Isenburg setzt das Dialog-Tool erfolgreich ein. „Wir verfügen über die einzigartige Möglichkeit zur Kommunikation mit den Besuchern von Websites“, so CallbiZZ-Projektleiter Christian Mey. „Durch die sozusagen persönliche Ansprache können wir die Besucher ferngesteuert zu jeder gewünschten Information hinführen, auch auf den Seiten von Drittanbietern. Und dieser Kontakt bleibt bestehen, da wir mithilfe des Tools die Gäste bei späteren Besuchen auch wiedererkennen können.“



(Fast) immer im Sinne des Kunden



Wir selbst sind alle Kunden und können daher am eigenen Beispiel nachvollziehen, wie wichtig uns ist, als solcher auch auf lange Sicht wahrgenommen zu werden. Denn wer hat schließlich Zeit und Nerven, beim Darlegen des Anliegens jedes Mal bei Adam und Eva zu beginnen? Na gut, eine Ausnahme mag es geben: So manchem Unternehmer darf man unterstellen, dass es ihm lieber wäre, die Finanzbehörden würden ihre ‚Kunden’ weniger akribisch beobachten und dokumentieren; da ist es doch blanke Ironie der Geschichte, dass besagter Francis Bacon im Jahr 1598 wegen Steuerunregelmäßigkeiten hinter Gitter wanderte.



Bestandskunde droht mit Auftrag



Die Bestrebungen des CRM-Systems zielen ganz allgemein darauf, den bestehenden Kontakt zu Kunden oder Interessenten zu festigen und zu optimieren. Dahinter steht nicht mehr und nicht weniger als das durchaus legitime Streben nach der Erhöhung des Gewinns. Sicherlich ist das nicht gleichzusetzen mit dem möglichst ausdauernden „Schröpfen“ von Kunden, Lieferanten und Partnern; vielmehr geht es um die Sicherung und den Ausbau der Marktanteile in einem vom Wandel gekennzeichneten Markt, der heute mehr denn je von Information und Kommunikation geprägt ist. Auf diese realistischen Füße stellt Michael Brendel, CEO des CRM-Softwareanbieters Team Brendel AG, sein Thema in einem kürzlich veröffentlichten Buch. Unter dem bei Gabler erschienenen Titel „CRM für den Mittelstand” räumt der Autor mit einigen Vorurteilen gegenüber der CRM-Branche auf und gibt dem Leser praktische Tipps zum sukzessiven Aufbau entsprechender Strukturen in den Unternehmen.



CRM-Lösungen für die iSeries



Natürlich ist das Thema Kundenmanagement auch im Bereich der iSeries vertreten. Ein Blick in den Midrange Solution Finder führt zu einer Auswahl von spezialisierten Anbietern. Wer sich darüber hinaus im Diskurs mit Softwareherstellern, Beratern und Anwendern einen Überblick verschaffen will, sollte sich im Kalender den 13. und 14. November 2002 markieren. An diesen Tagen findet die CRM Expo Messe & Kongress in Köln statt, nach der Absage der salesTECH im Juni das wohl wichtigste Branchen-Event des Jahres.



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CRM-Systeme für den Mittelstand? Werfen Sie doch einen Blick in www.Midrange-Solution-Finder.de



Am eigenen Beispiel betrachtet



Was CRM im positiven Sinn bewirken kann, lässt sich analog auch im privaten Umfeld verdeutlichen. Wie ungleich wirksamer sind schließlich Erziehungsversuche, wenn das von der Mutter Angeordnete auch dem Hinterfragen des Filius beim Vater standhält? Und wer kennt nicht das Strahlen in den Augen der Gattin, wenn am Hochzeitstag der obligatorische Strauß Blumen auf dem Tisch steht – von dem Negativ-Szenarium wollen wir besser nicht sprechen. Nur schade, dass es für den privaten Bereich (noch) keine spezielle CRM-Unterstützung gibt. Aber wer weiß, vielleicht findet sich ein Venture für ein Family Relation Management. In diesem Sinne: Viel Vergnügen beim Lesen Ihrer Ausgabe des Midrange MAGAZIN.