Die ERP-Systeme kleiner und mittelständischer Unternehmen sind oftmals nur darauf vorbereitet, die internen Abläufe abbilden zu können. Soll das hauseigene System mit dem eines anderen Unternehmens korrespondieren, stößt es an seine Grenzen. Es besteht eine „digitale Kluft“. Auswege zur Überwindung dieser digitalen Kluft erläutert Frank Schiewer, Deutschlandchef von J.D. Edwards, im Gespräch mit Michael Wirt.

Michael Wirt:

Der Mittelstand ist ein interessanter Markt für Software-Anbieter. Ist das nur so, weil das Segment der großen Konzerne gesättigt ist?

Frank Schiewer:

Für mich – und damit natürlich J.D. Edwards – ist der Mittelstand seit jeher Kernmarkt. Ich stimme Ihnen zu, dass sich das hohe Wachstum im Segment Unternehmens-Software für Großunternehmen nicht weiter fortsetzt. Große Konzerne sind in der Regel gut ausgestattet und nutzen modernste Software-Lösungen und Konzepte, um die Effizienz ihrer Prozesse kontinuierlich zu steigern. Hier ist man sich bewusst, dass man in punkto Software nicht stehen bleiben darf. Ein völlig anderes Bild ergibt sich, wenn man die mittelständische Unternehmenslandschaft betrachtet. Hier liegt das Optimierungspotential, das moderne Unternehmens-Software bietet, noch weitgehend brach: Eine digitale Kluft geht durch die deutsche Wirtschaft.

Michael Wirt:

Ist der Grund dafür nicht einfach der, dass in den mittelständischen Unternehmen kein Bedarf an umfassenden Software-Lösungen besteht?

Frank Schiewer:

Die Automatisierung von Prozessen und der Austausch von geschäftlicher Information macht schon lange nicht mehr an der Unternehmenstür halt. Es besteht gerade die Gefahr, dass sich Teile des Mittelstandes von ihrem geschäftlichen Umfeld isolieren, weil sie aufgrund ihrer IT-Systeme nicht an der automatisierten, internetbasierten Interaktion zwischen Unternehmen teilnehmen können. Die Konzerne geben in dieser Entwicklung den Takt an. Sie fordern von ihren Zulieferern immer höhere Standards und das nicht nur bei Qualität und Preis, sondern auch verstärkt hinsichtlich der Zusammenarbeit selbst. Modernes Demand Planning, um ein Beispiel zu nennen, ist auf den Echtzeit-Input von vor- und nachgelagerten Unternehmen angewiesen. Der Mittelständler, der solchen Input liefern kann, hat im Wettbewerb entscheidende Vorteile.

Michael Wirt:

Der Begriff „Collaborative Commerce“ ist sehr stark mit Ihren Produkten verbunden. Welchen Stellenwert hat dieser Begriff in Ihrer Strategie?

Frank Schiewer:

Durch den C-Commerce wird die digitale Kluft zu einer echten Herausforderung für mittelständische Unternehmen. Die Marktsituation verschiebt sich grundlegend. Früher war jedes Unternehmen ein weitgehend geschlossenes Gebilde für sich. Heute tritt am Markt immer mehr die verzweigte Gruppe der Unternehmen, die an einer bestimmten Wertschöpfungskette beteiligt sind, als Gesamtheit auf. Automatisierte Prozesse nivellieren dabei zusehends die Grenzen zwischen den beteiligten Einzelunternehmen. Wir reden hier nicht von irgendwelchen Theorien. Der C-Commerce ist längst Realität und er wird sich schnell weiter entfalten. C-Commerce ist einfach ein effektives Konzept und so etwas setzt sich durch. Wer sich dem nicht anschließt, bleibt zurück. Präzise Prognosen, minimierte Bestände, Transparenz und Effizienz der Prozesse – das sind Faktoren von existentieller Bedeutung in der aktuellen wirtschaftlichen Situation. Vernetzte IT-Strukturen erschließen hier enorme Potentiale.

Frank Schiewer, Country-Manager J.D. Edwards Deutschland GmbH

Michael Wirt:

Das sind viele neue Anforderungen, denen sich der Mittelstand stellen muss. Gibt es überhaupt Software-Lösungen, die ihm das ermöglichen?

Frank Schiewer:

Das Angebot ist nicht das zentrale Problem. Die entsprechende Software ist vorhanden. Es geht darum, dass viele IT-Entscheider eine Vorstellung von modernen Systemen haben, welche nicht der Realität entspricht. Nehmen sie das Beispiel Supply Chain Management, Lösungen zur Steuerung der Wertschöpfungskette. Vor kurzem hat hier die IT-Beratung Pierre Audoin Consultants in einer Studie erhebliche Unterschiede zwischen Großindustrie und Mittelstand festgestellt. Dabei profitieren – unabhängig von ihrer Größe – alle Betriebe von der Einbindung in den Informationsfluss entlang einer Wertschöpfungskette. Vielen Mittelständlern erscheint es aber als Utopie, eine SCM-Lösung zu implementieren. Sie scheuen die Komplexität. Dabei lassen sich durch modularen Einsatz der Systeme klar abgegrenzte und sehr effektive Projekte aufsetzen. Ähnlich sieht die Situation bei e-Procurement aus, der elektronischen Beschaffung. Der Anteil der Waren und Dienstleistungen, die in Deutschland online gehandelt werden, liegt noch immer unter einem Prozent. Ausgereifte IT-Lösungen für den Mittelstand wären auch hier vorhanden, sie werden aber bislang kaum genutzt.

Michael Wirt:

Wie gestaltet sich eine Unternehmens-Software, die den Ansprüchen des Mittelstandes gerecht wird?

Frank Schiewer:

Um die digitale Spaltung zu überwinden, bedarf es eines integrierten Systems, das technologisch ausgereift ist und ein breites Funktionsangebot für alle Geschäftsbereiche bietet. Eine modulare Struktur sollte die stufenweise Realisierung einer umfassenden C-Commerce-Lösung ermöglichen. Nach und nach können so die Geschäftsprozesse über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus automatisiert und damit entscheidende Wettbewerbsvorteile erschlossen werden.

Michael Wirt:

Heißt neue Software nicht auch zwangsläufig, dass erheblich in Schnittstellen und Infrastruktur investiert werden muss?

Frank Schiewer:

Das ist eine Frage, von welcher Software wir sprechen. Generell kann man dies nicht so sagen. Im Gegenteil: Standardsoftware mit integrierter Enterprise Application Integration- (EAI-) Funktionalität verringert den Aufwand zur Pflege von Schnittstellen erheblich. J.D. Edwards 5 hat diese Funktionalität. Und zum Thema Infrastruktur kann ich sagen, dass unsere Software plattform- und hardware-unabhängig ist. Unser System läuft in einer Installation auf mehreren Plattformen. Das macht den Anwender unabhängig und schützt bereits getätigte Investitionen.

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