Software-Lösungen für den Personalbereich gehören sicherlich nicht zu den großen Hype-Feldern der IT-Branche. Nichtsdestotrotz hat sich unter dem Branchenschlagwort Human Resources (HR) gerade in den letzten Jahren sehr viel getan. Ein Blick lohnt sich allemal, denn die Potenziale sind groß – für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen. Vielleicht ist Ihnen bei einer Reise durch England auch schon einmal an so mancher Gaststätte ein Schild negativ aufgefallen: „No children“ – keine Kinder erlaubt. Hintergrund hierfür ist jedoch weniger der Jugendschutz als vielmehr Historisches. So wurden zur Blütezeit der Industrialisierung die Kleinsten von ihren Müttern in die Pubs geschickt, um nach den angetrunkenen Vätern Ausschau zu halten und mit ihnen auch den Rest der kurz zuvor erhaltenen Lohntüte nach Hause zu bringen. Die war damals nämlich noch wörtlich zu nehmen – und die Kinder verhinderten (offensichtlich zu) oft das lukrative Geschäft der Schankwirte.

Alte Zöpfe sind längst abgeschnitten

Der bare Lohn ist natürlich längst ein Relikt der Vergangenheit. Aber mehr als das, sogar die schriftlichen Gehaltsmitteilungen – ehemals noch mit allerlei Tricks gegen die neugierigen Blicke der Kollegen geschützt – sind in größeren Unternehmen heute bereits abgeschafft. Wozu wurde schließlich das PDF-Format definiert, wenn man es bei solchen, wie die Faust aufs Auge passenden Gelegenheiten nicht nutzt? Material- und vor allem Prozesskosten-Sparen ist angesagt, effizientes und sicheres Online-Verteilen im Sinne von „Rettet die Bäume“: Die Mitarbeiter erhalten ihre Abrechnung „pull“ statt „push“ über Passwort-geschützte Portale, die für sie weit mehr zu bieten haben als das.

Employee Self Service

Kleinster gemeinsamer Nenner für alle Mitarbeiterportale ist die Möglichkeit, personenbezogene Daten selbst zu editieren. Klar dürfen weder das Geburtsdatum noch der -ort geändert werden, dafür aber Vor- und Familienname, soweit vom Standesamt beurkundet. Manche Felder lassen sich ändern, manche nicht. Die Lohnsteuerklasse wird lediglich angezeigt, aber darf natürlich nicht auf eigene Initiative hin gewechselt werden, hingegen sind integrierte Simulationsmöglichkeiten durchaus sinnvoll: Was würde ich netto herausbekommen, wenn ich als Verheirateter die Lohnsteuerklasse wechsle oder das gemeinsame Kind komplett auf den anderen Elternteil schiebe? Simulieren lässt sich natürlich auch der Nettoeffekt einer Lohnerhöhung – hier kann schließlich ein Euro „zu viel“ einen ungewünschten Progressionsschritt mit sich bringen, und überhaupt wäre ja vielleicht auch die indirekte Lohnerhöhung durch die Übernahme eines Firmenwagens der steuerlich bessere Weg.

Selbstverwaltung und Mitverantwortung

Von der Anzeige des Personalkalenders, Urlaub und Zeitnachweise über Reisekosten samt Erfassung und Bearbeitung von Telefonabrechnungen bis hin zum Vorschlagswesen für betriebliche Verbesserungen, das Buchen von Arbeitszeiten am eigenen PC-Arbeitsplatz oder auch ein Fortbildungsmanagement inklusive Seminarantragsverfahren: Im Portal können die Mitarbeiter nicht nur über ihre Belange informiert und mit den wesentlichen Formularen versorgt werden – Stichwort: Bescheinigungswesen. Vielmehr werden sie ganzheitlich und aktiv in personalwirtschaftliche Prozesse eingebunden, was sich nicht nur auf den Kenntnisstand, sondern gerade auch auf die Motivation positiv auswirkt, und ganz nebenbei sinkt dabei der Administrationsaufwand in den Personalabteilungen.

Wer Eigenverantwortung fordert, sollte sie auch zulassen

Den produktionssteigernden Faktor Information betont Franz Langecker, Chefredakteur von CoPers Computer + Personal, dem führenden Fachblatt für den Bereich HR und IT, und langjähriger Beobachter des Markts: „Man kann von den Mitarbeitern offenen Auges nur dann selbstständiges Arbeiten und Eigenverantwortung verlangen, wenn man dieses dann auch konsequent zulässt und die dafür notwendigen Werkzeuge bereitstellt.“ Mit Blick auf den US-amerikanischen Markt, der uns seiner Erfahrung nach in diesem Punkt um Längen voraus ist, spricht er von immensen Transaktionskosteneinsparungen, die sich durch die Einführung der Personalselbstverwaltung über HR-Portale erzielen ließen: „Alle Mitarbeiter müssen nahtlos in den Informationsprozess integriert sein. Nicht zu unterschätzen ist zudem, dass sich die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen stärken und die Motivation steigern lässt, indem beispielsweise Möglichkeiten zur autonomen Wahl verschiedener Vergütungsmodelle bestehen oder deren Durchführbarkeit simuliert werden kann.“

Die Dienstreise im Griff

Auch das Planen, Erfassen und Abrechnen von Dienstreisen birgt interessante Potenziale. Zu denken ist an die Zeitersparnis und den minimierten Aufwand in der Organisation, wenn beispielsweise der Außendienstmitarbeiter in nur einem Arbeitsgang und damit Workflow-orientiert die per privater Kreditkarte bezahlte Hotelrechnung, das Kilometergeld für das privat genutzte Fahrzeug oder auch Tankbelege und natürlich die Spesen im Dialog selbst ins System eingibt. Hier können auch umfangreiche, betrieblich individuelle Reiseordnungen hinterlegt sein und zur Abrechnung kommen; sinnvoll sind zudem Währungstabellen für alle Länder der Welt. Ebenfalls zum Einsatz kommen benutzerabhängige Reiseantrag- und Genehmigungsverfahren mit elektronischen Unterschriften für Reisende, deren Vorgesetzte und entsprechender Prüfstellen.

Die Payroll im Outsourcing

Vor dem Hintergrund der Effizienzsteigerung in den Unternehmen steht auch immer wieder das Thema Outsourcing auf der Agenda. Inwieweit lässt sich die Abrechnung von Lohn und Gehalt nach außen verlagern? Der weitestgehend isolierte Anwendungsfall Payroll ist für die Abwicklung über ASP- (Application Service Providung-) Modelle geradezu prädestiniert. Denn eine Integration steht im Gegensatz zu den meisten anderen Bereichen von Business-Software überhaupt nicht zur Diskussion; vielmehr genügen gut organisierte Schnittstellen zur Finanzbuchhaltung, die alle berechneten Ergebnisse der externen Dienstleister zur Kontierung und Anweisung via Online-Banking regeln. Hinzu kommt, dass gerade die Abrechnung von Lohn und Gehalt immer wieder aufs Neue von vielen gesetzlichen Änderungen betroffen ist und daher ein regelmäßiges wie intensives Auseinandersetzen mit der Materie erfordert. Nicht selten wird daher auch bei mittelständischen Unternehmen an einen Steuerberater ausgelagert, der die Services wiederum beispielsweise mit Hilfe von Datev, der Genossenschaft für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte abwickelt.

Sensibilität und Vertrauensschutz gefragt

Allerdings wird hierzulande kaum etwas so sensibel eingeschätzt wie vertrauliche Lohndaten. Daher ist von den Dienstleistern insbesondere lückenlos dafür Sorge zu tragen, dass keine Informationen, die an sie weitergeleitet werden, in falsche Hände geraten. Hier bieten sich die anonymisierte Auslagerung der Berechnung an sowie das nachträgliche Zusammenführen von berechneten Daten und Personen innerhalb der sprichwörtlichen eigenen vier Wände. Zu den Outsourcing-Spezialisten zählt Hansalog mit nach eigenen Angaben jeden Monat abgerechneten über 2,5 Millionen Arbeitnehmern in mehr als 1.500 Firmen. Franz Jürgens, Geschäftsführer der Hansalog GmbH & Co. KG, sieht den Trend immer mehr zu Outsourcing gehen: „Der Vorteil bei ASP liegt darin, dass die Kunden keine eigene Software mehr vorhalten müssen und die von ihnen genutzte Lösung sich immer auf dem neuesten Stand der Gesetzeslage befindet.“ Gegenüber der Datev grenzt er ab: „Unser Rechenzentrum kennt keinen Umweg über den Steuerberater, der Kunde hat die direkte Leitung zu unserem Rechenzentrum. Wenn Fragen oder Wünsche aufkommen, können diese direkt beantwortet werden, und auch ein Wechsel von Lizenz zu Outsourcing oder umgekehrt ist jederzeit ohne großen Aufwand möglich.“

Inhouse oder extern berechnet? In der Frage des Monats Dezember 2004 auf www.midrangemagazin.de haben wir unsere Leser befragt, ob sie in den nächsten zwölf Monaten planen, ASP-Dienste im HR-Bereich in Anspruch zu nehmen. Knapp 60 Prozent der Leser verneinten das – vielleicht ändern sie ihre Meinung ja ein Stück weit nach Lektüre der vorliegenden Ausgabe? Wie auch immer: Viel Vergnügen beim Lesen Ihres Midrange Magazins!

M.W.