MIDRANGE 02/2017 - page 43

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Mammutprojekt mit einem kompletten
Funktionsumfang, das spät das Go-Live
erlebt und daher in der Innensicht kei-
ne „gute Presse“ bekommt.
Der Erfolg eines MWFM-Projekts
steht und fällt mit der Nutzerakzep-
tanz. Um diese zu gewährleisten, macht
es Sinn, Vertreter aus allen betroffenen
Abteilungen schon bei der Entstehung
der Anforderungsliste einzubinden. Da-
rüber hinaus unterschätzen viele Pro-
jektmanager das praxisnahe Wissen
der Key User. Manchmal werden Funk-
tionskonzepte am grünen Tisch erar-
beitet, die sich später als wenig praxis­
tauglich herausstellen. Fertige mobile
Lösungen ermöglichen Endanwendern
– anders als reine Technologieplatt-
formen –, Lösungskonzepte zu einem
sehr frühen Zeitpunkt auszuprobieren
und zu kommentieren. So lassen sich
Schwachstellen frühzeitig aufdecken.
Dies ermöglicht es allen Beteiligten –
von der Fach- und IT-Abteilung über
den Betriebsrat bis hin zu externen Lie-
feranten –, gemeinsam eine Lösung zu
entwickeln, mit der alle zufrieden sind.
Zeitdruck
Ein besonderes Phänomen ist der Zeit-
druck, unter dem viele MWFM-Projekte
stehen. Dies rührt oft daher, dass der
Auswahlprozess für die passende Lö-
sung mehr Zeit in Anspruch nimmt als
ursprünglich eingeplant. Diese Zeit soll
dann beim Rollout der Lösung einge-
spart werden. Fakt ist auch, dass viele
Unternehmen die Tragweite des Pro-
jekts unterschätzen. Wichtige Projekt-
phasen wie Pilotierung, Schulung und
Nachschulung bzw. Coaching kommen
dadurch oft zu kurz. Ferner ist betriebs-
wirtschaftlich zu prüfen, woher der
Zeitdruck tatsächlich rührt. Den Pro-
jektplan auf Kosten der Prozessqualität
durchzusetzen, wird am Ende nieman-
den zufriedenstellen.
Über ein zentrales MWFM-System
haben Disponenten alle Mitarbeiter
und deren Qualifikationen im Blick.
Da es sich hier um personenbezogene
Daten handelt, muss der Betriebsrat in
Deutschland diesem Vorgehen zustim-
men. Wenn Unternehmen diesen nicht
gleich zu Beginn eines MWFM-Projekts
mit einbeziehen, kann sich diese Zu-
stimmung plötzlich um Monate, wenn
nicht gar um Jahre verzögern, weshalb
hier eine offene, klare und rechtzei-
tige Kommunikation zwischen Ma-
nagement und Betriebsrat Pflicht ist.
Die Einführung eines MWFM-Systems
sollte jedoch nicht auf eine reine Ren-
diteoptimierung des Unternehmens
zielen, sondern auf eine Verbesserung
des Kundenservices. Auch um wettbe-
werbsfähig zu bleiben, sollten Mitar-
beiter und die Geschäftsleitung hier
einen gemeinsamen Weg finden, der
vor dem Hintergrund geltenden Rechts
die Belange beider Parteien berücksich-
tigt, personenbezogene Daten schützt
und kein unbegründetes Misstrauen
schafft.
Internationalisierung
ohne Regionalisierung
Die Einführung einer MWFM-Lösung
in einem internationalen Unterneh-
men stellt eine besondere Herausfor-
derung dar, da meist jede Region ihre
eigenen angestammten Prozesse und
Besonderheiten hat. Die Heterogeni-
tät der Niederlassungen spiegelt sich
nicht nur in der unterschiedlichen Grö-
ße, Mitarbeiterzahl, Sprache und Kul-
tur wider. Mehr noch spielen für ein
MWFM-Projekt die unterschiedlichen
IT-Systeme, legale Richtlinien, die ge-
nerelle IT-Infrastruktur des Landes
und der Support in unterschiedlichen
Zeitzonen eine bedeutende Rolle. Bei
der Einführung einer internationalen,
standardisierten MWFM-Lösung soll-
ten Unternehmen deshalb darauf ach-
ten, dass Niederlassungen ihre regio-
nale Flexibilität und Besonderheiten
bewahren und ob lokale Stärken sogar
den Standard bereichern können.
Hannes Heckner
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