Die Zukunft hält Einzug in die iSeries-Gemeinde: Seit die eServer für den IBM Midrange-Markt vergleichsweise offen geworden sind, engagieren sich auch viele Marktneulinge für diese Klientel. Einer dieser Newcomer ist der ERP-Spezialist Navision. Bisher vornehmlich im AIX- und Unix-Umfeld aktiv, nutzen die nach der One-Code-Philosophie agierenden Dänen die Möglichkeiten von PASE (Portable Application Solution Environment), um Navision Attain auch im iSeries-Markt zu etablieren. Der Vertrieb erfolgt über eine starke Partnerbasis, die Navision Solution Center, die jetzt um iSeries-Spezialisten mit ERP-Know-how erweitert werden soll. Eine strategische Allianz mit IBM wurde jüngst angekündigt. Erklärtes Ziel von Navision ist die Verdopplung der Marktanteile bis 2004 – von heute 10 auf satte 20 Prozent. Erreicht werden soll dieses Ziel mit Hilfe zündender Argumente: Partner, die auf Navision-Standardlösungen setzen, entledigen sich eines zentralen Parts bei der Applikationsentwicklung. Der hoch funktionale ERP-Kern wird gegen Lizenzgebühr geliefert, allein das branchenspezifische Know-how und die kundenindividuellen Anforderungen werden aufgesetzt. Das spart Zeit und wohl auch Geld – gute Aussichten also für den Endkunden. Dieser soll seine COBOL- und RPG-Altlasten schnell ablösen können und muss für IT mit modernsten Features relativ geringen Implementierungsaufwand betreiben.

Hand in Hand

Ziel der Allianz mit IBM ist die Entwicklung kostengünstiger, integrierter Lösungen, die speziell auf die Anforderungen von KMUs zugeschnitten sind. Dazu werden die lBM eServer und die Business-Software “Navision Attain” zu einem leicht zu verwaltenden, funktional anspruchsvollen Gesamtsystem kombiniert. Die Allianz-Partner planen auch speziell für den Attain-User vorkonfigurierte iSeries-Maschinen, d.h. ein 270er Modell für 20 und eines für 50 User. Betriebssystemvoraussetzung ist V5R1, die Server sind zudem für den Einsatz weiterer Anwendungen wie e-Mail, Kalender und Web-Applikationen ausgelegt. Den xSeries-Markt adressiert man bereits gemeinsam: Attain ist für die ehemaligen Netfinity-Server schon verfügbar.

Gute Basis

Navision ging aus der Fusion von Damgaard und Navision Software hervor, stammt aus Dänemark – und dort findet auch die Basisentwicklung statt. Dazu gehören unter anderem Datenbank, Tools und Frameworks. Die Nordlichter vertreiben ihren englischsprachigen Software-Kern in 29 Länder, in denen dann die Anpassung an nationales Recht, Sprache, fiskaltechnische Gegebenheiten und markttypische Anforderungen stattfindet. Die deutsche Version erfährt ihre Abstimmung in relativer Nähe zur Mutter – nämlich in Hamburg.

Durchschnittlich 70 Prozent der jeweiligen Endlösung sind mit dem Standard abgedeckt. Die Partner – sogenannte NSC (Navision Solution Center) – setzen das Branchen-Know-how und damit das Delta auf die Software-Pyramide. “Eine wohldefinierte Aufgabenverteilung”, nennt Jürgen Baier, Geschäftsführer Navision PC & C Vertriebs GmbH, diese Struktur. Jedem in diesem Modell sei eine feste Rolle zugeteilt, jeder könne sich auf den jeweiligen Vorlieferanten verlassen. “Wir selbst haben zum Beispiel überhaupt kein Branchen-Know-how. Wir wissen nicht, wie eine Lebensmittellösung aussieht. Aber wir haben dedizierte Partner, die nichts anderes machen. Die tun das, was sie können und müssen sich nicht mit Betriebssystem, Datenbank oder FiBu herumschlagen. Das bekommen sie von uns.”

In Deutschland hat das Unternehmen rund 8.500 Kunden und 230 Partner. In der Schweiz bedient der ERP-Spezialist gut 900 Installationen mit durchschnittlich 10 Usern. 30.000 Unternehmen weltweit nutzen Navision Software.

PASE erleichtert

Seit Jahren ist das Unternehmen im AIX-Umfeld aktiv und hat schon länger mit dem Gedanken gespielt, auch den iSeries-Markt zu bedienen. “Durch die Möglichkeiten, die PASE uns bietet, haben wir jetzt eine schöne Möglichkeit, unsere bestehenden Produkte auf der AS/400 native laufen zu lassen”, so Jürgen Baier. “Den bestehenden Code haben wir nicht dramatisch verändern müssen, so konnten wir also unsere Strategie der One-Code-Situation für verschiedene Plattformen weiterverfolgen.” Diese Strategie stelle insbesondere sicher, dass man sich nicht verzettele. Navision positioniere sich nicht als plattformunabhängig und frei, sondern suche sich seine Aktivitätsfelder gezielt aus. Und der AS/400- und iSeries-Markt sei ein “absolut interessanter”.

Die entsprechenden Partner hätten nach Standardlösungen für ihre Plattform gefragt sowie nach mittelstandsorientierten, betriebswirtschaftlichen Lösungen mit Fokus Branche. “Da gibt es auch Segmente, die heute sehr gut abgedeckt werden”, merkt Baier an, “aber häufig sind die Lösungen ein bisschen ‚old-fashioned’ und basieren nicht unbedingt auf der neuesten Technologie und der neuesten Plattform.” Insbesondere im letzten Jahr hätten die Themen “e-Business” und “Mobile Services” an Bedeutung gewonnen. “Hier ist der größte Druck entstanden”, so der ERP-Experte, “und man stellt sich zwangsläufig die Frage: ‚Was muss ich an Geld in die Hand nehmen, um diese Neuerungen zu nutzen?’.”

Wermutstropfen

AS/400- und iSeries-affine Anbieter sollen von der Navision-Expertise profitieren und ihren “veralteten” Lösungen mit Hilfe von Attain zu neuem Glanz verhelfen. IBM unterstützt bei diesen Bemühungen – wahrscheinlich mit eher gemischten Gefühlen. Ein Wermutstropfen innerhalb der Kooperation: Navision setzt auf die eigenentwickelte Datenbank, die mit der Entwicklungsumgebung der Dänen eng verknüpft ist. DB2 bleibt außen vor – zumindest vorerst.

Schlacht um den Kunden?

Ganz klar definiert Jürgen Baier die Zielrichtung: “Wir wollen keinen Wildwest-Wuchs. Wir wollen nicht, dass alle IBM AS/400-Häuser jetzt plötzlich auf Navision-Lösungen schielen. Genauso wenig wollen wir, dass unsere bestehenden NSC wie wild auf die IBM-Kunden losgehen. Die haben ja heute bereits einen Partner und über den wollen wir Kontakt halten. ‚Kannibalismus’ ist nicht erwünscht.”

Nur sehr wenige der bestehenden NSC hätten bislang spezifisches Wissen im AS/400- und iSeries-Umfeld – “nur eine Handvoll”, meint der Geschäftsführer. Man suche im fragmentierten deutschen Markt neue Partner mit diesem speziellen Know-how, die von einer klassischen Win-Win-Situation profitieren und ihre Branchenkenntnisse in Attain einfließen lassen wollen. Ein solcher Partner müsse ERP-Wissen mitbringen und in diesem Segment auch seinen Zielmarkt sehen. “Ein Standbein sollten im weitesten Sinne kaufmännische Systeme sein”. Bisher hätten ausschließlich die NSC mit iSeries Know-how die Autorisierung zur Vermarktung des neuen Attain-Angebots.

The way to grow

Die Marktstrategie ist schlüssig, eine Bauchladenmentalität ist Navision fremd. Ein Code steht für alles, Beteiligungen erfolgen gezielt: Entweder wird Produkt-Know-how eingekauft oder gleich ganze Channel.

Die Partner können von ihrem ERP-Lieferanten viel erwarten: In Sachen Lead-Generierung, Marketing, Messeunterstützung, Pressearbeit und anderem. Die Dänen investieren zudem heftig in Forschung und Entwicklung und wollen insbesondere die Features integrieren, die “dem Kunden das Leben leichter machen”. Einen Teil dieser Funktionalitäten entwickelt Navision selbst, andere Teile werden zugekauft. Beim Thema “BI” zum Beispiel designt Navision die Cubes, betreibt aber beim Frontend keine Eigenentwicklung. “Da gibt es Spezialisten, die das besser können”, sagt Jürgen Baier. Man konzentriere sich hier allerdings nicht auf einzelne Anbieter, sondern gebe dem Partner Wahlmöglichkeiten. Ihn in einen Mantel zu zwingen, nennt der Geschäftsführer “töricht”: “Unser System muss offen sein und flexibel.”

Wachstum mit Mittelstand

Im gehobenen Mittelstand konzentriert sich Navision auf Großprojekte und damit auf Unternehmen, die in ihrer Zentrale zum Beispiel SAP-Software im Einsatz haben und ihre Profit-Center anderweitig versorgen wollen.

Auch die iSeries-Gemeinde soll das angepeilte Navision-Wachstum unterstützen – und damit für guten Appetit der Mitarbeiter des jüngst von Microsoft “übernommenen” Anbieters sorgen. In der Kantine der deutschen Navision-Unternehmenszentrale wurde ein Zähler installiert, der stets aktuell die Zahl der noch zu gewinnenden Kunden anzeigt – solange bis der Marktanteil 20 Prozent beträgt. Der Countdown läuft, das “Fensterln” im iSeries-Markt hat begonnen…

Jürgen Baier, Geschäftsführer Navision PC & C Vertriebs GmbH

Navision Deutschland

D–22607 Hamburg

Telefon: (+49) 040/899677-0

www.navision.com/de