CRM ist zum verheißungsvollsten und meist gehassten IT-Schlagwort der letzten Jahre avanciert. Die technischen Möglichkeiten scheinen unbegrenzt und dennoch treibt die praktische Umsetzung Unternehmern und Anwendern regelmäßig die Schweißperlen auf die Stirn. Was bringen aktuelle CRM-Systeme wirklich, was darf man von ihnen erwarten und wo muss entwicklungsseitig dringend nachgebessert werden? Eine kritische Betrachtung zum Thema CRM.
Die historische Dimension
Am Anfang stand der Wust. Ungezählte Adress-, Kontakt- und Aktionsplanungsdaten warteten auf ihre elektronische Verarbeitung und Systematisierung. Mit zunächst recht einfach gestrickten Softwarelösungen zum Kontaktmanagement war der erste Schritt zu einer systematisierten und potentiell automatisierten Kundendatenverwaltung getan. Dem Nutzer erschloss sich damit ein effizientes IT-Werkzeug zur Neustrukturierung sämtlicher Außenkontakte.
Mit den nachfolgenden Vertriebsinformationssystemen, auch bekannt als Computer-Aided-Selling (CAS) und/oder Sales Force Automation (SFA), die schon deutlich komplexer und individueller auf die spezifischen Bedürfnisse von Vertriebsorganisationen zugeschnitten waren, konnten schnell weitere ausgefeilte Module zur Vertriebssteuerung angeboten werden. Die neue Generation der SFA-Software bildete schließlich den kompletten Verkaufsprozess – vom Erstkontakt bis zur Nachbereitung des Auftrags – ab und ließ sich u. a. über Datenreplikation problemlos in mobile PCs integrieren.
Heute entwickeln viele SFA-Anbieter ihre Programme noch übergreifender im Sinne eines komplexen Customer Relationship Management. Aktuelle, ganzheitlich ausgelegte Unternehmenssoftware erlaubt allen Abteilungen mit Kundenkontakt – also insbesondere Vertrieb, Marketing, Service und Call Centern – auf gleicher Datenbasis zu operieren. So erkennt der Call-Center-Mitarbeiter mit einem Klick, wann der nächste Außendiensttermin ansteht und der Verkäufer weiß, wann und warum der Kunde das letzte Mal Serviceleistung beanspruchte. So genannte CRM-Pakete, die potenziell im Stande sind, sämtliche Unternehmensprozesse zu integrieren, stehen jedoch aufgrund der Vielzahl der notwendigen Funktionalitäten und Verknüpfungen auch heute noch am Anfang und die meisten Unternehmen setzen erst Bruchteile der angebotenen CRM-Lösungen ein.
Mit den jüngsten eCRM-Systemen, die eine Verschmelzung von e-Commerce und CRM erreichen, lässt sich nicht nur der Webauftritt mit dem unternehmenseigenen System verknüpfen – auch die Anbindung von externen Partnern (z. B. Händlern) ist machbar.
Visionen vom Durchbruch zur totalen Kundenorientierung und die Innovationskraft starker Anbieter haben die Messlatte potenziell erreichbarer Wettbewerbsvorteile immer höher gelegt. Allerdings entwickelt sich der Softwaremarkt unter dem Vorzeichen eines voll integrierten Informationsmanagements derzeit zu einer Dreiklassengesellschaft: An der Spitze führen global agierende Konzerne mit ausgefeilten CRM-Systemen, während der außendienstorientierte Mittelstand weiterhin mit den eher pragmatischen CAS-Lösungen arbeitet und kleine Unternehmen sich nach wie vor mit der preiswerten Variante des Kontaktmanagers begnügen. Aber die Grenzen werden zunehmend fließend und die Orientierung im Softwaremarkt fällt schwerer denn je. Den aktuellen Stand der Softwareentwicklung zu überblicken oder gar kompetent zu bewerten, sehen sich viele IT-Verantwortliche zu Recht außer Stande.
Probleme mit CRM
Totale Datenintegration – zweifellos das primäre Ziel jeder CRM-Vision – hat zwangsläufig zu einer kaum überschaubaren Komplexität im Bereich des Customer Relationship Management geführt. Für den Nutzer ist das Thema CRM nicht einfacher, sondern nebulöser geworden. Die Schuld hierfür allein bei den Anbietern zu suchen, wäre jedoch falsch. Auf Anwenderseite stutzen unklare Zielvorgaben, interne Akzeptanzprobleme und zu kurzfristig greifende Kosten-/Nutzenanalysen ebenso nachhaltig die euphorischen Erwartungen, wie sie vonseiten der IT-Anbieter mangels ausreichender Beratungsleistung und zum Teil (noch) durch unbefriedigende Lösungen ebenfalls begrenzt werden.
Neuausrichtung der Organisation
Zwar beflügelt alle Beteiligten der Wunsch nach mehr Kundenorientierung, wirklich gelebt wird sie jedoch kaum. Und da hilft auch das beste CRM-System nicht weiter. Eine IT-gestützte Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichem Erfolg werden deshalb nur solche Vertriebs- und Serviceorganisationen erreichen, die auch bereit sind, eigene E-Business-Strategien zu entwickeln und radikale Umdenkprozesse im Management und bei allen Mitarbeitern an der Kundenfront herbeizuführen. Gelebte Kundenorientierung basiert nun einmal auf Human Ressources, keine Technik der Welt kann allein zu mehr Umsatz verhelfen, wenn die Organisation und das Socializing rund um Hard- und Software nicht aufschließen.
Als eine Bündelung von Maßnahmen im organisatorischen, technischen und strategischen Fahrplan eines Unternehmens weisen optimal gesteuerte CRM-Projekte damit weit über reine Softwarebelange hinaus. Organisationsstrukturen müssen gegebenenfalls neu definiert, klare Projektziele festgelegt und die eingesetzte Software präzise den internen Organisationsmechanismen angepasst (customiziert) werden. All dies erfordert ein aktives und enges Miteinander von Unternehmensmanagement und IT-Partnern, sowie ein Höchstmaß an Entscheidungskompetenz und -flexibilität.
Dass die Bereitschaft zu derartig nachhaltigen Veränderungen in der Praxis jedoch noch einiges zu wünschen übrig lässt, zeigen zahlreiche Berichte über mehr oder weniger geglückte Einführungsprozesse von CAS- oder CRM-Systemen. Solange ein Vertriebsleiter als vorrangiges Ziel seines CRM-Systems die verstärkte Überwachung des Außendienstes definiert, muss jedes noch so gute System an der mangelnden Akzeptanz der Anwender scheitern.
Auch der Anspruch – quasi im Hauruck-Verfahren – allen relevanten Unternehmensbereichen die Gesetzmäßigkeiten eines neuen CRM-Systems überstülpen zu wollen, muss ins Leere laufen. Zu viele Baustellen erzeugen mehr Chaos als Erfolgserlebnisse. Entscheidet man sich dagegen für eine sukzessive Vorgehensweise in einzelnen, überschaubaren Teilprojekten, kann sich der ganzheitliche CRM-Ansatz schrittweise vollziehen und verwirklichen.
Anspruch und Prüfung zur Werthaltigkeit eines CRM-Systems
Wie nachhaltig die Stabilisierung bestehender Kundenbeziehungen verbessert, Kundentreue gefördert und die Generierung von Neugeschäft unterstützt wird, muss zusätzlich über eine parallel installierte und verlässliche Umsatz- und Rendite-Betrachtung, die den Prozess der System-Implementierung kontinuierlich begleitet, verifiziert werden.
Darüber hinaus sollte eine kritische Kostenbetrachtung bei der Berechnung des maximalen Return of Investment (ROI) auch die deutlich reduzierten Vertriebs- und Durchlaufkosten entsprechend berücksichtigen.
Last but not least: Erst eine präzise Prozessbetrachtung führt zu verlässlichen Ergebnissen. Und erst auf deren Grundlage ist eine Bewertung veränderter Informationsflüsse und die Erreichung von Transparenz in allen Organisationsbereichen möglich. Zudem sichert die lückenlose Analyse der angestoßenen Prozesse die notwendige Früherkennung von Schwachstellen und hilft, interne Reaktionsprozesse zu bescheunigen.
Trends im CRM -Markt
Der Markt der Anbieter und Lösungen zum Thema CRM ist verglichen mit anderen Softwarebereichen immens. Global-Player wie Siebel, SAP, Oracle, J. D. Edwards und Peoplesoft/Vantive bieten ein breites Spektrum an Funktionalitäten, sind jedoch vornehmlich für Einsatzbereiche in Großunternehmen und Konzernen geeignet. Der zusätzlich umworbene Mittelstand ist in Partnerschaften mit den Marktführern im Grunde überfordert und verlässt sich zunehmend auf kleine Firmen und innovative Lösungskonzepte, die sich dezidiert mit den Bedürfnissen klein- und mittelständischer Firmen oder einzelner Branchen auseinandersetzen.
Rein technisch sind im CRM-Bereich derzeit die folgenden Tendenzen zu erkennen:
Personalisierte Informationen
Erst aus der Individualisierung (Profiling), also der Kombination der vorgehaltenen Daten, entsteht für Anbieter und Kunden eine echte One-to-One-Marketing-Situation, die für alle Beteiligten den eigentlichen Mehrwert darstellt.
Echtzeitkommunikation, Integration aller Kommunikationskanäle
bedeutet eine webbasierte, mobile Unterstützung sämtlicher Kommunikationskanäle zum Kunden, wie sie beispielsweise im Bankgeschäft – von der SMS bis zum Geldautomaten – bereits genutzt werden.
Produkt-orientiertes CRM
Viele CRM-Systeme scheitern bei der Unterstützung produkt- oder serviceorientierter Verkaufsprozesse (z. B. über multimediale Produktkataloge), bei Produktklassifizierungen oder bei der Konfiguration von komplexen Produkten. Solche Funktionalitäten sind aber in vielen Branchen, wie der Konsumgüterindustrie oder dem Maschinen und Anlagenbau, absolut notwendig. Benötigt werden hier also Systeme, die sowohl bei der Erstellung aussagekräftiger Angebote als auch bei einer intelligenten Preisfindungssystematik unterstützen.
Analytische CRM-Tools
Die Möglichkeiten der Datenanalyse sind heute bei Weitem nicht ausgeschöpft. Trotz der Feststellung, dass sich viele Unternehmen derzeit vor allem in operativen Bereichen mit den eingesetzten Systemen abkämpfen, wird der Trend zu analytischen CRM-Tools und ihren Möglichkeiten zur Dechiffrierung erkennbarer Muster in den Verhaltensweisen vieler Kunden bereits deutlich erkennbar. Hier liegt zweifellos eine große Entwicklungschance für die Zukunft des CRM.
Out-of-the-Box mit stark individualisierter Funktionalität
Die Vertriebsprozesse einzelner Unternehmen weichen naturgemäß stark voneinander ab. Insofern müssen Angebote von Standard-Lösungen für alle Branchen und Bereiche im Grunde unzureichend bleiben. Dagegen bieten Systeme mit eigener Middleware, die die jeweilige Anpassung der Software an die spezifischen Kundenbedürfnisse leistet, eine wirtschaftlich absolut rechenbare und zukunftsorientierte Alternative.
Offen, skalierbar, komponentenorientiert
Neben ERP, PLM/PDM, Data-Warehouse und anderen Systemen muss ein wettbewerbsorientiertes Unternehmen im Zeitalter komplexer CRM-Lösungen auch diese administrieren und warten. Um hier Leistung und Aufwand in ein vernünftiges und ökonomisch sinnvolles Verhältnis zu bringen, müssen sich langfristig tragfähige CRM-Systeme über eine offene und komponentenorientierte Architektur zur Integration in Back-Office-Systeme eignen und technologische Standards wie XML auf Basis einer mächtigen Middleware-Struktur unterstützen.
eCRM-Support
Die Sicherstellung reibungsloser unternehmensweiter Kommunikations- und Informationsintegration ist schon heute für leistungsfähige CRM-Systeme Standard. Die Zukunft liegt in der Erweiterung des technischen Horizonts in Richtung unternehmensübergreifender Kooperationen, wenn auch Geschäftspartnern und Kunden über eine einheitliche Plattform/Portal die gemeinsame Nutzung von Informationen ermöglicht wird.
Workflow zur Steuerung und Unterstützung des Vertriebs
In der Regel haben die Linienvorgesetzten keinen Einblick in das Handeln Ihres Vertriebsteams. Damit vergeben Sie die Chance, Erfahrungen die im Unternehmen bzw. durch Dritte generiert werden, unmittelbar in die vertriebliche Steuerung einzubeziehen. Um hier weiter zu optimieren, bieten sich eine Vielzahl von Workflow-Szenarien an.
Schnelle Informationsfindung
Hinter jedem Vertriebsvorgang oder Projekt stecken eine Reihe von Routinearbeiten, die in den wenigsten Systeme ausreichend berücksichtigt sind. Dabei könnten leistungsstarke CRM-Systeme z. B. im Bereich Angebotsschreibung oder Produktkonfiguration deutlich entlasten, wenn Standardprozesse über intelligente Findesysteme abgefangen werden. Gelänge dem System auch nur die Einsparung weniger Minuten pro Tag und Vertriebsmitarbeiter – was absolut realistisch ist – gewinnt das Unternehmen über das Jahr ein erhebliches Zeitbudget zur direkten Pflege und Akquisition von Kunden – das Ergebnis liegt auf der Hand.
Intuitiv bedienbar
Der Erfolg eines CRM-Systems hängt von der Bereitschaft und dem Input seiner Anwender und damit von der mehr oder weniger leicht zugänglichen und „motivierenden“ Benutzeroberfläche ab. Wird der User bereits im ersten Schritt über mühsame Einarbeitungsprozesse verschreckt, ist der Misserfolg des Systems bereits vorprogrammiert.
Abschließend sei festgestellt: Der „CRM-Hype“ und die folgende Ernüchterung und Stagnation hat im CRM-Anbietermarkt nicht nur deutliche und zum Teil unerfreuliche Spuren hinterlassen, sondern führt derzeit zu einer unübersehbaren Marktkonsolidierung. Schon jetzt gehen viele Branchenkenner von einem neuerlichen, aber nachhaltigen CRM-Aufschwung aus. Sparen wir uns die Spekulationen, denn eines bleibt sicher: Auch in Zukunft werden Kundenpotentiale in erster Linie über persönliche Kontakte und zwischenmenschliche Beziehungen erschlossen werden und CRM bietet Unternehmen sowie deren Vertriebs- und Marketingabteilungen immer „nur“ ein zusätzliches Werkzeug, um Produkt und Kunde besser und näher zusammenzuführen.
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